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Über 2.200 Strafanzeigen pro Jahr wegen Polizeigewalt Fast alle Ermittlungen werden eingestellt

Archivmeldung vom 15.12.2014

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 15.12.2014 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Bild: GG-Berlin / pixelio.de
Bild: GG-Berlin / pixelio.de

Wegen gewalttätiger Übergriffe durch Polizeibeamte sind im vergangenen Jahr 2.248 Strafanzeigen bei deutschen Staatsanwaltschaften eingegangen. Fast alle Ermittlungsverfahren wurden eingestellt. Nur in 31 Fällen erhoben die Strafbehörden Anklage. Das berichtet der SWR in seiner Doku "Polizei, Gewalt und Videos - Wenn Einsätze aus dem Ruder laufen", heute (15. Dezember 2014) um 22.45 Uhr in der Reihe "Die Story im Ersten".

Der SWR beruft sich dabei auf die neueste Staatsanwaltschaftsstatistik (2013), die dem Sender vorliegt und bislang noch nicht veröffentlicht wurde. In Fällen von Körperverletzung, in denen der mutmaßliche Täter kein Polizeibeamter ist, erheben die Staatsanwaltschaften weitaus häufiger Anklage (15,4 Prozent) als in Fällen, in denen der mutmaßliche Täter Polizist ist (2,4 Prozent). Der aktuellen amtlichen Statistik zufolge wurden fast alle Ermittlungsverfahren (1.933) zu Gewaltausübungen im Polizeidienst "mangels hinreichendem Tatverdacht" (§ 170 Abs. 2 StPO) eingestellt. 53 Verfahren wurden wegen "Geringfügigkeit eingestellt", der Rest aus anderen Gründen.

Polizeiwissenschaftler Professor Rafael Behr, Dekan an der Akademie der Polizei Hamburg, äußert in der ARD-Doku den Verdacht, dass sich Polizisten gegenseitig decken, wenn sie bei einem Einsatz an Übergriffen beteiligt waren. Im Interview sagt der Kriminologe: "Es besteht ein Code, eine nicht niedergeschriebene Vereinbarung, im Englischen "Code of Silence", nichts, was unter den Kollegen gesprochen wird nach außen dringen zu lassen und im Zweifel auch Kollegen nicht zu verraten, das heißt: auch nicht der Justiz auszuliefern."

Dem Strafrechtsexperten Professor Tobias Singelnstein von der Freien Universität Berlin zufolge glauben Staatsanwälte und Richter im Zweifelsfall den Aussagen von Polizeibeamten: "Man kann von einer entsprechenden Glaubwürdigkeitshierarchie bei der Justiz sprechen, wo Polizeizeugen sehr weit oben angesiedelt sind." Amnesty International (ai) recherchiert seit mehr als zehn Jahren zum Thema Polizeigewalt in Deutschland. Alexander Bosch von ai schätzt, dass die Dunkelziffer der Polizeiübergriffe "um ein Vielfaches höher" liegt als die 2.248 Fälle, in denen Anzeige erstattet wurde. Im Interview erklärt Bosch: "Übergriffe können leider jeden treffen. Es gibt natürlich Situationen, wo das häufiger der Fall sein könnte, wie Großveranstaltungen, Demonstrationen, Fußballspiele. Aber ein ganz gefährlicher Ort für solche Sachen sind auch Polizeistationen, weil man dort als Bürger alleine ist. Man hat keine Zeugen."

Quelle: SWR - Das Erste (ots)

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