Autoindustrie fürchtet gesellschaftliche Folgen von Jobverlusten

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Die Präsidentin des Verbandes der deutschen Automobilindustrie (VDA), Hildegard Müller, zeigt sich wenige Tage vor Beginn der Branchenmesse IAA in München sorgenvoll über den Abbau von Arbeitsplätzen in der Autobranche. "Wenn wir in Deutschland nun gerade unter den Autozulieferern viele Standorte in den Regionen verlieren, kommt das Land aus der Balance", sagte Müller der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung".
"Der Verlust von Beschäftigung und Wohlstand zieht nicht nur
wirtschaftliche Konsequenzen nach sich, sondern auch gesellschaftliche."
Es
sei verwunderlich, dass es derzeit Überraschung gebe bei der Nachricht,
dass innerhalb eines Jahres 50.000 Arbeitsplätze in der deutschen
Autoindustrie verloren gegangen seien. Schon lange habe die
Automobilwirtschaft darauf hingewiesen, dass mit der Transformation zu
Elektroantrieben die Wertschöpfung und die Beschäftigung sinke.
"Hinzu
kommen die unzureichenden Bedingungen am Standort Deutschland, die
zusätzlich negativ wirken", sagte Müller. Deswegen lenkten auch deutsche
Autokonzerne ihre beträchtlichen Investitionssummen zunehmend ins
Ausland. "Wenn aber erst einmal im Ausland eine neue Fabrik gebaut ist,
dann sind die Arbeitsplätze auf lange Zeit weg."
Die
VDA-Präsidentin fordert von Deutschland grundlegende Reformen zur
Verbesserung der Standortbedingungen, von der EU-Kommission eine
Lockerung für das 2035 geplante Verbrenner-Aus und die dazugehörenden
Vorschriften zur Reduzierung der CO2-Flottenemission von Neuwagen. Diese
Regeln sollten nur zu 90 Prozent gelten. "Statt das Verbrenner-Aus -
das auch bei den Verbrauchern Abwehrreflexe auslöst - wie eine Monstranz
vor sich herzutragen, sollte man sich in Brüssel lieber darum kümmern,
wie die Klimaziele tatsächlich erreicht werden können:
Ladeinfrastruktur, bessere Stromnetze, eine bessere Rohstoffversorgung
und so weiter", sagte die Interessensvertreterin.
Es gehe nicht
darum, die strengsten Ziele der Welt zu haben, sondern darum, die besten
Chancen dafür zu schaffen, dass die gewünschte Veränderung auch
erreicht werden könne. Die Autoindustrie hat nach Darstellung von Müller
bereits einen wichtigen Teil zur Klimawende des Autoverkehrs geleistet.
"Denjenigen, die immer noch behaupten, die deutsche Autoindustrie habe
die Elektromobilität verschlafen, können wir mit Fakten begegnen:
Deutschland ist weltweit der zweitgrößte Produktionsstandort für
Elektroautos", sagte Müller. Die Produktion an rein batterieelektrischen
Autos und Plug-in-Hybriden werde 2025 wahrscheinlich auf 1,7 Millionen
wachsen.
Die sogenannten Flottengrenzwerte und das damit
verbundene "Verbrennerverbot" sind Teil des "Fit-for-55"-Pakets der
Europäischen Union, mit dem die EU von einem Pfad für eine Erderhitzung
von über vier Grad Celsius auf einen Pfad umsteuerte, mit dem der
Klimawandel auf etwas über zwei Grad Celsius begrenzt werden könnte. Der
Internationale Gerichtshof hatte zuletzt in einem 140-seitigem
Gutachten klargestellt, dass die Einhaltung der 1,5-Grad-Grenze
international völkerrechtlich bindend ist - und dass Staaten bei einer
Überschreitung verklagt werden können.
Quelle: dts Nachrichtenagentur