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Politischer Irrweg: Prohibition verfehlt das Ziel und stärkt den Schwarzmarkt

Freigeschaltet am 12.09.2025 um 10:05 durch Sanjo Babić
Tim Andrews (2025) Bild: PDNW Fotograf: Tim Andrews
Tim Andrews (2025) Bild: PDNW Fotograf: Tim Andrews

Im Rahmen einer Fachveranstaltung am 16. September 2025 präsentiert Studienleiter Tim Andrews den neuen PDNW-Report "Nicotine Pouch Regulation in Germany - Report V3".

Bereits jetzt sind Auszüge bekannt geworden, die den Befund klar umreißen: Die gegenwärtige, in Deutschland irregeleitete Regulatorik kann im europäischen Vergleich nicht mithalten und stärkt den illegalen Markt und den illegalen Handel.

Während andere europäische Länder risikodifferenzierte Regeln etabliert haben, die Verbraucher schützen, den Jugendschutz durchsetzen und zugleich legale, kontrollierte Kanäle stärken, erzeugt das deutsche Vorgehen vor allem Widersprüche - mit schweren Nebenwirkungen auf Markt, Vollzug und Glaubwürdigkeit der Gesundheitspolitik.

"Prohibition ist kein Steuerungsinstrument, sondern eine Verdrängungsmaschine", sagt Andrews. "Wir sehen, wie Nachfrage aus dem sichtbaren in den unkontrollierten Bereich rutscht - genau dort, wo staatliche Leitplanken am wenigsten greifen."

Kern der Kritik ist die faktische Behandlung von oral nicotine products (ONP) als Lebensmittel. Ein oromukosales Produkt an lebensmittelrechtlichen Grenzwerten zu messen, führt in der Praxis zu einem Regime, das legale, qualitätsgesicherte Angebote nahezu ausschließt - und damit den gegenteiligen Effekt erzielt: Konsum verschiebt sich in Grauzonen und auf den Schwarzmarkt. Dort fehlten dann Altersverifikation, Produktsicherheit, verlässliche Dosierung und nachvollziehbare Lieferketten. Gleichzeitig treten Angebote auf, die mit überzogenen Nikotinstärken und kinderaffiner Gestaltung werben. Was als Schutz vor Risiken gedacht war, erzeugt so neue erheblich erhöhte Risiken - insbesondere für Jugendliche und für erwachsene Konsumentinnen und Konsumenten, die bewusst von der Zigarette weg in weniger schädliche Alternativen wechseln möchten.

Der Report ordnet die Evidenz nüchtern: ONP sind kein risikofreies Produkt, sie werden jedoch - in der Gesamtschau vergleichender Quellen - als deutlich weniger schädlich als das Zigarettenrauchen eingeordnet. In Staaten, die diese Relationen in ihrer Regulierung abbilden, zeigt sich schnellerer Fortschritt bei der Reduktion rauchbedingter Schäden.

Entscheidend ist dabei nicht die rhetorische Frontstellung "pro oder contra", sondern die funktionierende Regulierung: klare Produktstandards, eindeutige Kennzeichnung, wirksame Alterskontrollen, konsequente Marktaufsicht und eine Besteuerung, die den relativen Schadensunterschied zur Zigarette sichtbar macht, ohne neue Einstiegstore für Jugendliche zu öffnen.

Im europäischen Vergleich wird deutlich, woran es in Deutschland hakt: Andere Länder haben präzise Produktkategorien und Positivlisten eingeführt, definieren realistische Nikotinobergrenzen und koppeln die Inverkehrbringung an Registrierung, Qualitätsnachweise und stichprobenartige Kontrolle. Sie setzen auf digitale und physische Altersverifizierung mit niedriger Umgehungsanfälligkeit, flankiert von transparenten Informationspflichten für Hersteller und Händler.

Deutschland hingegen verwaltet einen Einordungsfehler und verliert damit zugleich die steuernde Hand: Wo Rechtssicherheit fehlt, entstehen Vollzugsinseln; wo legale Angebote blockiert werden, wächst der Schwarzmarkt.

Tim Andrews' Schlussfolgerung lautet deshalb nicht "liberalisieren", sondern "regulieren, und zwar richtig": Ein kohärenter Rahmen für Nicotin pouches als tabakverwandtes Produkt, der Produktspezifikationen (Reinheit, verbotene Zusatzstoffe, nachvollziehbare Nikotindosierung) verbindlich macht, Kennzeichnung und Verbraucheraufklärung laienverständlich vorschreibt, 18+ mit belastbarer Altersprüfung durchsetzt und durch Registrierung, Marktüberwachung, Rückruf- und Sanktionsmechanismen abgesichert ist.

Riskoadäquate Besteuerung

Ergänzend braucht es eine risikoadäquate Besteuerung, die den Umstieg erwachsener Raucherinnen und Raucher vom Verbrennungsprodukt belohnt, ohne zusätzliche Attraktivität für Nichtraucher oder Minderjährige zu schaffen.

Damit Regulierung lernfähig bleibt, empfiehlt der Report ein laufendes Monitoring zentraler Indikatoren - von Konsummustern über Qualitätsmeldungen bis zu Entwicklungen im illegalen Handel - mit regelmäßiger Veröffentlichung, damit Politik und Behörden evidenzbasiert nachsteuern können.

"Unser Ziel ist weder Verharmlosung noch Marketing", betont Andrews. "Es geht darum, Verantwortung dorthin zu verlagern, wo sie wirkt: in klare, überprüfbare Regeln. Wer die Schadenslast des Rauchens wirklich senken will, braucht Steuerung statt Scheinlösungen."

Mit der Vorstellung des Reports am 16. September 2025 lädt PDNW zu einer sachlichen Debatte ein, die über Lagerdenken hinausreicht. Die vorab kursierenden Auszüge skizzieren die Richtung; die vollständige Analyse liefert die Grundlage, um eine zeitgemäße, europafähige Regulierung zu entwerfen, die öffentliche Gesundheit, Jugendschutz und rechtsstaatliche Durchsetzung zusammenführt - und Deutschland wieder auf Augenhöhe mit den besseren europäischen Beispielen bringt.

Quelle: Prohibition Does Not Work (ots)

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