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Psychobiologische Grundlagen von Machiavellismus aufgedeckt: Der Fürst als Führungskraft

Archivmeldung vom 17.03.2015

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 17.03.2015 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
Christian Montag ist Professor für Molekulare Psychologie an der Universität Ulm
Quelle: Foto: Eberhardt/Uni Ulm (idw)
Christian Montag ist Professor für Molekulare Psychologie an der Universität Ulm Quelle: Foto: Eberhardt/Uni Ulm (idw)

Einen Chef mit machiavellistischen Zügen, gekennzeichnet durch das rücksichtslose Streben nach Macht, möchte wohl niemand haben. Jetzt haben Forscher um den Ulmer Psychologieprofessor Christian Montag psychobiologische Grundlagen dieser Persönlichkeitsausprägung aufgedeckt, deren Name auf den florentinischen Politiker und Philosophen Niccolò Machiavelli zurückgeht. Offenbar sind Träger einer bestimmten Genvariante und schizotype Persönlichkeiten besonders machiavellistisch.

Die eigene Machtposition zu stärken ist sein oberstes Ziel. Dafür wirft er moralische Bedenken über Bord und bringt anderen Menschen wenig Vertrauen entgegen. Eine Führungskraft mit machiavellistischen Tendenzen möchte wohl kaum jemand zum Vorgesetzten haben. Allerdings scheinen einige moderne Manager Ideen aus Niccolò Machiavellis Hauptwerk „Der Fürst“ (1532) verinnerlicht zu haben – im krassen Gegensatz zur ethischen Unternehmensführung und Personalentwicklung. Nun konnten Forscher um Christian Montag, Heisenberg-Professor für Molekulare Psychologie an der Universität Ulm, psychobiologische Grundlagen dieser Persönlichkeitsausprägung identifizieren – darunter eine Genvariante, die Machiavellismus begünstigt. Ihre Ergebnisse sind im „Journal of Neuroscience, Psychology and Economics“ erschienen.

Ein machiavellistischer Führungsstil, gekennzeichnet durch das rücksichtslose Streben nach Macht, kann weitreichende Folgen für das Betriebsklima und letztlich den ökonomischen Erfolg eines Unternehmens haben. Mitarbeiter machen womöglich nur „Dienst nach Vorschrift“ oder schauen sich schnell nach einer neuen Stelle um. Anlass genug, die Grundlagen machiavellistischer Tendenzen zu erforschen. Eine Zwillingsstudie hatte gezeigt, dass diese Persönlichkeitsausprägung in Teilen genetisch bedingt sein muss. Zusätzlich gaben Studien, bei denen das Gehirn gesunder Menschen mit bildgebenden Verfahren untersucht wurde, und Erkenntnisse aus der Schizophrenieforschung erste Hinweise auf die wichtige Rolle des Neurotransmitters Dopamin bei machiavellistischen Verhaltenstendenzen. Deshalb haben Forscher der Universitäten Ulm, Bonn und der walisischen Cardiff University 630 Probandinnen und Probanden mit molekularbiologischen Methoden auf eine dopaminerge Variation des Gens DRD3 untersucht. Aufschluss über Persönlichkeitsmerkmale der zumeist jungen Studienteilnehmer (Durchschnittsalter 24,5 Jahre), die als angehende Akademiker Chancen auf eine Führungsposition haben, gab eine ausführliche Befragung –

die teils von Machiavellis Werk „der Fürst“ inspiriert worden war. Das verwendete Instrument „Mach IV“ misst zum Beispiel Misstrauen, Amoralität und Profitstreben. Um schizotype Persönlichkeiten zu identifizieren, füllte eine Untergruppe zudem die Kurzform des „Schizotypal Personality Questionnaire“ aus. Als schizotyp bezeichnet man Personen, die durch eine verzerrte Wahrnehmung, exzentrisches Auftreten sowie distanziertes Verhalten in sozialen Beziehungen auffallen, nicht aber schizophren und somit psychisch krank sind.

Einige Ergebnisse überraschten die Forscher: „Unsere Studie zeigt erstmals aus molekulargenetischer Perspektive, dass der Botenstoff Dopamin wie vermutet eine wichtige Rolle bei der Persönlichkeitsausprägung Machiavellismus spielt“, fasst Christian Montag zusammen. Tatsächlich befördere eine dopaminerge Variante des DRD3-Gens, die aus der Schizophrenieforschung bekannt sei, bei Gesunden machthaberische Züge. Als guter Indikator für machiavellistische Tendenzen stellte sich zudem eine Kombination aus der identifizierten Genvariante (DRD3 Ser9Gly / rs6280, Variante CC) und dem männlichen Geschlecht heraus. Das heißt vor allen Dingen Männer, die diese Genvariation trugen, zeigten erhöhte machiavellistische Verhaltenstendenzen.

Außerdem konnten die Forscher belegen, dass „schizotype Persönlichkeiten“ eher zu Machiavellismus neigen. „Eigentlich war in den bisherigen Studien Schizophrenie mit schwachen Machiavellismus-Tendenzen assoziiert, weshalb wir auch bei gesunden schizotypen Persönlichkeiten geringe Ausprägungen erwartet haben. Doch das genaue Gegenteil ist der Fall: Probanden mit schizotypen Tendenzen sind offenbar besonders machiavellistisch“, beschreibt Montag. Im gesunden Bereich scheinen also andere Zusammenhänge zu gelten als in der Psychopathologie.

Sollten Personalchefs also künftig mit Genetikern und Psychologen zusammenarbeiten, um machiavellistische Bewerber zu identifizieren? Die Forscher schränken ein, dass neben DRD3-Ser9Gly eine große Zahl weiterer Genvariationen und die Umwelt eine Rolle bei Persönlichkeitsmerkmalen wie Machiavellismus spielen. Die Auswirkungen der untersuchten Genvariante hätten sie lediglich aufgrund der hohen Probandenzahl herausarbeiten können. Demnach lässt die Studie eher Aussagen über Populationen, nicht aber über Einzelpersonen zu.

Doch insgesamt sind der Gruppe erste Schritte bei der Verortung des Persönlichkeitsmerkmals im Erbgut gelungen. Weiterhin haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit ihren Erkenntnissen zum Forschungsfeld „Neuroökonomik“ beigetragen. Dabei werden psychobiologische Grundlagen von wirtschaftlichen Entscheidungsprozessen oder etwa des Führungsstils untersucht.

Quelle: Universität Ulm (idw)

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