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Das magnetische Universum ins Labor geholt

Archivmeldung vom 13.09.2006

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 13.09.2006 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Das Promise-Experiment. Bild: AIP/FZR
Das Promise-Experiment. Bild: AIP/FZR

Vor 13 Milliarden Jahren hat es weder Sterne noch Galaxien gegeben. Inzwischen hat sich der Kosmos zwar gewaltig ausgedehnt, sein stofflicher Inhalt hat sich aber durch die Schwerkraft zu Sternsystemen, Sternen, Planeten, schwarzen Löchern usw. zusammengeballt.

Schematischer Aufbau von PROMISE. Das flüssige Gallium befindet sich zwischen zwei Zylindern mit gemeinsamer Achse. Innerer und äußerer Zylinder rotieren mit unterschiedlichen Umlaufzeiten. Ultraschallsensoren messen die vertikale Geschwindigkeit des flüssigen Metalls. Bild: AIP/FZR
Schematischer Aufbau von PROMISE. Das flüssige Gallium befindet sich zwischen zwei Zylindern mit gemeinsamer Achse. Innerer und äußerer Zylinder rotieren mit unterschiedlichen Umlaufzeiten. Ultraschallsensoren messen die vertikale Geschwindigkeit des flüssigen Metalls. Bild: AIP/FZR

Unsere Sonne ist entstanden als eine lichtjahregroße interstellare Wolke in sich zusammenstürzte. Jeder Kubikkilometer der Ursprungswolke findet sich heute auf weniger als einen Kubikmillimeter zusammengepresst wieder.

Wie kann es dazu kommen, obwohl man irgendwann beim Kollaps die Zentrifugalkraft die Schwerkraft aufheben muss? Planeten drehen sich, Sterne drehen sich, und auch das Material, aus dem Sterne und Planeten hervorgegangen sind, hat sich gedreht. Es besaß Drehimpuls, und davon viel zu viel. Um kompakte Gebilde wie Sterne oder gar Schwarze Löcher hervorzubringen, muss die Rotation des Gases fast komplett abgebremst werden. Dies geschieht in einer sog. Akkretionsscheibe, die - wie auch unser Planetensystem - innen schneller als außen rotiert. Nur durch enorme turbulente Reibung kann der Drehimpuls nach außen strömen und die abgebremste Materie schließlich vom zentralen Objekt aufgesammelt werden. Die Reibungswärme wird abgestrahlt und erzeugt so die gewaltige Leuchtkraft von Quasaren und Röntgensternen. Woher aber die Turbulenz kommt, dank derer die Materie ihren Drehimpuls verlieren kann, ist eine der großen Fragen der Astrophysik. Nach den bisherigen physikalischen Vorstellungen sollten die kreisrunden Akkretionsscheiben turbulenz- und mithin fast reibungsfrei sein.

Magnetfelder können dieses Dilemma lösen. Verglichen mit der Schwerkraft sind magnetische Kräfte oft von untergeordneter Rolle. Für das Funktionieren von Akkretionsscheiben könnten aber gerade sie ausschlaggebend sein, weil sie in einer eigentlich stabilen Scherströmung Turbulenz entfachen können. Deshalb versuchen gegenwärtig mehrere Forschergruppen, diesen Effekt, die sogenannte Magnetorotationsinstabilität (MRI), im irdischen Labor nachzuweisen.

Dies ist jetzt erstmalig gelungen. Die Idee und die theoretischen Grundlagen für das Experiment stammen aus der Feder der Magnetfeld-Experten Prof. Günther Rüdiger vom Astrophysikalischen Institut Potsdam und Dr. Rainer Hollerbach von der Universität Leeds. Die Erfahrung mit Flüssigmetallexperimenten der Abteilung Magnetohydrodynamik des Forschungszentrums Rossendorf ermöglichte unter Leitung von Dr. Gunter Gerbeth die experimentelle Umsetzung des Nachweises der Instabilität. Das Projekt gehörte im vergangenen Jahr zu den Gewinnern der Ausschreibung von Forschungsgeldern durch die Leibniz-Gemeinschaft.

Beim Experiment PROMISE (Potsdam ROssendorf Magnetic InStability Experiment) strömt zwischen zwei unterschiedlich schnell rotierenden Zylindern eine silbrig glänzende Legierung aus Gallium, Indium und Zinn. Die Drehzahlen sind so eingestellt, dass zunächst nichts weiter passiert. Durch das Hinzufügen eines speziell geformten Magnetfeldes wird aus der einfachen hydrodynamischen Strömungsanlage eine komplizierte magnetohydrodynamische Turbulenzmaschine. Der Trick, durch den das, was im Kosmos so selbstverständlich abläuft, auf die Möglichkeiten eines Labors reduziert werden kann, besteht darin, das rotierende Flüssigmetall einem Magnetfeld mit schraubenförmigen Feldlinien auszusetzen. Das Feld wird durch elektrische Ströme entlang der Achse (6000 Ampere) und durch eine äußere Spule (75 Ampere) erzeugt. Im Kosmos funktioniert das gleiche Experiment für noch einfachere und viel schwächere Magnetfelder.

Was mittels Ultraschall-Geschwindigkeitssensoren registriert wird, ist das Umschlagen von einem rein laminaren Strömungsregime in ein turbulentes, sofern die elektrischen Ströme entlang der Achse bzw. in der Spule sich innerhalb der vorhergesagten Grenzen bewegen. Die Magnetorotationsinstabilität zeigt sich im Experiment als wandernde Welle von Strömungswirbeln, deren Eigenschaften gut mit den theoretischen Berechnungen übereinstimmen.

Quelle: Pressemitteilung Informationsdienst Wissenschaft e.V.

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