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60 Jahre Eichmann-Prozess: Akten immernoch unter Verschluss

Archivmeldung vom 12.04.2021

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 12.04.2021 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Anja Schmitt
Aktenordner (Symbolbild)
Aktenordner (Symbolbild)

Bild: AfD Deutschland

Zum 60. Jahrestag des Prozessauftakts gegen Adolf Eichmann wird die Aufarbeitung der Nazi-Verbrechen einmal mehr zum Thema der medialen Berichterstattung. Doch auch über ein halbes Jahrhundert später befinden sich noch Akten über die Strafsache Eichmann unter Verschluss und kommen Details ans Licht, die Zweifel am offiziellen Narrativ aufwerfen. Dies berichtet das russische online Magazin „SNA News“ .

Adolf Eichmann während des Prozesses gegen ihn in Jerusalem (Mai 1961)
Adolf Eichmann während des Prozesses gegen ihn in Jerusalem (Mai 1961)

Lizenz: Public domain
Die Originaldatei ist hier zu finden.

Weiter ist auf deren deutschen Webseite dazu folgendes geschrieben: "Am Sonntag, dem 11. April, jährt sich zum 60. Mal der Auftakt des Prozesses gegen den SS-Obersturmbannführer Adolf Eichmann. 1961 wurde der Nazi-Kriegsverbrecher, der federführend für die Deportation und Ermordung von Millionen von Juden verantwortlich gewesen war und sich nach dem Krieg bis 1960 im argentinischen Exil versteckt gehalten hatte, in Israel vor Gericht gestellt. Der aufsehenerregende „Jahrhundertprozess“ wurde in der ganzen Welt verfolgt und endete mit der Todesstrafe für den Angeklagten, der in der Nacht vom 31. Mai auf den 1. Juni 1962 durch den Strang hingerichtet wurde.

Auch 60 Jahre später ist der Eichmann-Prozess nicht nur im Bewusstsein der Holocaust-Überlebenden noch sehr präsent. Das beweisen die zahlreichen Dokumentationen zu diesem Thema. Auch bleiben – trotz des nach außen stets betonten Bemühens um Aufarbeitung – viele Fragen rund um Eichmanns Festnahme und die Prozessführung bis heute weiterhin unbeantwortet.

Die deutsche Investigativjournalistin Gaby Weber bemüht sich seit Jahrzehnten darum, in der Causa Eichmann Licht ins Dunkel zu bringen. Zu diesem Zwecke durchforstet sie unermüdlich die Archive in Deutschland, Argentinien und anderen Ländern, studiert Tausende Seiten von Akten. Und stößt immerzu auf Widerstand von ganz oben. Wie sie in ihren Dokumentarfilmen („Ewig geheim – Kollateralbelastung Demokratie“; „Pimpel und Blaustern – Die BND-Akten über die Strafsache Eichmann“) akribisch dokumentiert, verweigern Kanzleramt und BND die komplette Herausgabe der Eichmann-Akten, deren Einstufung als Verschlusssache erst von 30 auf 60 Jahre verdoppelt und anschließend auf unbestimmte Zeit verlängert wurde. Mit Beharrlichkeit und etlichen Klagen hat Weber die Herausgabe eines Teils der Akten erwirkt, doch trotz gerichtlicher Urteile zu ihren Gunsten werden weiterhin viele Dokumente unter Verschluss gehalten. Aus den teils großzügig geschwärzten Akten, die sie bisher erhalten hat, konnte die Investigativjournalistin wertvolle, bis dahin unbekannte Informationen über Eichmann, seine Seilschaften, den Prozess und die verschiedenen einflussreichen Akteure aufdecken, die daran beteiligt waren. Eine zentrale Erkenntnis daraus: Was offiziell zur Causa Eichmann verbreitet wird, ist ein Narrativ voller Weglassungen, Halbwahrheiten und Interessen Dritter.

Wie dieses Narrativ aussieht, zeigt sich etwa in der Doku-Reihe des Bayerischen Rundfunks, die kurz vor dem 60. Jubiläum des Prozessauftakts erschienen und in den Mediatheken der Öffentlich-Rechtlichen abrufbar ist. Zum einen dreht sich die Reihe um Eichmann selbst, seine Verbrechen, seine Ergreifung und den Prozess. Neben verschiedenen Historikern kommen dabei auch ausführlich Holocaust-Überlebende und Prozessteilnehmer zu Wort, wie etwa der damalige Ankläger Gabriel Bach. Die Erzählungen dieser Zeitzeugen verleihen dem Bericht über den Prozess eine sehr emotionale Note, machen das Leid greifbar. Damit hellt die Doku-Reihe die historischen Zusammenhänge des Mai 1960 nach Meinung von Gaby Weber jedoch nicht auf.

Die andere Hauptfigur der Doku-Reihe des BR ist der Münchener SS-General Josef Huber, der in seiner Funktion als Chef der Wiener Gestapo die Zentralstelle für jüdische Auswanderung leitete und für die Massendeportation der jüdischen Bevölkerung Wiens verantwortlich war. Unter Berufung auf den österreichischen Historiker Thomas Mang und andere Experten erzählen die Autoren die Geschichte von „Eichmanns Komplizen“, der trotz seiner Rolle kaum dokumentiert ist und nach Kriegsende und bis zu seinem Tod unbehelligt unter seinem richtigen Namen in München lebte. Gaby Weber gibt zu bedenken, dass dabei unklar bleibt, ob Huber wirklich ein „Komplize“ Eichmanns war, denn Eichmann habe 1938/39, teilweise illegal, die Auswanderung von 150.000 Juden organisiert, viele davon kamen so nach Israel. Er habe dabei eng mit zionistischen Emissären aus Palästina zusammengearbeitet, die Auswanderung sei seine eigene Initiative gewesen, und nicht offizielle Politik der nationalsozialistischen Führung.

Den dramatischen Höhepunkt bildet die Erkenntnis zum Schluss der Recherche: Huber wurde wegen seiner Verbindungen und seiner Spionage-Expertise vom CIA reingewaschen und später vom BND angeworben, und blieb so von jedweder Strafverfolgung verschont. Bezeichnenderweise ist dies die einzige Stelle in der kompletten Doku-Reihe, wo der BND überhaupt Erwähnung findet. Erstaunlich ist das vor allem vor dem Hintergrund dessen, was Gaby Weber durch ihre jahrzehntelangen Recherchen bereits herausgefunden, anhand der Akten belegt und in ihren Filmen publiziert hat.

„Es steht in den BND-Akten, dass Eichmanns Anwalt, Robert Servatius, seit 1955 auf der Lohnliste des BND stand, dass Beweismittel unterschlagen wurden, die Journalisten vom BND und Mossad überprüft wurden und dass sich Ben Gurion persönlich eingemischt hat und versuchte, jüdische Zeugen davon abzuhalten, vor Gericht auszusagen“, fasst die Journalistin ihre Erkenntnisse gegenüber SNA zusammen. Der BND-Spitzel Servatius habe alle juristischen Schritte mit dem BND und dem Mossad abgesprochen und auch gegen den ausdrücklichen Wunsch seines Mandanten agiert. So habe der Anwalt Eichmann beispielsweise davon abgehalten, in seinen Aussagen den Namen Hans Globke zu erwähnen.

Globke, Kommentator der Nürnberger Rassegesetze, stieg nach dem Krieg in die höchsten Kreise der Politik auf und diente unter Bundeskanzler Konrad Adenauer von 1953 bis 1963 als Chef des Bundeskanzleramtes. Kein Wunder also, dass die Bundesrepublik kein Interesse daran hatte, dass sein Name im Zusammenhang mit der Deportation und Ermordung von Millionen von jüdischen Frauen, Männern und Kindern fiel. In der Doku-Reihe des BR fällt der Name Globke ein einziges Mal, marginal, ohne nähere Einlassung zu seiner Bedeutung für den Prozess.

Entsprechend hart fällt Gaby Webers Urteil dazu aus: „Hier geht es nicht um eine Gewichtung, die der BR vornimmt. Dies ist bewusste Unterschlagung der Fakten, das ist Geschichtsfälschung.“

Sie habe nach Erscheinen der ersten Folgen der Reihe den BR angeschrieben und den Sender gefragt, ob er seine Zuschauer auf die neuen Dokumente hinweisen werde. Eine Antwort darauf habe sie nie erhalten. Mehr Hoffnung habe sie in Bezug auf die Produktion des israelischen öffentlich-rechtlichen Fernsehens KAN, die anlässlich des Jubiläums des Prozessauftakts geplant sei, so Weber.

Der Autor dieser Serie hat sich mit mir in Verbindung gesetzt und auch die neuen Dokumente gesichtet. Die Israelis sind wohl in diesem Punkt klüger. Was der BR geliefert hat, ist am Ende nur noch peinlich. Der BR agiert wie der Wurmfortsatz des Mossad, mit Journalismus hat das nichts mehr zu tun.“

Unhinterfragt bleibt in der BR-Doku-Reihe auch das offiziell kolportierte Narrativ von Eichmanns Entführung durch den Mossad. In ihren Filmen und auch in den Interviews mit SNA hat Gaby Weber diese Version der Ereignisse wiederholt angezweifelt. Auf Nachfrage erläutert die Journalistin:

„Das Märchen von der 'heldenhaften Entführung' beruht auf keinem einzigen Dokument, sondern auf Behauptungen von Geheimdienstlern, die sich damit brüsten. Ich habe aber aus offiziellen Archiven Dokumente, wonach die Entführung von Mitgliedern der argentinischen Regierung durchgeführt wurde. Das argentinische Außenministerium wurde in dieser Sache von mir verklagt, in erster Instanz habe ich gewonnen. Die Authentizität meiner Dokumente wurde im Prozess von den Archiv-Beamten bestätigt.“

Außerdem habe sie über 3000 Blatt dazu vom BND sowie die Dokumente der uruguayischen Migrationsbehörde, dass das Flugzeug, mit dem die Israelis wohl eingeflogen seien, erst in Argentinien gelandet sei, als die Entführung bereits vollzogen wurde. Darüber hinaus habe sie die Akte des Auswärtigen Amtes zum „Geschäftsfreund“, wonach im März 1960 Adenauer und Ben Gurion verabredet hätten, das israelische Atomprogramm zu finanzieren und dafür das Thema Nazis zu begraben. Zahlreiche weitere Details rund um die Entführung Eichmanns finden sich in den Dokumentarfilmen von Gaby Weber.

Vergleicht man die offizielle Berichterstattung mit den Recherchen der Investigativjournalistin, so wird deutlich: Auch mehr als ein halbes Jahrhundert nach der Hinrichtung des Nazi-Verbrechers Adolf Eichmann sind noch viele Fragen offen. Gaby Weber setzt ihren Kampf um die Herausgabe der BND-Akten fort."

Quelle: SNA News (Deutschland)

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