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Gröhe: Merkel müsse sich trotz Krise "nicht neu erfinden"

Archivmeldung vom 03.07.2010

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 03.07.2010 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Hermann Gröhe Bild: Laurence Chaperon
Hermann Gröhe Bild: Laurence Chaperon

CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe sieht keine Veranlassung für die Parteivorsitzende und Bundeskanzlerin, sich angesichts der Turbulenzen in der Koalition und der zurückliegenden Bundespräsidentenwahl sich "neu erfinden" zu müssen. Jeder müsse "authentisch" bleiben und auf die eigenen Stärken setzen, so Gröhe in einem Video-Interview mit der "Leipziger Volkszeitung" (www.lvz-online.de ). Als Merkels Stärken nannte Gröhe, trotz der Koalitionskrise, "Verlässlichkeit, Kompass, erklären können".

Mit Blick auf die Arbeit in der Koalition schränkte Gröhe allerdings ein: "Eine bürgerliche Regierung wird dann nicht der Erwartung gerecht, wenn ,Gurkentruppe', ,Wildsau' und andere Töne die Sachdebatte überlagern. Das ist doch das eigentlich Ärgerliche, dass wir in diesen Tagen sensationelle Zahlen am Arbeitsmarkt haben, eine Wirtschaftspolitik haben, eine Arbeitsmarktpolitik haben, die zeigt, es geht voran." Andere Länder hätten eine explosionsartige Zunahme der Arbeitslosigkeit. "Bei uns nimmt sie ab. Und dass wir es dann schaffen, dass über Nickeligkeiten unter den handelnden Personen geredet wird und nicht darüber, dass wir die Arbeitslosigkeit in einer Weise zurückdrängen, wie das uns keiner vor Beginn der Wirtschaft, im Beginn der Wirtschaftskrise zugetraut hätte." Deshalb verstehe die Kanzlerin und CDU-Vorsitzende natürlich "den Unmut, wenn eine bürgerliche Koalition nicht auch bürgerliche Umgangsformen zeitigt".

Gröhe bestritt, dass die Union zufrieden damit sei, dass der Regierungspartner FDP von 14,6 auf knapp fünf Prozent in der Wählergunst abgesunken sei. "Eine Koalition lebt davon, dass Partner sich wechselseitig Erfolg gönnen. Wir sind im Augenblick alle nicht in der Verfassung, dass wir kraftstrotzend sagen, die christlich-liberale Mehrheit steht. Also wünsche ich mir, dass die CDU zunimmt, die CSU zunimmt und der FDP gönne ich auch das Wachstum."

Angesichts wachsenden Unmuts in der Union über mangelndes Profil und fehlende klare Kanten in der Programmatik meinte Gröhe, er freue sich über jedes Parteimitglied, das offen für seine Überzeugung in der Union kämpfe. Dies gelte auch für den Kreis der sich als konservative Modernisierer verstehenden Unionspolitiker aus den Ländern. Aber das Parteiprogramm und Diskussionsprozesse könne man nur weiterentwickeln, "wenn wir nicht nur die Überschriften bieten", mahnte Gröhe. "Also Flügelzucken nein. Einschlafen auf keinen Fall. Aber eine Volkspartei lebt davon, dass sie immer die Balance hält zwischen ausreichender Integrationskraft." Das habe mit starken Sozialausschüssen, wirtschaftspolitisch Engagierten, mit Wertkonservativen zu tun. "Und gleichzeitig braucht sie ein erkennbares Profil. Und das muss immer wieder in Diskussionsprozessen neu austariert werden."

Zu den offenen Führungspositionen in der CDU-Spitze nach dem Weggang von Christian Wulff, Roland Koch und Jürgen Rüttgers kündigte der CDU-Generalsekretär an, dass die Zusammensetzung der satzungsmäßig vorgesehenen vier stellvertretenden CDU-Bundesvorsitzenden eine Möglichkeit eröffne, "in einer sehr stark föderal aus den Landesverbänden heraus lebenden Partei, Landesverbände, aber damit indirekt auch immer persönliche Charaktere und politische Strömungen in einer die Mannschaft widerspiegelnden Form zum Ausdruck zu bringen." So habe es in Hessen mit der Wahl von Volker Bouffier zum CDU-Vorsitzenden bereits eine Entscheidung über die Landespartei gegeben, ohne dass man Bouffier für den Vize-Chefposten in der CDU bereits als "gesetzt" bezeichnen könne. In Niedersachsen habe David McAllister auch als Ministerpräsident die Nachfolge von Christian Wulff angetreten. Dabei sei aber noch "nicht entschieden, ob nicht David McAllister sagt, Ursula von der Leyen, die dem Präsidium der Partei angehört, könnte auch stellvertretende Vorsitzende werden". All das müssten die Landesverbände zunächst für sich entscheiden. "Aber allein die Tatsache, dass Niedersachsen schon zwei in jeder Hinsicht geeignete Kandidaturen hätte, macht jedenfalls deutlich, wir werden keine Mühe haben, vier starke Stellvertreterinnen und Stellvertreter zu bekommen."

Mit Blick auf den als Vize-Kandidaten genannten sächsischen Ministerpräsidenten und CDU-Landesvorsitzenden Stanislaw Tillich erklärte Gröhe: "Er hat die Entscheidung bekanntgegeben, dass er dafür nicht zur Verfügung steht. Vielleicht überlegt er es sich, weil ihn andere jetzt noch mal aufgefordert haben." Es sei darüber hinaus auch klar, dass das große Bundesland Nordrhein-Westfalen auch weiterhin den Anspruch anmelden werde, einen Kandidaten vorzuschlagen. Auch dafür gelte, dass noch keiner der genannten Kandidaten, beispielsweise Armin Laschet oder Norbert Röttgen "gesetzt" sei.

Diese Namensvielfalt bei den Kandidaten zeige aber: "Das ist eine Partei, die über viele große und starke Talente verfügt." Die Landesverbände würden nominieren. "Und der Bundesverband begleitet natürlich diesen Prozess, weil wir ja auch eine Mannschaft bilden wollen, bilden müssen. Aber das machen wir nicht, indem wir uns öffentlich Dinge zurufen, sondern indem wir im Gespräch sind. Das sind wir und auch auf gutem Weg. Und seien Sie sicher, in Karlsruhe wird im November eine starke Mannschaft präsentiert", versicherte Gröhe. 

Merkel als ideale Mannschafts-Trainerin

Die schwarz-gelbe Koalition im Bund sollte sich, nach Meinung von CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe, bei ihrer weiteren Arbeit ein Beispiel am Konzept von Nationaltrainer Jogi Löw nehmen. Im Video-Interview sagte Gröhe: "Die Mannschaft von Jogi Löw, die macht uns vor allen Dingen vor, dass Mannschaftsgeist zählt." Sicher könne Politik nicht immer so unterhaltsam sein, wie ein schönes Fußballspiel. Aber beim Fußball könne man sehen, was passiere, wenn es "Stars gibt, die nur selber an den eigenen Treffer denken und die Mannschaft dann außen vor lassen - und die dann eben häufig merken: Dann scheiterst du im Abwehrdickicht der anderen. Man muss lernen, auch mal zu passen, auch mal dem anderen ein Tor zu gönnen. So glaube ich, es gehört zu einer Koalition eben auch, auch dem andern mal ein Tor gönnen, auch mal zuspielen, mal wirklich Mannschaft zu sein. Und da gibt es Verbesserungspotenziale", sagte Gröhe unter Hinweis auf den Koalitionsalltag. Aber das habe ja Jogi Löw auch nicht vom ersten Tag an seiner Mannschaft "befohlen", meinte der CDU-Generalsekretär in Anspielung auf die Trainer-Arbeit von Angela Merkel. "Das kann man letztlich gar nicht befehlen, schon gar nicht in der Politik. Mannschaftsgeist will da aus Einsicht wachsen."

Dabei sei klar, dass gerade ein Mannschaftsspiel, das auch Rücksicht auf den anderen nehme, "dem Führungsstil von Angela Merkel entspricht". Mit einem Basta-Stil, wie ihn Gerhard Schröder im rot-grünen Bündnis gepflegt habe, gehe es in einer Koalition nicht voran, damit ruiniere man nur die eigene Partei, meinte Gröhe. "Zu einem Mannschaftsspiel gehört die Kombination von Sagen, was man will und gleichzeitig dafür werben, dass andere diesen Weg mitgehen, mithin auf die Argumente setzen und nicht so zu tun, als reiche ein Auf-den-Tisch-hauen Und das empfinde ich, ist gerade ein moderner zeitgemäßer Führungsstil bei Angela Merkel."

Quelle: Leipziger Volkszeitung

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