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"Charakter-Gen" macht Meisen neugierig

Archivmeldung vom 03.05.2007

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 03.05.2007 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Abb. 1 Besonders erkundigungsfreudige Vögel suchen innerhalb kurzer Zeit vier von fünf künstlichen "Bäumen" im Beobachtungsraum auf. Bild: Kees van Oers
Abb. 1 Besonders erkundigungsfreudige Vögel suchen innerhalb kurzer Zeit vier von fünf künstlichen "Bäumen" im Beobachtungsraum auf. Bild: Kees van Oers

Der eine ist ängstlich, der andere mutig - solche Unterschiede in der Persönlichkeit können auch eine Frage der Gene sein. Doch solche "Charakter-Gene" lassen sich beim Menschen nur sehr schwer dingfest machen - zu viele Faktoren beeinflussen das Verhalten und sind entsprechend schwer zu kontrollieren. An Vögeln lässt es sich da schon besser forschen - auch sie haben unterschiedliche Persönlichkeiten.

Abb. 2 Es gehört schon Mut dazu, sich einfach so neben einem rosaroten Panther an der Futterschale niederzulassen (links). Doch wer zu ängstlich ist (rechts), muss hungrig bleiben. Bild: Kees van Oers
Abb. 2 Es gehört schon Mut dazu, sich einfach so neben einem rosaroten Panther an der Futterschale niederzulassen (links). Doch wer zu ängstlich ist (rechts), muss hungrig bleiben. Bild: Kees van Oers

So konnte ein internationales Forscherteam an Kohlmeisen (Parus major) sozusagen ein "Neugier-Gen" nachweisen: das Gen (Drd4) trägt die Bauanleitung für einen Rezeptor, der im Gehirn Andockstelle für den Botenstoff Dopamin ist. Bei Vögeln mit einer bestimmten Variante dieses Dopamin-Rezeptor D4 Gens beobachteten die Wissenschaftler ein signifikant ausgeprägteres Erkundungsverhalten als bei ihren Artgenossen mit andere Formen des Gens (Proceedings of the Royal Society London B, 2. Mai 2007).

Es gibt Hinweise darauf, dass bei Genen, die im Zusammenhang mit Neurotransmittern stehen, das Auftreten von Genvarianten (Polymorphismen) auch mit Persönlichkeitsunterschieden einhergeht. Eine Verbindung zwischen dem Drd4-Gen und der Eigenschaft Neugier galt aufgrund von Untersuchungen aus den vergangenen zehn Jahren als besonders vielversprechend. Zu Recht, wie die Forscher des Max-Planck-Instituts für Ornithologie in Seewiesen gemeinsam mit ihren Kollegen vom neuseeländischen Cawthron Institute in Nelson und dem Netherlands Institute of Ecology in Heteren (NL) anhand von Versuchsreihen mit Kohlmeisen jetzt zeigen konnten.

Im Drd4-Gen dieser Vögel entdeckten sie 73 Polymorphismen, darunter 66 sogenannte Single Nucleotide Polymorphism (SNP) - hier ist nur ein einziger Nukleotidbaustein ausgetauscht. Eine Variante, SNP830, ist tatsächlich mit dem Erkundungsverhalten, also sprich mit Neugier assoziiert. Es zeigten sich nämlich deutliche Unterschiede zwischen zwei Kohlmeisenlinien, die die Forscher über vier Generationen nach dem Grad ihrer Neugier ausgewählt hatten. Als Maß diente den Forschern dabei das Erkundungsverhalten der Tiere (Early Exploratory Behaviour, EEB), sobald sie flügge geworden waren: In dem einen Verhaltenstest hielten die Biologen die Zeit fest, bis der Vogel den vierten von fünf "Bäumen" - in diesem Fall einfache Pflöcke mit gekreuzten Sitzstangen (Abb. 1) - im Beobachtungsraum aufgesucht hatte; in dem anderen testeten sie seine Reaktion auf zwei unbekannte Objekte, die an seiner Futterschale platziert wurden, u.a. eine Gummifigur von Paulchen Panther (Abb. 2).

Untersuchungen an freilebenden, unselektierten Vögeln bestätigten das Ergebnis: Auch hier fanden die Wissenschaftler eine signifikante Verknüpfung zwischen SNP830-Genotypen und den unterschiedlichen Ausprägungen von Neugier. "Die Persönlichkeit kann Einfluss darauf nehmen, wie Individuen vorhersagbare, aber auch zufällig auftretende Umweltänderungen bewältigen", erklärt Bart Kempenaers. "Wenn wir die ökologische und evolutionäre Bedeutung von Variationen in der Persönlichkeit bei natürlichen, frei lebenden Tierpopulationen besser verstehen wollen, müssen wir zunächst die molekulargenetischen Mechanismen begreifen, die dem zugrunde liegen." Die Forscher hoffen, dass sie anhand des verhaltensrelevanten Drd4-Polymorphismus mikroevolutionäre Veränderungen innerhalb von Populationen verfolgen können, bei denen ein unterschiedlicher Selektionsdruck auf die verschiedenen Persönlichkeitstypen wirkt.

Quelle: Pressemitteilung Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V.

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