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Vorhänge, die Lärm «schlucken»

Archivmeldung vom 05.05.2011

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 05.05.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Akustische Tests mit dem neuen schallabsorbierenden Vorhang in einem typischen Sitzungszimmer: Messung der Nachhallzeit mit Lautsprecher und Mikrofon. Bild: Empa
Akustische Tests mit dem neuen schallabsorbierenden Vorhang in einem typischen Sitzungszimmer: Messung der Nachhallzeit mit Lautsprecher und Mikrofon. Bild: Empa

Forschende der Empa haben zusammen mit der Textildesignerin Annette Douglas und der Seidenweberei Weisbrod-Zürrer AG leichte, lichtdurchlässige Vorhangstoffe entwickelt, die Schall hervorragend absorbieren. Eine Kombination, die in der modernen Innenarchitektur bis anhin fehlte. Seit kurzem sind die neuen «Lärm schluckenden» Vorhänge nun auf dem Markt.

Erfolgreiches KTI-Projekt: Vorhänge, die Lärm «schlucken». Bild: Empa
Erfolgreiches KTI-Projekt: Vorhänge, die Lärm «schlucken». Bild: Empa
Messungen der Schallabsorption im Hallraum der Empa: Bei einem Abstand von 15 cm zwischen Vorhang und Wand schluckt der neue Vorhang – je nach Frequenz – bis zu fünfmal mehr Schall als herkömmliche Leichtvorhänge. Bild: Empa
Messungen der Schallabsorption im Hallraum der Empa: Bei einem Abstand von 15 cm zwischen Vorhang und Wand schluckt der neue Vorhang – je nach Frequenz – bis zu fünfmal mehr Schall als herkömmliche Leichtvorhänge. Bild: Empa

Lärm nervt. Er stört die Kommunikation, vermindert die Arbeitsleistung und macht müde – in Extremfällen gar krank. In Räumen, in denen Menschen arbeiten, miteinander reden oder sich erholen wollen, sind deshalb schallabsorbierende Flächen notwendig. Sie verkürzen den Nachhall und machen die Räume dadurch ruhiger. So genannte schallharte Materialien wie Glas und Beton, die häufig in der Innenarchitektur verwendet werden, absorbieren Schall allerdings kaum. Häufig als Schallabsorber eingesetzt werden schwere Vorhänge, etwa aus Samt. Leichte und transparente Vorhänge sind dagegen akustisch praktisch wirkungslos. Zumindest waren sie das bislang.

Gemeinsam mit dem Industriepartner Weisbrod-Zürrer AG, einer Seidenweberei, und der Textildesignerin Annette Douglas haben Empa-Forschende ein neues Gewebe für leichte und trotzdem schallabsorbierende Vorhänge entwickelt. 

«Akustiker staunen nicht schlecht, wenn sie die entsprechenden Kennwerte sehen, die wir mit den neuen Vorhängen bei Messungen im Hallraum erreicht haben. Der bewertete Schallabsorptionsgrad liegt zwischen 0.5 und 0.6», sagt Kurt Eggenschwiler, Leiter der Empa-Abteilung «Akustik/Lärmminderung». Sprich: Die neuen Textilien «schlucken» fünfmal mehr Schall als herkömmliche lichtdurchlässige Vorhänge. Eggenschwiler: «Der neue Vorhang ist ein echter Schallabsorber, der die Raumakustik merklich verbessert, – und erst noch von hoher gestalterischer Qualität.»

Eine echte Marktlücke

Ein weiterer Vorteil: Da die neuen Vorhänge lichtdurchlässig sind, lassen sie sich vielseitig einsetzen, etwa in Büros, Sitzungszimmern, Restaurants, Hotellobbys, Seminarräumen bis hin zum Mehrzwecksaal. Oft leisten sie den entscheidenden Beitrag, um die für diese Räume geltenden akustischen Anforderungen und Richtlinien zu erfüllen. Dass die neuen Textilien eine Marktlücke schliessen, zeigt sich bereits kurz nach Markteinführung; das Interesse sei «enorm», so Eggenschwiler.

Die Idee eines Lärm schluckenden und gleichzeitig leichten, lichtdurchlässigen Vorhangs stammt von der Textildesignerin Annette Douglas, die sich schon seit längerem mit der Wechselwirkung zwischen Schall und Textilien beschäftigt und 2005 mit dem Swiss Textile Design Award für das Projekt «Akustikwände für Grossraumbüros» ausgezeichnet wurde. Zusammen mit Forschern der Empa-Abteilung «Akustik/Lärmminderung» sowie der Seidenweberei Weisbrod Zürrer AG reichte sie 2010 ein entsprechendes Projekt bei der Kommission für Technologie und Innovation (KTI) ein, unterstützt von Forschern der Empa-Abteilung «Advanced Fibres». Keine leichte Aufgabe, denn dünne und damit lichtdurchlässige Gewebe sind normalerweise miserable Schallschlucker.

Erfolgreiche Kombination von Computermodellierung, akustischer Messung und Textilfachwissen

Das erste akustisch optimierte Leichttextil entstand – am Computer. Dank dessen Eigenschaften wollten die Empa-Akustiker den Textilfachleuten eine Art «Rezept» vorgeben, mit dem sich gezielt ein Schall schluckendes Gewebe herstellen lassen sollte. Dazu entwickelten sie zunächst ein Rechenmodell, das sowohl die mikroskopische Struktur der Gewebe als auch deren makroskopischen Aufbau abbildet. In Kombination mit unzähligen akustischen Messungen an verschiedenen, eigens von Weisbrod-Zürrer gewobenen Proben konnten sie das Gewebe Schritt für Schritt akustisch optimieren. Annette Douglas gelang es, die neuen Erkenntnisse webtechnisch zu übersetzen. Sie wählte die Garne aus, die den Stoffen die notwendigen Eigenschaften hinsichtlich Brennbarkeit und Lichtdurchlässigkeit verliehen, und bestimmte die Gewebekonstruktion, d.h. wie die Fäden ineinander verwoben werden sollten. Weisbrod-Zürrer konnte schließlich die anspruchsvollen Herstellungsprozesse so anpassen, dass die industriell gefertigten Vorhänge tatsächlich die gewünschten akustischen Eigenschaften aufwiesen.

Quelle: Empa

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