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Medien: Wem nützt eine Ukraine im Kriegszustand?

Archivmeldung vom 26.11.2018

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 26.11.2018 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Bild: © Sputnik / Stringer
Bild: © Sputnik / Stringer

Nach der Eskalation des Konfliktes zwischen der Ukraine und Russland im Asowschen Meer hat der ukrainische Präsident Poroschenko das Kriegsrecht verhängt. Dringlichkeitssitzungen der Nato und der Uno wurden einberufen. Worum geht es bei diesem Konflikt und wem nützt er?

Auf der Webseite der deutschen Ausgabe des russischen online Magazins "Sputnik" heißt es dazu: "Am Sonntag wurden drei ukrainische Marineschiffe in der Nähe der Straße von Kertsch im Asowschen Meer vom russischen Grenzschutz festgesetzt. Russland und die Ukraine beschuldigen sich gegenseitig. Die Ukrainer sprechen von einer weiteren „russischen Aggression“, Russland von einer „ukrainischen  Provokation“.

Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko reagierte sofort und berief noch gestern Abend den Sicherheitsrat der Ukraine ein und hat am Montag für 60 Tage das Kriegsrecht  verhängt. Vor der russischen Botschaft in Kiew kam es gestern Nacht spontan zu einer Demonstration von ukrainischen Nationalisten, bei der Rauchbomben auf das Botschaftsgebäude geworfen und zwei russische Diplomatenfahrzeuge angezündet wurden. „Er wird alles tun, um die Wahlen zu verschieben.“

Sollte das ukrainische Parlament heute der Verhängung des Kriegsrechts zustimmen, würde nicht gleich ein Krieg ausbrechen, aber das öffentliche Leben des Landes wäre gelähmt, Versammlungs- und Demonstrationsrechte könnten eingeschränkt werden. Und das Thema „Krieg mit Russland“ würde wieder in den Vordergrund rücken in den Köpfen und Herzen der Menschen und von den eigentlichen Problemen des Landes wie Korruption und Misswirtschaft ablenken. Das wiederum könnte Präsident Poroschenko möglicherweise vor einer Niederlage bei den Präsidentschaftswahlen in der Ukraine im März 2019 retten oder diese zumindest hinauszögern, da unter Kriegsrecht durchaus auch Wahlen verschoben werden könnten. Im Moment liegt Poroschenko, je nach Umfrage, mit acht Prozent der Wählerstimmen nur auf Platz drei oder vier unter den ukrainischen Kandidaten. Genau auf diesen Zusammenhang wies den Autor dieses Artikels bereits im Sommer der ukrainische Milliardär und Politiker Alexander Onischenko im Interview hin.

Der Oligarch sagte: „Er (Poroschenko, Anm. d. R.) kann immer sagen: Wir haben jetzt Krieg, es herrscht Ausnahmezustand, und wir müssen deshalb die Wahlen verschieben. Er begreift schon jetzt, dass er die Wahlen verlieren wird und wird alles tun, um die Wahlen zu verschieben.“

„…jene zur Vernunft bringen, die aus Kriegshysterie politischen Profit schlagen“

Dies sieht auch der russische Außenminister Sergej Lawrow so und hat den Westen dazu aufgerufen, die Ukraine vor einer weiteren Eskalation in der Straße von Kertsch zu beruhigen. „Die westlichen Unterstützer Kiews sollen dort jene zur Vernunft bringen, die aus Kriegshysterie politischen Profit schlagen wollen“, sagte Lawrow am Montag in Moskau, wie dpa berichtet.  Mit einer möglichen Verhängung des Kriegsrechts wolle man versuchen, die Präsidentenwahl im Frühjahr zu verschieben oder andere Ereignisse in der Ukraine zu beeinflussen, so Lawrow. Er nannte Kiews Vorgehen eine eindeutige Provokation. „Herr Poroschenko in der Ukraine steht vor einer Präsidentenwahl, die er verlieren wird“

Ähnlich äußerte sich der österreichische Politologe und Osteuropa-Experte Gerhard Mangott auf Twitter:

„Herr Poroschenko in der Ukraine steht vor einer Präsidentenwahl, die er verlieren wird. Seine Zustimmungsrate liegt derzeit bei acht Prozent. Wenn er es schafft, wieder diese Kriegsstimmung im Lande zu schüren, diese Stimmung, dass die Ukraine von Russland angegriffen wird, und wenn es ihm sogar gelingt, das Kriegsrecht zu verhängen, dann kann er die Präsidentschaftswahl nach hinten verschieben sowie die Bürger- und Freiheitsrechte einschränken, was die Versammlungs- oder Demonstrationsfreiheit betrifft. Oder er lässt die Wahlen tatsächlich durchführen und erhofft sich einen Popularitätsschub durch die gegenwärtige Krise.“

Auch der europapolitische Sprecher der Fraktion DIE LINKE im Bundestag, Andrej Hunko deutet in einer aktuellen Pressemitteilung eine Verbindung zu den Präsidentschaftswahlen an. Hunko teilt mit: „Die Ausrufung des Kriegsrechts und die Mobilmachung der ukrainischen Armee ist die falsche Antwort auf den Konflikt im Asowschen Meer. Die Umstände der Blockade der ukrainischen Schiffe, zu denen es widersprüchliche Darstellungen gibt, müssen aufgeklärt werden. Es ist dringend geboten, eine weitere Eskalation des Konfliktes, der auch Auswirkungen auf die anstehenden Präsidentschaftswahlen in der Ukraine haben würde, zu verhindern.“

Das Asowsche Meer gilt seit einem 2003 geschlossenen Vertrag als Binnenmeer, das von russischen und ukrainischen Schiffen gleichermaßen genutzt werden kann. Die Straße von Kertsch ist eine Meerenge, die unter der neu gebauten Brücke zwischen dem russischen Festland und der Krim hindurch führt. Seit der Einweihung der Brücke kam es immer wieder zu Provokationen von Seiten der Ukraine, die sich nicht mit dem russischen Status der Krim abfinden will. Ein erster Höhepunkt war die Beschlagnahmung eines russischen Fischkutters durch die ukrainische Küstenwache im März 2018 im Asowschen Meer. Das Schiff wurde später von der Ukraine versteigert und die Besatzung sitzt in der Ukraine in Untersuchungshaft. Erst daraufhin begann auch Russland ukrainische Schiffe zu überprüfen und zeitweilig festzusetzen. Allerdings hat der russische Grenzschutz bisher die ukrainischen Schiffe – auch Kriegsschiffe – meist passieren lassen. Am Sonntag drangen jedoch erstmals modere ukrainische Patrouillenboote soweit in Richtung Krimbrücke vor. Russland hat auf diese Provokation reagiert und die ukrainischen Militärschiffe und deren Besatzungen festgesetzt.

Die Ukraine verstärkt derweil das Säbelrasseln. Der Botschafter der Ukraine in Berlin, Andrij Melnyk, fordert in der BILD-Zeitung Deutschland auf, Kriegsschiffe zu entsenden:

„Wir erwarten von unseren deutschen Partnern, dass Marineschiffe der EU und NATO in das Schwarze und Asowsche Meer schnellstens auf verstärkte Patrouillen entsandt werden, um solchen Kriegshandlungen Moskaus vorzubeugen.“, so Melnyk gegenüber Bild.de. Außerdem rief der Botschafter Deutschland zu neuen Sanktionen gegen Russland auf: „Wir fordern daher die Bundesregierung auf, ohne Verzögerung neue, viel schärfere Sanktionen gegen die russische Staatsführung und vor allem gegen das Militär einzuführen.“

Inzwischen ist die seit Sonntag gesperrte Straße von Kertsch, einer Meerenge zwischen der Krim und Russland, die das Schwarze Meer mit dem Asowschen Meer verbindet, wieder geöffnet worden.

Für Montagabend ist auf Antrag Russland eine Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrates in New York zu dem Thema angesetzt worden. Es ist allerdings zu erwarten, dass es hier zu keiner Beschlussfassung kommen wird, da die Ukraine und Russland, wie so oft in den letzten Jahren, die gegenseitigen Resolutionen blockieren könnten.

Inzwischen hat auch die Nato auf Bitten der Ukraine eine Sondersitzung der Nato-Ukraine-Kommission einberufen. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg hatte vor der Einberufung des Treffens mit Poroschenko telefoniert. Das Militärbündnis unterstütze uneingeschränkt die Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine, ließ er im Anschluss mitteilen.

Der russische Präsident Wladimir Putin trifft am Wochenende beim G20-Gipfel in Buenos Aires auf die Staatschefs der führenden zwanzig Weltwirtschaften. Auch ein Treffen mit US-Präsident Donald Trump ist geplant. Eine Eskalation im Ukraine-Konflikt wäre diplomatisch sicher nicht in russischem Interesse.

Für den ukrainischen Präsidenten Poroschenko ist dies hingegen eine gute Gelegenheit, international die Reihen zu schließen im Kampf gegen Russland. Auch innenpolitisch wäre ein Anheizen des Konfliktes mit Russland eine Gelegenheit für den schwächelnden Präsidenten, wieder seine Camouflage anzuziehen und sich als Kriegsherr zu inszenieren. Denn genau so ist er vor vier Jahren Präsident geworden. Allerdings hat er selbst damals im Bürgerkrieg im Donbass mit über 10.000 Toten nicht offiziell den Kriegszustand ausgerufen. Sollte dies nun angesichts von drei festgesetzten Schiffen und drei verletzten Matrosen geschehen, wäre dies mehr als erstaunlich. Poroschenko scheint nach jedem Strohhalm zu greifen und sich inzwischen der internationalen Unterstützung aus dem Westen sicher zu sein. Der Slogan seiner Wahlkampagne ist „Armee, Sprache, Glauben“."

Quelle: Sputnik (Deutschland)

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