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„Pegasus-Projekt“: Journalisten und Politiker über Smartphone-Software ausspioniert

Archivmeldung vom 19.07.2021

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 19.07.2021 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Anja Schmitt
Handy in der Hand (Symbolbild)
Handy in der Hand (Symbolbild)

Bild: Photo by freestocks on Unsplash

Das Journalistenkonsortium „Forbidden Stories“ mit Sitz in Paris hat in einer zusammen mit der Menschenrechtsorganisation „Amnesty International“ durchgeführten Recherche über die Verwendung einer Spionagesoftware gegen Journalisten, Aktivisten und Politiker berichtet.

Weiter ist auf deren deutschen Webseite dazu folgendes geschrieben: "Die Smartphones der Betroffenen seien mit Hilfe des Überwachungssystems „Pegasus“ der israelischen Firma NSO Group ausgespäht worden, gab „Forbidden Stories“ am Sonntag bekannt. Das System werde an Regierungen verkauft und diene zur Verhinderung von Verbrechen und Terrorakten. Es ermögliche einen kompletten Zugang zu den Inhalten des Mobilgeräts, sodass sogar die Kamera und das Mikrophon aktiviert werden könnten.

Die Non-Profit-Organisationen konnten laut eigenen Angaben Zugriff zu mehr als 50.000 durchgesickerten Telefonnummern erhalten, die von mindestens zehn NSO-Kunden als Ausspähziele ausgewählt worden seien. Bei den Kunden handle es sich um Regierungen in Ländern wie Ungarn, Aserbaidschan, Saudi-Arabien, Marokko, Indien oder Mexiko.

„Wie das ‚Pegasus‘-Projekt zeigen wird, haben viele sich nicht gescheut, Journalisten, Menschenrechtsaktivisten, politische Opponenten, Geschäftsleute und sogar Staatschefs als Ziele dieser invasiven Technologie auszusuchen“, hieß es.

Nach der Einschätzung von „Forbidden Stories“ wurden Smartphones von mindestens 180 Journalisten weltweit betroffen. Auch Personen aus dem Umfeld des ermordeten saudischen Journalisten Jamal Khashoggi standen demnach im Visier der Geheimdienste. Über eine angebliche Verwendung der NSO-Software zum Ausspähen eines arabischen Aktivisten wurde bereits vor fünf Jahren berichtet.

Basierend auf den Angaben der Organisation führte eine Reihe von Medien, darunter „The Washington Post“, „The Guardian“ und „Le Monde“, eigene Untersuchungen durch. Demnach waren die meisten Telefonnummern auf der Liste in Mexiko registriert – über 15.000. Viele Nummern hätten aus dem Nahen Osten gestammt, darunter aus Katar, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Bahrain und dem Jemen. Darüber hinaus seien mehr als 1000 französische Nummern und Hunderte ungarische auf der Liste gewesen.

„Die Analyse der von ‚Le Monde‘ und seinen Partnern ausgewerteten Daten zeigt, dass – für die meisten NSO-Kunden – der Kampf gegen Terrorismus und organisierte Kriminalität nur einen Bruchteil der Verwendung ausmachte“, schreibt die französische Zeitung am Sonntag.

Der US-Whistleblower und ehemalige CIA-Mitarbeiter Edward Snowden, dessen Enthüllungen im Jahre 2013 Einblicke in das Ausmaß der weltweiten Überwachungs- und Spionagepraktiken von Geheimdiensten – überwiegend jenen der Vereinigten Staaten und Großbritanniens – gegeben hatten, machte auf die „Forbidden Stories“-Recherche aufmerksam.

„Was immer Sie gerade tun, lassen Sie es und lesen Sie das. Dieser Leak wird die Geschichte des Jahres werden“, twitterte Snowden am Sonntag aus dem russischen Exil.

„Forbidden Stories“ und „Amnesty International“ testeten den Berichten zufolge 67 Journalisten gehörende Smartphones, bei denen Spähangriffe vermutet worden seien. Es habe sich ergeben, dass 23 der Geräte tatsächlich infiziert gewesen seien, 14 weitere hätten Anzeichen einer versuchten Attacke offenbart.

Ungarische Journalisten im Visier

Nach „Guardian“-Angaben stand auf der geleakten Liste eine ganze Reihe von Menschen in Ungarn. Mit einigen von ihnen beschäftigen sich demnach nationale Sicherheitsdienste oder Strafverfolgungsbehörden. Durchgesickert seien aber auch Nummern von mindestens zehn Anwälten, einem oppositionellen Politiker und mindestens fünf Journalisten.

Die Smartphones von Szabolcs Panyi und einem weiteren Journalisten der Rechercheplattform Direkt36 seien erfolgreich mit der„Pegasus“-Software infiziert worden. Ein ehemaliger NSO-Mitarbeiter soll gegenüber der Nachrichtenseite bestätigt haben, dass Ungarn unter den Kunden des israelischen Unternehmens gewesen sei.

Das Land soll das Programm 2017 nach dem Ungarn-Besuch des damaligen israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu erworben haben, so „Guardian“. NSO Group bestritt demnach, dass es bei der Wahl von Kunden jegliche Weisungen der israelischen Regierung entgegennehme.

Das Plattform Direkt36, für die die betroffenen Journalisten arbeiten, so wie auch „Forbidden Stories“, erhalten eigenen Angaben zufolge Spenden von Open Society Foundations, einer Gruppe von Stiftungen des Milliardärs George Soros. Der in Budapest geborene Investor wird von der ungarischen Regierung als Staatsfeind betrachtet. Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán erklärte Ende 2017, der Staat müsse gegen Soros alle ihm zur Verfügung stehenden Mittel einsetzen – auch geheimdienstliche.

NSO streitet ab

NSO Group konterte in einem Statement vom Sonntag, die Software werde „ausschließlich an Strafverfolgungsbehörden und Geheimdienste von geprüften Regierungen verkauft, mit dem alleinigen Ziel, durch Verhinderung von Verbrechen und Terrorakten Menschenleben zu retten“.

Das 2010 gegründete Unternehmen bezeichnete den Bericht von „Forbidden Stories“ als „voll von falschen Annahmen und unbestätigten Theorien“. Die Quellen der Organisation hätten sie mit Informationen versorgt, die keine Faktenbasis hätten.

„Die Vorwürfe sind so empörend und weit von der Realität entfernt, dass NSO eine Verleumdungsklage erwägt.“

Es betreibe das System nicht und könne die Daten nicht sehen, betonte NSO Group. Seine Technologie stehe „in keiner Weise mit dem abscheulichen Mord an Jamal Khashoggi in Verbindung“ und sei zur Ausspähung weder des saudischen Journalisten noch den im Bericht genannten Familienmitgliedern verwendet worden.

Deutsche Journalistenverbände fordern Handeln nach Ausspäh-Vorwürfen

Die Vorsitzende der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju), Monique Hofmann, forderte am Montag laut einer offiziellen Mitteilung Einschränkungen für den Export von Überwachungstechnologie.

„Autoritäre Staaten nutzen Pegasus, um kritische und oppositionelle Stimmen zum Schweigen zu bringen“, betonte sie. „Ausspäh-Software darf nicht an Staaten geliefert werden, in denen immer wieder Menschenrechte verletzt werden.“

Erst in diesem Jahr habe die Europäische Union mit der Reform der Dual-Use-Verordnung die Chance auf eine solche starke Regulierung verpasst.

Nach Angaben deutscher Medien, die sich an der Auswertung von „Forbidden Stories“-Dateien beteiligt hatten, waren Nummern deutscher Journalisten nicht auf der Liste. Wie die Liste zu den Non-Profit-Organisationen gekommen war, die sie dann mit den Medien teilten, blieb in den Berichten offen – die „Süddeutsche Zeitung“ verwies hierzu auf den Quellenschutz."

Quelle: SNA News (Deutschland)

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