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IBM Forscher messen erstmals die Kraft, die ein Atom bewegt

Archivmeldung vom 22.02.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 22.02.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Wissenschaftlern von IBM (NYSE: IBM) und der Universität Regensburg ist es erstmals gelungen, die exakte Kraft zu messen, die benötigt wird, um ein einzelnes Atom auf einer Oberfläche zu bewegen.

Damit haben die Forscher einen wissenschaftlichen Durchbruch erzielt, der wichtige Erkenntnisse für die Entwicklung von Nanobauelementen und Nanoelektronik liefert - etwa für künftige Computerchips oder miniaturisierte Speicher.

Vor fast genau 20 Jahren gelang IBM Fellow Don Eigler in seinem kleinen High-Tech-Labor am IBM Almaden Research Center in Kalifornien der entscheidende Schritt in der Konstruktion von Nanostrukturen. Am 29. September 1989 demonstrierte er erstmals die gezielte Manipulation einzelner Atome mit atomarer Präzision: Er bildete aus 35 Xenon-Atomen die Buchstaben „I-B-M“. Das Ereignis war eine Sensation und ging als „Kittyhawk der Nanotechnologie“ in die Geschichte der Physik ein, in Anlehnung an den legendären ersten Flug der Gebrüder Wright.

Jetzt hat im gleichen Labor eine neue Generation von Wissenschaftlern zusammen mit Kollegen der Universität Regensburg die außergewöhnliche Leistung vollbracht, die verschwindend geringen Kräfte zu messen, die es braucht, um Atome auf Oberflächen zu bewegen. Die Resultate wurden am 22. Februar 2008 im renommierten Wissenschaftsjournal Science veröffentlicht.

Das Verständnis der Kräfte, die benötigt werden, um spezifische Atome auf ausgewählten Oberflächen zu bewegen, ist eine wichtige Grundlage, um Nanostrukturen konstruieren zu können - vergleichbar mit der Entwicklung des modernen Bauingenieurwesens vor vielen Jahrzehnten: Für den Bau von modernen, technisch gewagten Brückenkonstruktionen mussten Ingenieure zunächst genaue Kenntnisse über Materialeigenschaften, auftretende Kräfte und deren Zusammenspiel gewinnen.

„Unsere Ergebnisse liefern grundlegende Erkenntnisse für die Fertigung von Nanostrukturen und könnten den Weg für neue Speichertechnologien ebnen“, sagt Andreas Heinrich, leitender Forscher im Rastertunnelmikroskopie-Labor am kalifornischen IBM Forschungszentrum. Er ergänzt: „Wir möchten die Grundlagen für die Zukunft der IT schaffen - für jene Unternehmung, die eines Tages ‚IBM Nanokonstruktion’ genannt werden könnte.“

In ihrer wissenschaftlichen Veröffentlichung „The Force Needed to Move an Atom on a Surface“ zeigen die Forscher, dass die Kraft, die benötigt wird um ein Kobaltatom auf einer flachen Platinoberfläche zu bewegen, exakt 210 Pikonewton beträgt. Wenn jedoch ein Kobaltatom auf einer Kupferoberfläche bewegt werden soll, sind lediglich 17 Pikonewton nötig. Im Vergleich hierzu beträgt die Kraft, um eine 2-Eurocent-Münze mit einem Gewicht von drei Gramm anzuheben, 30 Milliarden Pikonewton und ist somit fast zwei Milliarden Mal größer als die Kraft, die erforderlich ist, um ein einzelnes Kobaltatom auf einer Kupferoberfläche zu verschieben.

Die Erkenntnisse der Forscher schaffen ein tiefgehendes Verständnis hinsichtlich der Vorgänge auf der atomaren Ebene und geben damit entscheidende Impulse für Innovationen in der Nanotechnologie, zum Beispiel in der Entwicklung kleinster medizinischer Geräte oder künftiger Computertechnologien.

Leistungssteigerungen in der Informationstechnologie basieren seit 40 Jahren auf der rasant fortschreitenden Miniaturisierung der Transistoren, der Grundbausteine eines Prozessors. Der Trend der alle zwei Jahre erzielten Verdoppelung der Anzahl Transistoren und somit der Leistung eines Computerchips ist allgemein bekannt als Moore’sches Gesetz. Durch die Miniaturisierung arbeiten die Transistoren schneller und verbrauchen weniger Energie, was die Leistungsfähigkeit steigert. Allmählich zeichnen sich jedoch die Grenzen der Miniaturisierung ab und die gesamte Industrie steht vor der Herausforderung, neue Chiparchitekturen und Herstellungsprozesse zu entwickeln, um weiterhin Leistungssteigerungen zu ermöglichen.

Transistoren bis zum ultimativen Limit zu verkleinern, d.h. sie bis auf einige Atome zu reduzieren, erfordert radikal neue Ansätze. Die Fähigkeit die Kraft zu messen, die benötigt wird, um ein Atom zu verschieben, eröffnet neue Möglichkeiten für die Konstruktion von Nanostrukturen und die Funktionsweise künftiger Bauelemente.

Meilenstein auf dem Weg zur Nanokonstruktion

Vor einem halben Jahrhundert fragte Nobelpreisträger Richard Feynman, was passieren würde, wenn wir in der Lage wären, einzelne Atome beliebig und präzise zu positionieren. Dieser Traum ist mittlerweile Realität geworden. Heute wird die Manipulation von Atomen in der Forschung auf breiter Basis angewendet, um Nano-Objekte zu bauen, zu untersuchen und zu verändern. Die grundlegende Frage, wie viel Kraft benötigt wird, um ein Atom auf einer Oberfläche zu verschieben, konnte jedoch bis heute nicht experimentell beantwortet werden.

In der nun veröffentlichten Arbeit beschreiben die Forscher, wie sie mithilfe eines sehr empfindlichen Rasterkraftmikroskops Stärke und Richtung der Kraft messen können, die auf ein Atom oder Molekül einwirkt, wenn dieses mittels der scharfen metallischen Spitze des Rasterkraftmikroskops auf einer Oberfläche bewegt wird.

Dabei wiesen sie nach, dass die Kraft in Abhängigkeit des Oberflächenmaterials stark variiert. Die Kraft verändert sich auch, wenn Moleküle und nicht einzelne Atome auf einer Oberfläche verschoben werden.

Diese Ergebnisse konnten mittels einer Methode erzielt werden, die sich durch hohe Messempfindlichkeit, Präzision und Stabilität auszeichnet. Dabei bauen die Forscher auf IBMs langjährige Tradition in der Rasterkraftmikroskopie. 1986 erfand Nobelpreisträger und IBM Fellow Gerd Binnig dieses für die Entwicklung der Nanotechnologie entscheidende Instrument.

Kernstück des Mikroskops ist eine feine Spitze, die auf einem Federbalken - quasi einem winzigen Sprungbrett - montiert wird. Wird die Spitze sehr nah an die Oberfläche geführt, verbiegt sich der Federbalken durch die Anziehungskräfte zwischen der Spitze und der Oberfläche. Diese Interaktion kann das Instrument abbilden.

Im Rasterkraftmikroskop, welches die Forscher nun in ihrem Experiment benutzten, wird eine winzige Stimmgabel aus Quarz als Federbalken verwendet, wie sie auch in Weckern und Armbanduhren zu finden ist. Wird die Spitze nah an ein Atom auf der Oberfläche herangeführt, ändert sich die Frequenz, in der die Stimmgabel schwingt. Durch die Messung und Analyse dieser minimen Veränderungen konnten die Forscher schließlich die auf das Atom ausgeübte Kraft exakt ermitteln. „Es ist erstaunlich, dass wir mit einem Gerät, dessen Herzstück die Stimmgabel einer gewöhnlichen Armbanduhr ist, erstmals die Kräfte zwischen einzelnen Atomen exakt ermitteln können“, sagt Professor Franz Giessibl von der Universität Regensburg.

Über Nanotechnologie in der IBM Forschung

IBM ist ein Pionier in der Nanotechnologie. Zu den vielen herausragenden Leistungen von IBM Forschern auf diesem Gebiet zählt die Entwicklung des Rastertunnelmikroskops, mit dem zum ersten Mal einzelne Atome sichtbar gemacht werden konnten und das damit das Tor zum Nanokosmos öffnete. Für diese Entwicklung erhielten Gerd Binnig und Heinrich Rohrer vom IBM Forschungslabor in Rüschlikon 1986 den Nobelpreis für Physik. Weiterhin haben IBM Forscher erstmals Atome gezielt manipuliert und subnanometergrosse Materialschichten in die Schreib- und Leseköpfe von kommerziell-erhältlichen Festplatten integriert. Die aktuelle Forschung konzentriert sich auf die Entwicklung von neuen atomaren und molekularen Strukturen und Methoden als Grundlage für die Informationstechnologie der Zukunft. Zu den aussichtsreichen Nanotechnologien in der IT zählen Kohlenstoffnanoröhrchen, halbleitende Nanodrähte, die molekulare Elektronik sowie Spintronik.

Quelle: IBM Deutschland

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