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Rüttgers, Nokia und die Aldisierung der Gesellschaft

Archivmeldung vom 13.02.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 13.02.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Die wütenden Proteste von Politik und Gesellschaft auf die Schließung des Nokia-Werkes in Bochum belegen nach Ansicht von Wirtschaftsexperten die Realitätsblindheit in Deutschland.

„Es ist erschreckend, wie Jürgen Rüttgers als NRW-Ministerpräsident seine Contenance verliert und mit dem Kabarettisten Bernd Stelter einen Anti-Nokia-Song trällert. Der CDU-Politiker sollte sich einmal die Frage stellen, warum die NRW-Landesregierung Steuergelder zum Fenster rauswirft und die Massenfertigung von Handys mit Subventionen unterstützt. Wer heute noch in den alten industriekapitalistischen Kategorien denkt und handelt wie Rüttgers, gefährdet die Zukunftsfähigkeit unseres Landes. Der alte Fordismus, zu dem der sichere Job auf Dauer gehört, ist Vergangenheit. Das wird sich nie wieder ändern. Niemand kann Deutschland in die sechziger Jahre zurückholen“, warnt Udo Nadolski, Geschäftsführer des IT-Beratungshauses Harvey Nash, im Gespräch mit dem Onlinemagazin NeueNachricht.

Die Bösewichte in der Globalisierungsdebatte seien immer die anderen. Unersättliche Vorstandschefs, unmoralische Unternehmer, Subventionsheuschrecken oder gierige Geldeliten. Populisten würden gerne imaginäre Gegner verachten, um von den eigenen Schwächen abzulenken. Auf dieses Pharisäertum habe der ehemalige US-Arbeitsminister Robert Reich in seinem Buch „Superkapitalismus“ eindrucksvoll hingewiesen. „Als Verbraucher und Anleger sind wir beständig auf der Jagd nach den besten und billigsten Schnäppchen. Und als Bürger und Politiker missfallen uns die gesellschaftlichen Folgen dieser Schnäppchen. Wir bezahlen die Aldisierung des Konsums mit niedrigen Löhnen. Mit jeder Ansiedlung von Megamärkten forcieren wir die Verödung der Innenstädte und sorgen dafür, dass mittelständische Einzelhändler in die Insolvenz getrieben werden. Die Schnäppchen kommen von Unternehmen, die sich gegenüber ihren früheren Standorten nicht mehr verpflichtet fühlen und sich in globale Lieferketten verwandeln. Auch wenn wir zu Discountpreisen in Mobilfunkshops einkaufen oder sogar ein Handy beim Vertragsabschluss vom Netzbetreiber kostenlos erhalten, demontieren wir den eigenen Industriestandort“, sagt Nadolski. Teilweise liefere die Politik den Discountern sogar ein kostenloses Kundenbindungsprogramm.

„So haben Bundestag und Bundesrat, also auch Herr Rüttgers, eine mangelhafte Rechtslage beim Dosenpfand geschaffen“, betont Tobias Janßen, Vorstandschef der Beteiligungsgesellschaft Goldfish Holdings. Mit den nicht zurück gebrachten Einwegflaschen würden die Discounter horrende Gewinne zu Lasten der Verbraucher und der mittelständisch geprägten Mehrwegbranche einfahren. „Das sind pro Flasche immerhin 25 Cent. Da verdient der Händler am Pfand mehr als am Inhalt“, weiß Janßen. Nach Angaben der Genossenschaft Deutscher Brunnen seien das jährliche Mehrerlöse von über 400 Millionen Euro. „Mit diesem Geld können die Discounter über Quersubventionen den Preis für Mineralwasser in Einwegflaschen künstlich niedrig halten“, so Andreas Rottke, Vorstandschef der Genossenschaft Deutscher Brunnen.

„Normalerweise kalkulieren diese Konzerne einen Erlös von 10 Prozent. Mit den Pfandeinnahmen über die nicht zurückgebrachten Einwegflaschen erwirtschaften die Discounter mit dem Segen der Bundesregierung und der Bundesländer eine Spanne von über 40 Prozent. Die lachen sich ins Fäustchen“, meint Ullrich Schweizer, Marketing-Geschäftsführer der Firma Hassia Mineralquellen. Es gebe keine anderen Sortimentsbestandteile, wo Discounter soviel verdienen könnten. Die Speerspitze für den ruinösen Preiskampf lieferte die Regierung. „Wo wir auf der einen Seite von Bergen von günstigen Produkten für Kunden profitieren, beschleunigen wir auf der anderen Seite die Rationalisierung der Arbeitsplätze, miserable Karrierechancen und das Anwachsen von schlecht bezahlten Jobs“, so das Fazit von Schweizer.

Quelle: medienbüro.sohn

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