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Steuerreform: Nur Strohhalme für Firmen

Archivmeldung vom 09.07.2009

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 09.07.2009 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Statt die deutsche Wirtschaft, wie angekündigt, mit 5 Milliarden Euro zu entlasten, bedroht die Unternehmenssteuerreform aus dem Jahre 2008 jetzt Hunderttausende von Betriebe in ihrer Substanz.

Das belegt eine aktuelle Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) aus Berlin.

Zur Gegenfinanzierung der Steuersenkungen für Unternehmen im vergangenen Jahr hatte der Gesetzgeber beschlossen, dass erstens: Teile von Kosten wie Zinsaufwendungen, Mieten oder Leasing-Raten der Bemessungsgrundlage hinzuzurechnen sind (Gewerbesteuerliche Hinzurechnung), zweitens: Verlustvorträge bei Kapitalgesellschaften wegfallen, wenn wesentliche Anteile veräußert werden (Mantelkaufregelung), und dass drittens: Zinsaufwendungen bei konzernangehörigen Unternehmen nur in Höhe von 30 Prozent des Ergebnisses vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen absetzbar sind (Zinsschranke).

Wie empfindlich dies die Betriebe gerade in der Krise trifft, verdeutlicht die DIHK-Umfrage zu den Auswirkungen der Unternehmensteuerreform. Rund 148.000 Unternehmen sind demnach allein von der geänderten Gewerbesteuer betroffen, müssen also die Besteuerung von Kosten wie Mieten und Zinsen verkraften; in der Spitze sogar bis zum 12,6-Fachen des Gewinns. Einige Unternehmen müssen selbst dann Gewinn-Steuern zahlen, wenn sie keinen Gewinn erwirtschaften oder sogar einen Verlust erleiden. Dann müssen sie die Steuern aus dem ohnehin schon geschmälerten Eigenkapital aufbringen. Hier muss daher vonseiten der Politik unbedingt nachgebessert werden. Wenigstens müssen die Hinzurechnungsanteile von Immobilienmieten von jetzt 65 Prozent auf ein realistisches Maß von 25 Prozent gesenkt werden.

Das Konstrukt verstoße zudem "gegen den Grundsatz, dass Unternehmen mit höheren Gewinnen auch mehr Steuern zahlen als solche mit geringerer Leistungsfähigkeit", bemängelte Rechtsanwalt Alfons Kühn, Bereichsleiter Finanzen, Steuern beim DIHK, gegenüber der "Wirtschaftswoche".

Mantelkaufregelung schießt übers Ziel hinaus

Auch mit der Mantelkaufregelung, dem Wegfall von Verlustvorträgen beim Anteilseignerwechsel, habe der Gesetzgeber weit über sein Ziel hinausgeschossen, so der Steuerexperte. Während eigentlich nur der Handel mit leeren GmbH-Mänteln, die über Verlustvorträge verfügen, unterbunden werden sollte, sind der DIHK-Umfrage zufolge in der Praxis überwiegend aktive Firmen betroffen. Der Erwerber soll nun den Verlustvortrag fortführen dürfen, wenn er eine Betriebsvereinbarung zum Arbeitsplatzerhalt einhält oder die nächsten fünf Jahre wenigstens 80 Prozent des durchschnittlichen Lohnes weiterzahlt. Der Verlustvortrag bleibt auch erhalten, wenn der neue Eigner neues Kapital in Höhe von 25 Prozent der Bilanzsumme zuführt. Im Detail ist diese Regelung aber sehr bürokratisch und führt gerade bei der Frage, wann ein Sanierungserwerb vorliegt, zu Rechtsunsicherheiten.

Die steuerliche Gleichbehandlung von Personen- und Kapitalgesellschaften funktioniert ebenfalls nicht wie geplant. Die Erhebung zeigt, dass lediglich jedes vierte Personenunternehmen die "Thesaurierungsregel" nutzt. Diese Regel besagt, dass Unternehmen, die ihre Gewinne nicht ausschütten, nur einen ermäßigten Einkommensteuersatz von 28,25 Prozent zahlen müssen – statt in der Spitze 45 Prozent. Kühn fordert deshalb, das Einbehalten von Gewinnen noch attraktiver zu machen.

Kritisch sieht der DIHK auch die Neuregelung zur Abschreibung von Kleinstinvestitionen. Das Absenken der Grenze für geringwertige Wirtschaftsgüter von 410 auf 150 Euro beschere zwei Dritteln der Unternehmen längere Abschreibungszeiten. Kühn: „Das verringert ihre Liquidität.“

Mehr Netto für die Bürger – aber nur Strohhalme für die Unternehmen

Am 10. Juli 2009 wird der Bundesrat über das "Bürgerentlastungsgesetz Krankenversicherung" (BürgEntlG) abstimmen, mit dem Krankenversicherungsbeiträge steuerlich voll abzugsfähig werden. So lautete der Auftrag des Bundesverfassungsgerichts. Bei der Gelegenheit werden – krisenbedingt – auch marginale Steuererleichterungen für Unternehmen beschlossen.

Beiträge zur Krankversicherung absetzbar

Die volle steuerliche Absetzbarkeit der Krankenversicherungsbeiträge ist richtig. Sie zählen nicht zum verfügbaren Einkommen der Bürger und dürfen deshalb nicht besteuert werden. Die jährliche Entlastung beträgt ab 2010 zirka 9 Milliarden Euro. Leider müssen die Unternehmen nun beim Lohnsteuerabzug den individuellen Krankenversicherungsbeitrag für privat Versicherte berücksichtigen, ein bürokratischer Mehraufwand im Vergleich zur bisherigen pauschalen Regelung. Schlimmeres konnte hierbei indes verhindert werden, da die nicht absetzbaren Bestandteile des Krankenversicherungs-Beitrages wie zum Beispiel für Chefarztbehandlungen nicht einzeln errechnet werden müssen, sondern anhand fester Prozentzahlen festgelegt sind.

Zinsschranke – die Großen bleiben gefangen

Die Anhebung der Freigrenze bei der Zinsschranke von 1 Mio. auf 3 Mio. Euro Zinssaldo jährlich hilft kleinen und mittleren Unternehmen und entlässt diese aus der Zinsschranke. Größere Unternehmen müssen jedoch auch hier weiter Steuern auf Kosten zahlen.

Liquidität für Kleinbetriebe

Kleinbetriebe werden von der Ausweitung der sogenannten Ist-Versteuerung auf 500.000 Euro Jahresumsatz profitieren. Unternehmen bis zu dieser Größe müssen die Umsatzsteuer erst dann an das Finanzamt abführen, wenn die Rechnung vom Kunden bezahlt wird. Dies verschafft den Unternehmen etwas Luft bei ihrer Liquidität und ist deshalb in der Krise der richtige Schritt. Leider läuft diese Regelung zum Ende des Jahres 2011 wieder aus.

Fazit des DIHK

Das Bürgerentlastungsgesetz Krankenversicherung führt zwar zu erheblichen Entlastungen bei der Einkommensteuer. Umgekehrt greifen die Entschärfungen bei der Unternehmensteuerreform 2008 zu kurz, sie sind auch nur bis Ende 2009 befristet, und der Gesetzgeber hat an Bürokratie nicht gespart.

Quelle: GoMoPa (www.gomopa.net / Siegfried Siewert)

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