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Reifen aus Russischem Löwenzahn

Archivmeldung vom 26.06.2021

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 26.06.2021 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Löwenzahn (Symbolbild)
Löwenzahn (Symbolbild)

Bild: © CC0 / blickpixel / Pixabay

Kautschuk aus Russischem Löwenzahn steht dem aus dem Kautschukbaum in nichts nach, er könnte bei wachsendem Reifenbedarf den Druck von den Regenwäldern nehmen. Zudem kann die Pflanze in unseren Breitengraden für eine höhere Artenvielfalt sorgen. Allerdings muss die Pflanze für einen industriellen Einsatz noch hochgezüchtet werden, berichtet das russische online Magazin „SNA News“ .

Weiter heißt es hierzu auf deren deutschen Webseite: "Der Reifenmarkt ist ein riesiger Markt, der seit vielen Jahren wächst. Über 2,5 Milliarden Jahren werden jährlich produziert, abgesetzt und abgenutzt. Zwar bestehen Reifen mittlerweile zu einem Teil aus Kunstkautschuk und Ruß, aber auf Naturkautschuk verzichtet die Reifenindustrie auch heute nicht, denn erst die Mischung macht die nötige Qualität aus. Pro Lkw-Reifen werden bis zu 25 Kilogramm des Baumsaftes fällig, pro Pkw-Reifen ein bis drei Kilogramm.

Der Baum, aus dem die zähe Masse gewonnen wird, wächst aber nur um den Äquator, im sogenannten „Kautschukgürtel“, wo sich auch die Regenwälder befinden. Diese sind nicht nur von Kautschukplantagen bedroht, sondern auch von Palmölplantagen oder Rodungen für die Rinderzucht. Dabei sind die Regenwälder zugleich die Orte der Welt mit der größten Artenvielfalt und darum schützenswert.

Alternative für Naturkautschuk

Eine alternative Quelle für Naturkautschuk, die etwas Druck von den Regenwäldern nehmen könnte, stammt aus dem Osten, trägt landläufig den Namen Russischer Löwenzahn und ist in Deutschland Gegenstand langjähriger Forschung. „Die Forschungsarbeiten zu Russischem Löwenzahn als Alternative sind relativ alt. Bereits im Zweiten Weltkrieg wurde untersucht, ob man Pflanzen wie den Russischen Löwenzahn für Reifen nutzen kann. Damals gab es natürlich weniger Möglichkeiten vor allem im züchterischen Bereich“, erklärt Torsten Gabriel von der Fachgesellschaft für Nachwachsende Rohstoffe (FNR) im Gespräch mit SNA.

Fest steht: Der Saft hat eine vergleichbare Qualität mit dem des Naturkautschuks aus dem Kautschukbaum. Allerdings kann man die Pflanze nicht eben anritzen und die ablaufende Flüssigkeit in Behälter strömen lassen. Der höchste Anteil des Safts befindet sich in der Wurzel der Pflanze, die relativ lang und dünn ist und erst aus der Erde gezogen werden muss.

Eine Tonne Saft je Hektar Löwenzahnfeld

„Hier muss die Pflanze durch Züchtungen verändert werden, insbesondere die Wurzelgeometrie. Erstens muss die Wurzel viel mehr Kautschuk einlagern als die Wildtypen. Zweitens muss sie leichter zu ernten sein, damit es zu keinen großen Ernteverlusten kommt. Es muss weniger Erde an den Wurzeln haften bleiben, damit sie nicht aufwendig gereinigt werden müssen und vieles weitere“, erläutert Gabriel diese Seite des Projekts. Ziel ist: eine Tonne Saft je Hektar Löwenzahnfeld.

Außerdem muss eine besonders effektive Methode entwickelt werden, um den Pflanzensaft zu gewinnen. Dann kann der Saft entweder in die bereits bestehende Reifenproduktion ohne weiteres einfließen, oder die Produktion müsste umgestellt werden. Schließlich darf die Zuchtvariante sich nicht unkontrolliert ausbreiten und mit Wildarten kreuzen, was im schlimmsten Fall heimische Arten verdrängen könnte.

Nektar für die Bienen

Eine solche Reifenproduktion hätte zwei weitere Vorteile: Sie würde Länder in gemäßigteren Klimazonen weniger abhängig von Naturkautschuk machen und vor allem wieder für mehr Artenvielfalt auf den Feldern führen. „Wir in den nördlichen Hemisphären versuchen händeringend Biodiversität auf die Äcker zu bekommen. Das bedeutet: Weg von den getreidedominierten Fruchtfolgen, die wir heute in Mitteleuropa und teilweise auch in Nordamerika haben, hin zu Fruchtfolgen, bei denen mehr Blühpflanzen dabei sind. Der Löwenzahn ist so eine Pflanze und könnte die Biodiversität und das Nektarangebot für Insekten steigern“, erklärt Gabriel. Zum Hintergrund: Auch Biogas-Produzenten machen von diesem Argument Gebrauch, da das Biogas aus Blühpflanzen gewonnen werden kann.

Dieses Argument hat seine Grenzen, wo solche Pflanzen Nahrungsmittelproduzenten Flächen wegnehmen. „Natürlich sollte der Anbau nicht mit dem von Nahrungsmittelpflanzen konkurrieren“, betont auch der Forscher. Der Löwenzahn soll und kann den Kautschukbaum nicht ersetzen. Aber er kann ihn in der Zukunft möglicherweise ergänzen und den Druck um die Regenwälder dämpfen – nicht nur in der Reifenproduktion, sondern auch bei Schaumstoffen, Matratzen, Radiergummis, Luftballons, Kondomen, Gummihandschuhen und vielem mehr.

Das Interview mit Torsten Gabriel zum Nachhören:

SNA Radio · Schützt Regenwälder und sichert Artenvielfalt: Kautschuk aus Russischem Löwenzahn

Quelle: SNA News (Deutschland)

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