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Strompreissenkung auf wettbewerbsfähiges Niveau bis 2025 machbar

Archivmeldung vom 10.12.2022

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 10.12.2022 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Mary Smith
Bild: birgitH / pixelio.de
Bild: birgitH / pixelio.de

Die deutsche Stromversorgung steht in den kommenden Jahren vor einer Belastungsprobe: Um bis 2025 das Ziel einer sicheren, bezahlbaren und nachhaltigen Stromversorgung für Deutschland zu erreichen, ist ein massiv beschleunigter Ausbau der erneuerbaren Energien notwendig. Gleichzeitig gilt es, die Kapazitäten für die Verstromung von Erdgas deutlich zu erweitern; diese können später auf Biogas und grünen Wasserstoff als Brennstoffe umgestellt werden.

Gas wird als stabile und vergleichsweise emissionsarme Ergänzung noch für mehr als zehn Jahre ein wesentlicher Bestandteil des deutschen Energiesystems sein, denn der Energiebedarf steigt und der Ausbau erneuerbarer und konventioneller Erzeugungskapazitäten und Netze läuft noch nicht schnell genug. Parallel ist es für die akute Versorgungssicherheit notwendig, die ursprünglich bis 2025 zur Abschaltung vorgesehenen Kohlekraftwerke mit einer Kapazität von 10 GW so lange weiterzubetreiben, bis diese auf emissionsarme, wasserstofffähige Gaskraftwerke umgestellt sind - trotz der kurzfristig negativen Auswirkungen auf die Nachhaltigkeit. Dies sind die Ergebnisse der Studie "Zukunftspfad Stromversorgung - Auf dem Weg zu einer sicheren, bezahlbaren und nachhaltigen Stromversorgung für Deutschland bis 2025", die die Unternehmensberatung McKinsey & Company heute vorgestellt hat.

Reduktion des Gaspreises entscheidend für Stromversorgung

"Die Großhandels-Strompreise sind 2022 um den Faktor 7 gestiegen, die Endkundenpreise haben sich im Jahresmittel verdoppelt. Das gefährdet die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands. Auf Dauer lässt sich der Preisunterschied zu anderen Industrienationen durch Subventionen nicht ausgleichen", sagt Alexander Weiss, Senior Partner von McKinsey und Leiter weltweiten Energieberatung. In dem Report wurden daher Pfade untersucht, die die Strompreise in Deutschland bis 2025 mindestens auf das Niveau vergleichbarer Industrienationen bringen könnten und zugleich die Versorgungssicherheit sowie das Einhalten der für 2030 formulierten CO2-Emissionsziele ermöglichen.

Die Analyse zeigt: Der massive Ausbau der erneuerbaren Energie sowie die Kapazitätserweiterung für Erdgas und der Weiterbetrieb von Kohlekraftwerken zusammen würden 2025 nach Berechnungen von McKinsey noch immer zu einem Großhandels-Strompreis von 120 EUR/MWh führen - das Dreifache des historischen Mittels.

Um langfristig wieder ein wettbewerbsfähiges Preisniveau zu erreichen, ist daher eine signifikante Reduzierung des Erdgaspreises notwendig, da nach dem Prinzip der Merit Order die Verstromung von Erdgas in vielen Stunden preissetzend für den Gesamtmarkt ist. Weiss: "Erdgasproduzenten brauchen jedoch Abnehmer, die sich langfristig vertraglich binden, um ihre hohen Investitionen sicher finanzieren und den Preis signifikant senken zu können." Deutschland und seine europäischen Partner sollten darum auch den Abschluss entsprechend langfristiger Abnahmeverträge in ausreichendem Umfang erwägen. Bei einer signifikanten Senkung des Gaspreises auf den prognostizierten LNG-Preis von 28 EUR/MWh in 2025 könnte der Strompreis auf bis zu 75 EUR/MWh fallen.

"Sinkende Erdgaskosten sind der entscheidende Schlüssel, um auch die CO2-Emissionen der Stromerzeugung zu reduzieren. Wenn die Erdgaskosten hoch bleiben, könnte zu viel Kohle zum Einsatz kommen", so Weiss. Eine Verlängerung der Kernkraftwerk-Laufzeiten über April 2023 hinaus könnte in den Szenarien für 2025 den Großhandels-Strompreis zusätzlich um 5 bis 15 EUR/MWh senken. "Einzelmaßnahmen werden voraussichtlich nicht ausreichen, um die Wirtschaftlichkeit, Nachhaltigkeit und Versorgungssicherheit in Einklang zu bringen - ein Gesamtpaket und eine konzertierte Aktion aller Akteure ist notwendig", so Weiss.

Erfolgsfaktoren im Detail

Das beschriebene Maßnahmenpaket erfordert nach den Berechnungen von McKinsey weit mehr als eine Anpassung der Ausbauziele oder Laufzeiten. Ein Ausbau erneuerbarer Energien in derartigem Ausmaß erfordert eine Koordination über die Wertschöpfungskette hinweg. Das Spektrum zu koordinierender Tätigkeiten reicht dabei von Flächenumwandlung und Genehmigungsprozessen über ein Aufrüsten der industriellen Produktion erneuerbarer Energien bis hin zur Sicherstellung ausreichender Planungs- und Baukapazitäten. Um die ehrgeizigen Ausbauziele für Solar- und Windenergie umzusetzen, müssen bis 2025 44 GW Photovoltaik- und 25 GW Windanlagen-Kapazität zugebaut werden, bis 2040 sogar mehr als 300 GW Photovoltaik und mehr als 100 GW Windanlagen-Kapazität.

95% Abhängigkeit von China bei PV-Modulen

"Voraussetzung für die ambitionierten Ausbauziele sind Lieferketten, die sowohl skalierbar als auch resilient sind - also hinreichend unabhängig von einzelnen Ländern", so Weiss. Bei der Photovoltaik gilt es, in Europa eine größere Unabhängigkeit von anderen Ländern zu erreichen. Hat Deutschland im Jahr 2021 55% des Erdgases aus Russland bezogen, so bezieht Deutschland aktuell 95% der Solarzellen direkt oder indirekt aus China. Der Wieder-Aufbau einer zumindest europäischen Photovoltaik-Industrie erscheint bei den Ausbauzielen eine notwendige Option zu sein. Weiss: "Eine Relokalisierung der Photovoltaikproduktion - vor rund 15 Jahren war Deutschland Weltmarktführer im Bereich Photovoltaik - würde das Risiko für Disruptionen in der Lieferkette verringern."

Auch für die Onshore-Windindustrie gilt: Diese Industrie in Europa zu halten und zu stärken, wäre ein Vorteil. Denn noch haben europäische Windanlagenhersteller einen signifikanten Anteil der Wertschöpfung und Produktion von Windanlagen an Land in ihrer Hand. Allerdings besteht die Gefahr, dass eine Verlegung der Produktion nach Asien einsetzt, ähnlich wie bei der Photovoltaikindustrie vor 10 bis 15 Jahren. Momentan kämpfen europäische Hersteller mit geringer Profitabilität und sinkender Wettbewerbsfähigkeit wegen erhöhter Kosten für Rohstoffe, Logistik und Strom sowie Überkapazitäten. Durch diese Profitabilitätsprobleme wird es für Hersteller immer schwieriger, große Investitionen in Europa zu tätigen, die Grundlage eines skalierten Ausbaus von Windenergie sein könnten. Weiss: "Dem möglichen Bedrohungsszenario einer abgewanderten Windanlagen-Produktion gilt es beispielsweise mit veränderten Ausschreibungskriterien und klaren Ausbauzielen entgegenzuwirken, um auch hier zu starke Abhängigkeiten zu vermeiden."

Aktivierung von Arbeitskräften für Erneuerbaren-Ausbau nötig

Ein weiterer zentraler Bestandteil für die erfolgreiche Energiewende in Deutschland ist die Sicherung der benötigten Fachkräfte bis 2025 und darüber hinaus - insbesondere mit der Ambition, die lokale Fertigung und Wertschöpfungskette auszubauen. Gleichzeitig bietet insbesondere der Ausbau der erneuerbaren Energien substanzielles Potenzial, Beschäftigung in teilweise strukturschwachen Regionen in signifikantem Maße anzusiedeln. In dieser ohnehin angespannten Situation bewirkt ein weiter beschleunigter Ausbau, dass mehr als 180.000 zusätzliche Arbeitskräfte für Entwicklung, Installation und Betrieb der entsprechenden Anlagen benötigt würden. Um den Bedarf an qualifizierten Arbeitskräften bis 2025 und darüber hinaus nachhaltig zu sichern, sollten zielgerichtet Maßnahmen ergriffen werden, um Engpassrisiken proaktiv anzugehen. Hierbei gibt es grundsätzlich drei Ansätze: Anziehung/Abwerbung von Arbeitskräften aus angrenzenden Branchen und Märkten, Ausbildung zusätzlicher Arbeitskräfte als langfristige und strukturelle Maßnahme sowie Umschulung (Reskilling) der vorhandenen Belegschaft als kurzfristiges Mittel, um einem akuten Engpass vorzubeugen.

Quelle: McKinsey & Company (ots)

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