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Schwere Vorwürfe gegen Paketdienstleister UPS am Flughafen Köln/Bonn

Archivmeldung vom 11.05.2021

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 11.05.2021 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Sanjo Babić
Logo von UPS bei dem die Bombenpakete eingeschleust worden waren
Logo von UPS bei dem die Bombenpakete eingeschleust worden waren

Fotos und Videos, die dem ARD-Politikmagazin "Report Mainz" anonym zugespielt wurden, zeigen chaotische Zustände am zentralen europäischen Luftumschlagplatz des Paketdienstleisters UPS am Flughafen Köln/Bonn. Zu sehen sind auf den Aufnahmen zum Beispiel herabfallende Pakete und versperrte Fluchtwege. Mehrfach sei es deswegen schon zu Arbeitsunfällen gekommen, berichten Mitarbeiter gegenüber "Report Mainz".

Dass es solche Unfälle gegeben hat, belegt auch ein Datensatz, der der Redaktion zugespielt wurde. Ebenfalls darauf enthalten sind über 30.000 ärztliche Atteste aus den vergangenen fünf Jahren. Schon einfache Vorarbeiter sollen Zugriff auf private Informationen haben, sogar auf Diagnosen.

Dies seien sensible Gesundheitsdaten, kritisiert der Datenschutzbeauftragte aus Baden-Württemberg, Stefan Brink, im Interview mit dem ARD-Politikmagazin: "Wenn wir es mit Fällen zu tun haben, wo sehr, sehr viele Daten zu lange gespeichert werden oder wenn besonders sensible Daten, zum Beispiel Gesundheitsdaten, nicht ordnungsgemäß verarbeitet werden, sind es immer Fälle, wo Bußgelder drohen und das auch in erheblichem Umfang. Auch die Tatsache, dass ein Unternehmen kein Daten-Löschkonzept hat oder dieses nicht umsetzt, wird mit einem Bußgeld von bis zu 20 Millionen Euro bestraft."

Verdacht der Arbeitszeitmanipulation

Zudem soll es in der Vergangenheit zu massiven Arbeitszeitverstößen gekommen sein. Das berichten Mitarbeiter anonym im Interview mit "Report Mainz". Der Redaktion wurden mehrere hundert Stechkarten vom UPS-Standort am Flughafen Köln/Bonn zugespielt, die zeigen, dass Pausenzeiten von Hand eingetragen wurden, obwohl eine interne Arbeitsanweisung das als "grundsätzlich unzulässig" untersagt. Mitarbeitende sprechen von einer "Systematik": Man arbeite acht oder neun Stunden ohne Pause durch. Trotzdem würden auf den Karten die Pausen eingetragen, das ginge schon seit Jahren so. Zudem liegen "Report Mainz" rund 80 Stechkarten vor, die überhaupt keine Pausen aufweisen, obwohl diese ins Buchungssystem eingetragen wurden.

Der Druck sei von oben gekommen

Ein Insider erzählt: "Da gibt es Arbeitsbereiche, da kommt die Anweisung, dass ab einer bestimmten Uhrzeit keiner mehr in die Pause geht. Das ist nicht höflich formuliert. Und dann kommt es auch vor, dass sich Mitarbeiter in die Hose machen und sich nicht trauen, dagegen vorzugehen." Mitarbeitende würden zudem unter Druck gesetzt, wenn sie ihre gesetzlich vorgeschriebenen Pausen einforderten. Dies bestätigt auch ein ehemaliger Mitarbeiter, der in einer Führungsposition im Unternehmen beschäftigt war. Gegenüber "Report Mainz" schildert er, man sei bei diesen Leuten hingegangen und habe sie pünktlich nach Hause geschickt, damit sie keine Mehrarbeit mehr leisten konnten und weniger verdienten. Auch er habe Pausen mit der Hand nachträglich eingetragen: "Dass das gesetzwidrig war, war klar." Der enorme Druck habe einen alles vergessen lassen: "Das war tägliche Arbeit und Routine."

Kritik vom Arbeitsrechtsexperten

Arbeitsrechtsexperte Professor Peter Schüren von der Universität Münster kritisiert im Interview mit "Report Mainz": "Das deutet darauf hin, dass hier im großen Stil Ruhepausen nicht gewährt und nicht bezahlt werden, dass also hier einerseits im Arbeitsschutz eine Menge böse Sachen passieren und strafbare Beitragshinterziehung vorliegt. Das ist etwas, das ausermittelt werden muss. Und dann muss man sehen, ob diese Straftaten begangen worden sind." Zudem fordert der Rechtswissenschaftler eine Reform der bestehenden Gesetze: "Die Arbeitszeiterfassung ist in Deutschland nicht wirklich abgesichert. Es gibt keine Rechtsfolgen, die dazu führen, dass der Arbeitgeber, der geleistete Stunden nicht erfasst und zu bezahlen 'vergisst', schlechter dasteht als der, der das ordentlich macht. Das heißt, wir brauchen ganz harte Sanktionen, die dazu führen, dass Arbeitszeit, die geleistet wurde, auch tatsächlich bezahlt wird." Trickserei dürfe sich nicht lohnen.

"Report Mainz" konfrontiert UPS

"Report Mainz" konfrontiert das Unternehmen und den Betriebsrat mit einem umfangreichen Fragenkatalog. Der Betriebsrat möchte sich aus formellen Gründen nicht äußern. UPS antwortet dem ARD-Politikmagazin: "Diese mutmaßlichen Vorfälle sind nicht tolerierbar und sind Gegenstand laufender Untersuchungen. Wir arbeiten mit den Behörden zusammen und beabsichtigen, auf der Grundlage etwaiger Erkenntnisse geeignete Maßnahmen zu ergreifen. [...] Wir legen Wert auf Sicherheit, Professionalität und Integrität und tolerieren keine Belästigung in irgendeiner Form."

  • "Report Mainz" am Dienstag, 11.5.2021, 21:45 Uhr im Ersten

Quelle: SWR - Das Erste (ots)

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