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Romanische Schnitzfigur füllt Lücke im Uni-Museum

Archivmeldung vom 18.11.2014

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 18.11.2014 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
Am Kopf der Holzskulptur sind viele Spuren der einstigen Bemalung erhalten.
Quelle: (Foto: Martin-von-Wagner-Museum) (idw)
Am Kopf der Holzskulptur sind viele Spuren der einstigen Bemalung erhalten. Quelle: (Foto: Martin-von-Wagner-Museum) (idw)

Eine bemerkenswerte Holzskulptur aus dem frühen Mittelalter ging als Schenkung ans Martin-von-Wagner-Museum. Die Spenderin, die dem Universitätsmuseum seit Jahrzehnten sehr nahe steht, brachte die Skulptur einst im Gepäcknetz der Bahn mit nach Deutschland.

Fast einen Meter hoch ist die Holzskulptur, die Professorin Erika Simon dem Würzburger Universitätsm
Quelle: (Foto: Martin-von-Wagner-Museum) (idw)
Fast einen Meter hoch ist die Holzskulptur, die Professorin Erika Simon dem Würzburger Universitätsm Quelle: (Foto: Martin-von-Wagner-Museum) (idw)

Im Martin-von-Wagner-Museum können die Besucher zahlreiche Zeitalter und Kulturräume erleben. Von Alt-Ägypten über die griechische, etruskische und römische Antike, weiter über Mittelalter, Renaissance, Barock und Klassizismus bis an die Schwelle der Gegenwart – das Würzburger Universitätsmuseum birgt Kunstwerke aus sechs Jahrtausenden, in hoher und höchster Qualität. Die Geschichte des menschlichen Geistes von den frühen Hochkulturen bis in die Moderne lässt sich hier in einem Zug abschreiten.

Eine Ausnahme davon bildete bis vor kurzem das frühe Mittelalter. Zwischen den koptischen Stoffen der Spätantike und der gotischen Schnitzkunst erstreckte sich der einzige längere Zeitraum, den die Sammlungen nicht abbildeten. Das hat sich nun geändert: Der Neueren Abteilung des Museums wurde eine romanische Schnitzfigur geschenkt.

Wer das Universitätsmuseum beschenkt hat

Spenderin der Statue ist die emeritierte Professorin Erika Simon. Sie stand lange dem Würzburger Institut für Klassische Archäologie vor, hatte aber immer auch ein Faible für die nachantiken Epochen. Die Statue kaufte sie vor über 50 Jahren bei einem römischen Antiquar und brachte sie im Zug mit nach Deutschland – und zwar „im Gepäcknetz“, wie die Professorin beteuert.

Der Direktor der Neueren Abteilung, Professor Damian Dombrowski, freut sich sehr über die Schenkung: „Die chronologische Lücke, die in unseren Sammlungen zwischen Altertum und Spätmittelalter klaffte, ist damit endlich geschlossen. Fürs erste ist es zwar nur ein einzelnes Werk, dafür aber ein hochbedeutendes!“

Wo die Holzskulptur geschnitzt wurde

Damit dürfte der Kunsthistoriker Recht haben. Wie er erklärt, kann die Herkunft der fast genau einen Meter hohen Holzskulptur aus Norditalien aufgrund materialkundlicher und stilkritischer Befunde als gesichert gelten. Dort dürfte sie im späten 12. Jahrhundert geschnitzt worden sein, vielleicht im Umkreis des Benedetto Antelami.

Antelami war ein seit dem Jahr 1178 fassbarer Bildhauer. Er dominierte die italienische Skulpturenkunst an der Wende vom 12. zum 13. Jahrhundert. Seine Werke nehmen bereits erste Ansätze der französischen Frühgotik auf, was seine Originalität und Prägekraft allerdings nicht schmälert. Antelamis Formensprache wurde von einer gut organisierten Werkstatt verbreitet und schon bald als vorbildlich empfunden.

Wen die Figur darstellen könnte

„Für die Qualität des Werks spricht, dass sein Schöpfer Starre zu vermeiden wusste; durch behutsame Achsenverschiebungen hat er die Figur mit leiser Bewegung erfüllt“, sagt Dombrowski. Wen stellt sie dar? „Sehr wahrscheinlich einen Geistlichen“, so der Professor unter Hinweis auf die liturgische Kleidung, „vielleicht einen heiligen Abt oder Bischof; die rechte Hand könnte einmal einen Stab gehalten haben.“

Der lange, asymmetrisch fallende Bart und das Tiefdringende der Erscheinung lasse auch an alttestamentliche Propheten oder Priesterkönige denken. „Wer immer hier dargestellt ist: Die Person wirkt entrückt und inspiriert; die halbgeschlossenen Lippen, die buckligen Augen ergeben ein wenig das Aussehen eines mittelalterlichen Homer“, so Dombrowskis Eindruck. Darüber, wie sich die farbige Fassung auf den Gesichtsausdruck auswirkte, werde erst nach genaueren Untersuchungen zu urteilen sein. Am Kopf der Figur seien immerhin viele Spuren der einstigen Bemalung erhalten.

Warum die Statue in Quarantäne muss

Im Museum kann das Werk nicht sofort ausgestellt werden, wie der Professor erklärt: „Zunächst einmal wurde es unter Quarantäne gestellt, damit mögliche Würmer oder Mikroben nicht auf andere Holzbildwerke übergreifen. Es steht also genug Zeit zur Verfügung, um über eine sinnvolle Inszenierung der Figur nachzudenken.“

In den kommenden Jahren stehe ohnehin eine durchgreifende Modernisierung der Gemäldegalerie an: „Es ist an der Zeit, unsere ansehnlichen Bestände an mittelalterlicher und frühneuzeitlicher Plastik neu zur Geltung zu bringen“, sagt Dombrowski. Diese Bestände befinden sich derzeit nämlich überwiegend im Depot – wenn sie nicht gerade ausgeliehen sind, wie unlängst für die Juncker-Ausstellung in Aschaffenburg.

Dass die Neuere Abteilung des Museums eine hochrangige Skulpturensammlung beherbergt, dürfte den meisten Würzburgern unbekannt sein. Die romanische Holzfigur von Erika Simon hat die Sammlung noch ein Stück attraktiver gemacht. Nun muss sie nur noch gezeigt werden.

Quelle: Julius-Maximilians-Universität Würzburg (idw)

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