Bürger hamstern Tamiflu
Archivmeldung vom 03.03.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie Menschen in NRW horten verstärkt das Grippe-Mittel Tamiflu. „Völlig überflüssig”, sagt Landes-Ärzte-Präsident Theo Windhorst im Gespräch mit der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ) in Essen.
Trotz groß angelegter Informationskampagnen ist die Nachfrage bei
Ärzten nach dem Grippe- Medikament Tamiflu auffallend groß, so
Windhorst weiter. Tamiflu zu horten, sei jetzt gängige Praxis – „aber
absolut überflüssig. Keiner weiß, ob dieses Vogelgrippe-Virus
überhaupt auf das Präparat reagieren würde.” Eben weil die Wirkung
nicht hinreichend bewiesen sei, habe auch das Robert-Koch-Institut in
Berlin „keine klare Empfehlung zur Bevorratung” herausgegeben. Um das
„Hamstern” zu unterbinden, sollten Ärzte „zurückhaltend mit der
Verschreibung” umgehen, sagt Windhorst. „Verbieten kann man nichts,
man kann nur empfehlen.” Auch wenn der Patient nicht an Grippe
erkrankt ist und seinen Arzt um ein Tamiflu-Rezept bittet, könne der
Mediziner den Wunsch nicht einfach ignorieren. „Der Arzt ist
verpflichtet, den Menschen zu helfen. Und wenn jemand glaubhaft
versichert, dass er unter Angst leidet, an Vogelgrippe zu erkranken,
dann werden die meisten Ärzte ein Rezept ausstellen. Wenn jemand
erklärt, nächtelang nicht geschlafen zu haben, aus Sorge, dass er
sich möglicherweise infizieren könnte , dann werden zwei Drittel der
Ärzte ein Rezept ausstellen.” Gegen eine Bevorratung spricht sich
auch Heinz Ulrich Jelitto von der Pharmafirma Roche aus: „Es ist
nicht nötig, vorbeugend Tamiflu einzulagen. Das Erstellen von 300
Millionen Therapie-Einheiten, die bis Ende 2006 zur Verfügung stehen
werden, ist riesig. Es wird keine Engpässe in den Apotheken geben.”
Die Produktion wurde in den letzten drei Jahren verzehnfacht. Auch
jetzt seien die Apotheken ausreichend bestückt, erklärt Heinz Ulrich
Jelitto. „Wir haben die Produktion nach zwischenzeitlicher Reduktion
wieder so weit ausgebaut, dass genügend Medikamente vorhanden sind.
Kein Kunde soll darauf angewiesen sein, im Internetversandhandel zum
Teil horrende Preise zu zahlen. Ich habe Packungspreise von 192 Euro
gesehen. In der Apotheke liegt der Preis bei etwa 34 Euro.”
Quelle: Pressemitteilung Westdeutsche Allgemeine Zeitung