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Mehr Burnout durch Bologna

Archivmeldung vom 27.02.2012

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 27.02.2012 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Bild: Gerd Altmann / pixelio.de
Bild: Gerd Altmann / pixelio.de

Ein sehr guter Abschluss in Regelstudienzeit, Praktika, Auslandsaufenthalte - die Jagd nach dem optimalen Lebenslauf verbunden mit gestrafften Studienordnungen und schrumpfenden Freiräumen im Bachelor-Master-System treibt immer mehr Studierende in die psychosozialen Beratungsstellen der Studentenwerke. Zu diesem Ergebnis kommt Doreen Liebold in ihrer Diplomarbeit im Fach Soziologie an der Technischen Universität Chemnitz.

Betreut wurde die Arbeit von Prof. Dr. G. Günter Voß, Inhaber der Professur für Industrie- und Techniksoziologie. 36 Mitarbeiter aus Beratungsstellen in allen deutschen Bundesländern außer Bayern und Hessen beteiligten sich an der E-Mail-Befragung - das sind 60 Prozent der deutschen Studentenwerke mit psychologischer Beratungsstelle. "83 Prozent der befragten Berater erkennen eine Tendenz zu einer allgemeinen Überlastung und psychischen Erschöpfung bei Studierenden", berichtet Liebold.

Der Begriff Burnout werde von rund zwei Dritteln der Befragten nur mit Skepsis verwendet, zu vielfältig seien die beobachteten Erschöpfungserscheinungen. "Dennoch sehen 61 Prozent einen deutlichen Anstieg von Burnout im engeren Sinne bei Studierenden, insbesondere in den vergangenen fünf Jahren", so Liebold. Als Ursachen für die steigende Überforderung der Studierenden benannten die Befragten vor allem den Bologna-Prozess mit der Umstellung auf das Bachelor-Master-System. Erhöhte Arbeitsdichte und wenig Freiräume verbunden mit einem allgemein in der Gesellschaft gestiegenen Leistungs- und Konkurrenzdruck seien problematisch. Studiengebühren und steigende Lebenshaltungskosten führen nach Angaben der Berater zu Mehrfachbelastungen von Studierenden, die Studium und Nebenjob vereinen müssen. "Auch eine benachteiligte soziale Herkunft und nicht geglückte Eltern-Kind-Beziehungen sind nach Meinung der Befragten oft Ursachen für psychosoziale Belastungen", berichtet Liebold. Die Gefahr konkret für Burnout-Erkrankungen steige zudem, da Studierende häufig keine effektiven Strategien hätten, um richtig mit Stress umzugehen. Mitunter mangele es zudem an Problemlösekompetenzen und Selbstverantwortung.

Unterschiede zwischen Studienfächern zeigte die Befragung keine, jedoch zwischen den Geschlechtern: 64 Prozent der Befragten gaben an, männliche Studierende seien Hilfe abweisend, ihre Probleme äußerten sich besonders in Lern- und Arbeitsstörungen, Sozialphobien und leichten Kontrollzwängen. Studentinnen litten demgegenüber verstärkt an Stress und Überforderung, verbunden mit psychosomatischen Beschwerden oder depressiven Verstimmungen. In ihrer Diplomarbeit stieß Doreen Liebold dabei auch auf das Thema Suchtmittel: "47 Prozent der Befragten waren in ihrem Beratungsalltag schon einmal mit dem Thema Leistungsdoping konfrontiert", sagt die TU-Absolventin und fügt hinzu: "37 Prozent der Berater ohne bisherigen direkten Kontakt zu Betroffenen vermuten eine hohe Dunkelziffer. Es geht vor allem um Präparate zur Steigerung der kognitiven Leistungsfähigkeit."

Als Folgen der steigenden psychosozialen Belastungen ermittelte die Befragung Verzögerungen im Studienablauf durch Krankheits- oder Urlaubssemester sowie vermehrte Studienfachwechsel bis hin zu Studienabbrüchen. "Schreib- und Arbeitsblockaden, Versagens- und Bewältigungsängste oder allgemeine psychosomatische Beschwerden führen dazu, dass die Freude am Lernen und Studieren verloren geht. Gefühle wie Enttäuschung und Demotivierung breiten sich aus", fasst Liebold die Aussagen der Befragten zusammen. Dem versuchen die Beratungsstellen sowohl mit Einzelgesprächen entgegenzuwirken, als auch mit Lerngruppen und Kursangeboten, etwa zu wissenschaftlichem Reden und Schreiben, zur Prüfungsvorbereitung, zu Lernstrategien, Selbst-, Zeit- und Stressmanagement. Jedoch: "53 Prozent der Befragten gaben an, dass die aktuellen personellen Kapazitäten der Beratungsstellen angesichts der sich anstauenden Probleme völlig unzureichend sind", sagt Liebold.

Quelle: Technische Universität Chemnitz (idw)

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