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Zeitung: Immer mehr Soldaten kehren Bundeswehr frühzeitig den Rücken

Archivmeldung vom 13.01.2014

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 13.01.2014 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
Bild: Gemen64 / pixelio.de
Bild: Gemen64 / pixelio.de

Immer mehr Soldaten kehren der Bundeswehr frühzeitig den Rücken. Das geht aus einer internen Statistik des Verteidigungsministeriums hervor, über die die "Bild-Zeitung" berichtet. Danach haben sich fast 6.000 Unteroffiziere und Offiziere auf 2.170 Vorruhestands-Stellen beworben, die in der Bundeswehrreform eingeplant sind. 2.000 Anträge mussten bislang abgelehnt werden, 1.700 wurden gebilligt, 1.900 sind noch nicht entschieden.

Da bereits überdurchschnittlich viele Offiziere in den Vorruhestand versetzt worden sind, sollen die restlichen Pensionsstellen jetzt ausschließlich an Unteroffiziere vergeben werden. Mit "Besorgnis" kommentierte der Bundesvorsitzende des Deutschen Bundeswehrverbandes, André Wüstner, den Abwanderungstrend in der Truppe. Es sei gut, dass die neue Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) die enorme Herausforderung annehmen und die Bundeswehr jetzt zu einem modernen, familienfreundlichen Arbeitgeber machen wolle. "Nur so kann sie die Bundeswehr ins Zeitalter der Freiwilligenarmee führen", sagte Wüstner der Zeitung.

Von der Leyen hat so gut wie keine Erfahrung mit Waffen

Die neue Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hat so gut wie keine Erfahrung mit Waffen. "Ich kann mich nur an ein Bürgerschießen meines Ortsrates in meiner niedersächsischen Heimat erinnern. Ich glaube nicht, dass ich besonders gut war", sagte von der Leyen der "Bild am Sonntag".

Die CDU-Politikerin äußerte zudem Verständnis dafür, dass ihre Berufung zur Verteidigungsministerin bei den Bürgern mitunter auf Skepsis stößt. "Das kann ich verstehen, denn viele haben noch das Bild der Familien- und der Arbeitsministerin vor sich. Den Skeptikern sage ich: Jetzt lasst mich mal machen, dann könnt ihr euer Urteil überprüfen." Gute Resonanz bekomme sie aus der Truppe, so von der Leyen. "Die Soldaten reagieren übrigens offen und unkompliziert auf mich. Sie sagen im Gespräch sehr direkt, was sie bewegt."

Nach ihrer eigenen Einschätzung verbindet von der Leyen das Thema Disziplin mit der Bundeswehr: "Disziplin bedeutet auch, für andere verlässlich da zu sein und nicht nur, wenn man Lust dazu hat. Das zeichnet auch das Soldatsein aus." Sie selbst sei nicht ihr gesamtes Leben so diszipliniert gewesen, beispielsweise im Studium. Allerdings hätten ihre sieben Kinder "ganz viel Ordnung" in ihr Leben gebracht, so die Verteidigungsministerin. "Man hört irgendwann automatisch auf, die Nächte durchzufeiern, wenn man weiß: Morgen früh um sechs Uhr stehen die Kinder vor dem Bett", so von der Leyen.

Verteidigungsministerin will Bundeswehr familienfreundlich machen

Die neue Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) will mit tiefgreifenden Reformen die Bundeswehr zu einem familienfreundlichen Unternehmen umbauen. "Mein Ziel ist es, die Bundeswehr zu einem der attraktivsten Arbeitgeber in Deutschland zu machen. Das wichtigste Thema ist dabei die Vereinbarkeit von Dienst und Familie" sagte von der Leyen "Bild am Sonntag".

Die Truppe müsse "Dienst- und Familienzeiten besser aufeinander abstimmen". Denn: "Unsere Soldatinnen und Soldaten lieben ihren Beruf, aber sie möchten auch, dass ihre Ehen halten und sie ein glückliches Familienleben führen." Künftig sollen Soldaten nach dem Willen der Ministerin ganz selbstverständlich Teilzeit und Elternzeit nutzen können: "Wer etwa in der Familienphase die Option einer Drei- oder Viertagewoche nutzt, muss weiter Karriereperspektiven haben. Ich denke auch an Lebensarbeitszeitkonten, auf die Überstunden eingezahlt werden und von denen Freizeiten abgehoben werden können, sei es für die Betreuung von kleinen Kindern oder alter Eltern. Wie wollen wir im Wettbewerb um die besten Köpfe mit den vielen zivilen Arbeitgebern bestehen, wenn Teilzeit und Elternzeit nicht selbstverständlich in der Bundeswehr werden?"

Auch die ständigen Versetzungen der Soldaten will Ursula von der Leyen auf das Notwendige begrenzen: "Karriere bei der Bundeswehr darf im Regelfall nicht bedeuten: immer im Dienst und alle paar Jahre ein Umzug." Da die Lebenspartner der Soldaten häufig selbst berufstätig seien, trügen Versetzungen große Spannungen in die Familien.

Die Ministerin kündigte an: "Ich werde mir das System der nahezu automatischen Versetzungen alle zwei bis drei Jahre genau ansehen. Wenn jemand eine steile Karriere macht, dann geht das auch in großen Wirtschaftskonzernen nicht ohne häufige Positions- und Ortswechsel. Aber die Frage ist, ob dies für die große Mehrheit der Soldatinnen und Soldaten immer sinnvoll ist. Das müssen wir überprüfen."

Als erste Maßnahme plant von der Leyen den Ausbau der Kinderbetreuung in den Kasernen. "Wir brauchen ein flexibles System der Kinderbetreuung rund um die Bundeswehr", so die Ministerin. Ihr Vorschlag: "Wir sollten gerade für die Betreuung in Randzeiten sehr viel stärker mit Tagesmüttern arbeiten. Denn das ist eine besonders flexible Form der Kinderbetreuung und wir haben den großen Vorteil, dass es in vielen Kasernen den Platz dafür gibt. Das gehört zu den ersten Punkten, die ich angehen will."

Von der Leyen will "bessere Fehlerkultur" bei Rüstungsprojekten

Um die Probleme bei Rüstungsprojekten in den Griff zu bekommen, will die neue Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) einen neuen Umgang mit Fehlern bei der Bundeswehr etablieren: "Ich möchte eine bessere Fehlerkultur einführen. Wir dürfen die Industrie zwar nicht aus der Haftung lassen, aber es muss in Ordnung sein, dass die am Projekt Beteiligten Fehler frühzeitig melden, wir daraus Konsequenzen ziehen, aber die Fehlermeldung für den Einzelnen nicht gleich empfindliche Strafen auslöst", sagte von der Leyen der "Bild am Sonntag". "Im Vordergrund muss stehen: Wie stellen wir das ab, was lernen wir für die Zukunft, aber die Ausrüstung muss gut sein."

Ebenfalls will die Ministerin den Bundestag künftig häufiger und frühzeitiger über Rüstungsprojekte informieren: "Dass bei Großprojekten, die über 15 oder 20 Jahre laufen, immer mal Fehler passieren, ist klar und in der zivilen Wirtschaft auch nicht anders. Deshalb müssen wir dem Parlament regelmäßiger berichten und Probleme von Beginn an schonungslos aufklären."

SPD-Verteidigungsexperte fordert Korrektur bei Teilen der Bundeswehr-Reform

Der SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold hat Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) dazu aufgerufen, "über das Denken in Überschriften hinaus zu gehen und auch die Fehlentwicklungen der vom Vorgänger Thomas de Maizière eingeleiteten großen Bundeswehr-Reform in Teilen zu korrigieren". "Es ist bekannt, dass die Ministerin sehr schnell Überschriften setzt. Es wäre klüger gewesen, die Dinge erst zu operationalisieren", sagte Arnold mit Blick auf die Idee von von der Leyen, die Bundeswehr familienfreundlicher zu machen. Grundsätzlich unterstütze die SPD aber die Abkehr vom Denken des früheren Verteidigungsministers de Maizière, "der die Soldaten in erster Linie als Soldaten, als Beamte betrachtet und der nur das Dienen im Auge gehabt" habe, so Arnold im Gespräch mit der "Leipziger Volkszeitung" weiter.

Als größte Fehlentwicklung der von de Maizière zu verantwortenden Bundeswehr-Reform, die einer Entwicklung der Bundeswehr zum propagierten Familienunternehmen entgegenstünde, nannte Arnold "teils unsinnige und unwirtschaftliche Standortentscheidungen, die mehr Geld kosten, statt Einsparungen zu bringen" und durch eine falsche Schwerpunktsetzung einen "Mangel an Soldaten an den richtigen Stellen im Inland". Dies führe zu einer teils unerträglichen Arbeitszeitbelastung "von durchschnittlich 48 Stunden in der Woche", kritisierte Arnold.

Wehrbeauftragter begrüßt von der Leyens Initiative

Der Wehrbeauftragte des Bundestages, Hellmut Königshaus, hat die Pläne von Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) für eine verbesserte Attraktivität der Bundeswehr ausdrücklich begrüßt. "Attraktivität, dazu gehört auch Familienfreundlichkeit, ist ein entscheidender Baustein der Neuausrichtung der Bundeswehr", sagte er dem "Handelsblatt".

Gerade weil der Dienst in der Bundeswehr immer auch von persönlichen Härten geprägt sein werde, müsse das Möglichste getan werden, um das Arbeitsumfeld familienfreundlich zu gestalten. Der FDP-Politiker lobte auch, dass von der Leyen die Probleme der vielen Wochenendpendler in der Bundeswehr angehen wolle. "Pendeln als Dauerzustand führt zu familiären und dienstlichen Problemen, die viele Soldatinnen und Soldaten in ihren Eingaben vortragen", sagte er. Auch müssten Teilzeitmodelle gefördert werden, dies sei "zukunftsweisend". Die Bundeswehr könne bei flexiblen Arbeitszeiten auch in den Führungsebenen sogar "Vorbild für die zivile Wirtschaft sein", sagte Königshaus, dessen Mandat noch bis Mai 2015 läuft.

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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