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Deutsche Ökonomen fürchten kein Aufflammen der Euro-Krise

Archivmeldung vom 29.12.2014

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 29.12.2014 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
Bild: Thommy Weiss / pixelio.de
Bild: Thommy Weiss / pixelio.de

Deutsche Ökonomen sehen in einer möglichen Neuwahl in Griechenland und möglichen daraus folgenden Turbulenzen keine Gefahr für die gesamte Euro-Zone, selbst wenn Griechenland sich weiteren Reformen verweigern sollte. "Es könnte an den europäischen Märkten zu kleineren Erschütterungen kommen", sagte der Ökonom Peter Bofinger dem "Tagesspiegel".

Am Montag findet in Athen die dritte Abstimmung zur Wahl des Staatsoberhauptes statt. Sollte der Kandidat der Regierung erneut die nötige Mehrheit verpassen, verlangt die griechische Verfassung Neuwahlen. Dabei könnte die links-gerichtete Syriza, die gegen die Sparanstrengungen des Landes ist, eine Mehrheit erzielen.

Bundesbank-Chef ist optimistisch für 2015

Der Präsident der Deutschen Bundesbank, Jens Weidmann, ist für 2015 optimistisch. "Nach derzeitigem Stand und wenn der Ölpreis so niedrig bleibt, wird die Inflation noch niedriger als gedacht, das Wachstum aber besser", sagte er der F.A.S.. Vor diesem Hintergrund ist der Bundesbankpräsident sicher, dass Europa Käufe von Staatsanleihen – so wie von der Europäischen Zentralbank (EZB) angedacht – nicht braucht, um wieder zu wachsen.

"Europa geht es nicht so schlecht wie mancher glaubt", sagte er in der F.A.S.. Die Prognosen sagten vielmehr eine Erholung im Euroraum voraus. Dazu kommt das billige Öl, das wirke wie ein Konjunkturprogramm. "Uns wird ein Konjunkturprogramm geschenkt, wozu also noch geldpolitisch eins draufsetzen?", fragte Weidmann in der F.A.S.. Dass die Märkte schon lange auf Anleihekäufe drängen und sie erwarten, "sollte für unsere Entscheidungen im EZB-Rat am Ende nicht ausschlaggebend sein."

Weidmann warnte in deutlichen Worten vor den Plänen der EZB, Anleihen der Euro-Staaten in großem Umfang zu kaufen. "Für die Verluste aus diesen Käufen haften die Notenbanken im Euroraum gemeinsam – und damit am Ende die Steuerzahler", sagte Weidmann in der F.A.S.. "Mich irritiert, dass in der öffentlichen Debatte in letzter Zeit immer nur noch eine Frage im Raum steht: Wann kauft ihr denn endlich?"

Die Bundesregierung sieht er ebenfalls nicht auf dem richtigen Weg – und kritisierte insbesondere die Entscheidungen zur Rente mit 63. "Durch eine höhere Erwerbsbeteiligung auch älterer Jahrgänge lässt sich das Wachstumspotenzial verbessern. Nicht alle politischen Entscheidungen der jüngsten Zeit waren da hilfreich."

Den wachsenden Nationalismus in Deutschland beobachtet Weidmann mit Sorge und sieht ihn auch als Folge der Eurokrise. "Die Eurokrise hat sicherlich auch das Vertrauen in das Wirtschaftssystem erschüttert, die Schuldigen werden gesucht und schnell ausgemacht: entweder der Euro oder die Nachbarn."

Insofern hätten auch eurokritische Gruppierungen Auftrieb erhalten. "Damit müssen wir uns auseinandersetzen." Er warb dafür, nicht jegliche Kritik an europäischer Krisenlösung beiseite zu wischen, sondern vernünftige Politik zu machen und diese besser zu erklären.

Chef des Sachverständigenrats kritisiert EU-Investitionsprogramm

Der Vorsitzende des Sachverständigenrats, Christoph Schmidt, kritisiert das von der EU-Kommission vorangetriebene, mehrere Hundert Milliarden Euro schwere Investitionsprogramm zur Ankurbelung der europäischen Wirtschaft. Er sehe das Projekt des neuen Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker "skeptisch", sagte Schmidt der "Welt am Sonntag" (28. Dezember 2014): "Ich halte es für problematisch, wenn der Staat Projekte aussucht, die dann privat kofinanziert werden. Da besteht immer die Gefahr von Mitnahmeeffekten. Außerdem geht der Staat große Risiken ein, wenn er Privatinvestoren die Renditen garantiert."

Schmidt, der dem Sachverständigenrat seit 2009 angehört und seit 2013 Vorsitzender ist, hielte es für besser, "Investoren selbst lohnenswerte Projekte finden zu lassen, als das zentral politisch steuern zu wollen". Auch der Stoßrichtung der Bundesregierung kann der Ökonomieprofessor, der seit 2002 Präsident des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) in Essen ist, wenig abgewinnen. In Finanz- und Wirtschaftsministerium in Berlin arbeiten Fachleute derzeit an Konzepten, mit denen Privatinvestoren an der Finanzierung der Infrastruktur beteiligt werden können.

"Die Diskussion setzt an der falschen Stelle an", sagte Schmidt dazu. "Wir sollten uns zuerst fragen, warum der Staat nicht in die Infrastruktur investiert, obwohl die Mittel dafür da gewesen wären, und warum er stattdessen Milliarden ins Sozialsystem pumpt. Erst dann stellt sich vielleicht die Frage, ob Privatinvestoren beteiligt werden können." Im Übrigen würden öffentliche Investitionen "ja auch nicht automatisch dadurch besser, dass Privatfirmen mit an Bord sind. Oft können Kommunalparlamente am besten über lokal sinnvolle staatliche Investitionen entscheiden."

Sachverständigenrats-Chef Schmidt kritisiert EZB als voreilig

Der Vorsitzende des Sachverständigenrats, Christoph Schmidt, hält die Politik der Europäischen Zentralbank (EZB) für voreilig. "Wir sehen keinen Grund, jetzt auch noch Staatsanleihen aufzukaufen", sagte Schmidt der "Welt am Sonntag".

Die aktuelle Geldpolitik der Frankfurter Währungshüter sei "im Vergleich zu ihrem langfristigen Handeln weder besonders expansiv noch besonders zurückhaltend". Außerdem habe die Notenbank "bereits verschiedene Maßnahmen auf den Weg gebracht, wie den Aufkauf von Verbriefungen und neue günstige Refinanzierungsgeschäfte für die Banken". Es wird erwartet, dass die EZB in absehbarer Zeit damit beginnen wird, in großem Stil Staatsanleihen aufzukaufen, um deflationären Tendenzen in der Euro-Zone entgegenzuwirken.

Der 52-jährige Schmidt, der dem Sachverständigenrat seit 2009 angehört und seit 2013 Vorsitzender des Gremiums ist, verweist darauf, dass ein Rückgang des Preisniveau weder zu beobachten ist noch für die absehbare Zukunft vorhergesagt wird: "Das Risiko einer Deflation kann man nicht ganz ausschließen. Aber die Frage ist doch, ob die EZB präventiv gegen einen bislang nicht einmal prognostizierten Preisverfall ankämpfen muss. Dafür sehen wir keinen Anlass."

Schmidt, der seit 2002 Präsident des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) ist, plädiert für eine abwartende Haltung: "Die EZB könnte mit Staatsanleihen-Aufkäufen schnell auf eine Deflation reagieren, wenn es wirklich sein müsste."

Zugleich verweist der Ökonomieprofessor darauf, dass der Ankauf von "mit hohen Risiken verbunden" sei: "Je mehr sich die Notenbank engagiert und damit die Zinskosten für Staaten drückt, desto größer ist die Gefahr, dass Frankreich und Italien die nötigen Reformen wieder auf die lange Bank schieben."

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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