Arbeitszeit pro Kopf auf Rekordhoch - Anstieg von Frauen getragen
Die Arbeitszeit pro Kopf liegt in Deutschland aktuell mit annähernd 29 Stunden pro Woche auf dem höchsten Niveau seit der Wiedervereinigung. Der Anstieg geht insbesondere auf die Frauen zurück, bei denen sich die Arbeitszeit in den letzten 15 Jahren deutlich erhöht hat, wie aus einer am Dienstag veröffentlichten Auswertung des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB) hervorgeht.
Bei Männern liegt die Arbeitszeit pro Kopf dagegen in etwa auf dem Niveau, das Anfang der 1990er-Jahre verzeichnet wurde.
Während
Frauen 1991 im Schnitt rund 19 Wochenarbeitsstunden leisteten, waren es
2022 bereits über 24 Stunden. "Dieser Anstieg wird durch eine höhere
Erwerbsbeteiligung der Frauen getragen. Die zunehmende Teilzeittätigkeit
konnte durch eine starke Erhöhung des Anteils erwerbstätiger Frauen
deutlich überkompensiert werden", sagte Harun Sulak vom BiB.
So
ist der Anteil erwerbstätiger Frauen innerhalb der letzten drei
Jahrzehnte um fast ein Drittel gestiegen. Dennoch seien hier weitere
Potenziale vorhanden. "So liegt die von Frauen und insbesondere Müttern
als ideal angesehene Arbeitszeit nochmals höher als die aktuell
realisierte Arbeitszeit. Familienpolitische Reformen wie der weitere
bedarfsgerechte Ausbau der Kindertagesbetreuung sind wichtige
Rahmenbedingungen, damit Frauen und auch Männer Erwerbsarbeit und
Familie besser vereinbaren können", so die Direktorin des BiB, Katharina
Spieß.
Im Vergleich zu den Frauen zeigen sich bei Männern über
den Zeitraum seit 1991 nur geringe Veränderungen. Bedingt durch die
wirtschaftliche Schwächephase nach der Wiedervereinigung mit zahlreichen
Betriebsschließungen vor allem im Osten Deutschlands sank die
durchschnittliche Wochenarbeitszeit zunächst ab und erreichte Mitte der
2000er-Jahre ihren Tiefpunkt.
Seitdem ist ein Wiederanstieg zu
beobachten, der nur von der Coronapandemie unterbrochen wurde. "Die
Daten belegen, dass Männer aktuell zwar häufiger erwerbstätig sind als
1991, und hier vor allem im höheren Alter", sagte BiB-Forschungsdirektor
Sebastian Klüsener. Allerdings arbeiteten die erwerbstätigen Männer
mittlerweile im Schnitt 2,6 Stunden pro Woche weniger. "In der Summe
gleichen sich die beiden Faktoren aus, sodass die Arbeitszeit pro Kopf
bei Männern heute ziemlich genau auf dem Niveau von vor 30 Jahren
liegt."
Insgesamt ergebe sich aus den Daten dennoch ein positiver
Trend. Die durchschnittlich geleisteten Arbeitsstunden pro Kopf sind
vor allem durch die höhere Erwerbsbeteiligung bei Frauen gestiegen. Der
Abstand zwischen den Geschlechtern hat sich im Beobachtungszeitraum
deutlich verringert. Während 1991 Frauen im Schnitt rund 14 Stunden
weniger arbeiteten als Männer, beträgt der Unterschied heute nur noch
gut neun Stunden. "Diese Entwicklung ist nicht nur ein
arbeitsmarktpolitisches Signal, sondern auch Ausdruck eines
gesellschaftlichen Wandels", so Klüsener.
Berechnet wurde die
geleistete wöchentliche Arbeitszeit pro Kopf für die Gesamtbevölkerung
im Alter zwischen 20 und 64 Jahren. Hierdurch sind alle Personen in der
Bevölkerung unabhängig von ihrem aktuellen Erwerbsstatus berücksichtigt.
Quelle: dts Nachrichtenagentur