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Andreae lehnt Rentenplan als "faulen Kompromiss" ab

Archivmeldung vom 05.05.2014

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 05.05.2014 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
Kerstin Andreae (2011)
Kerstin Andreae (2011)

Foto: File Upload Bot (Magnus Manske)
Lizenz: CC-BY-SA-2.0
Die Originaldatei ist hier zu finden.

Die Grünen lehnen das Rentenpaket der Großen Koalition ab. Vor der öffentlichen Anhörung im Bundestagsausschuss für Arbeit und Soziales an diesem Montag nannte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen, Kerstin Andreae, in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" die Rentenpläne einen "höchst faulen Kompromiss".

Die Union bekomme ihre Mütterrente aus Beitragsmitteln und könne den Steuerzahler schonen, dafür dürfe die SPD ihre Klientel mit der Rente ab 63 beglücken, sagte sie. "Union und SPD scheren sich nicht um Generationengerechtigkeit. Beide sind zufrieden, wenn sie ihren Teil der Beute nach Hause tragen können." Dabei sei die Kritik aus den Reihen der Union an der Rente mit 63 überdeutlich: hinter vorgehaltener Hand werde die Regelung als ungerecht, ja widersinnig bezeichnet.

Die SPD wiederum schlage die Hände über dem Kopf zusammen "angesichts der Plünderung der Rentenkasse zur Finanzierung der Mütterrente", mache aber dennoch "munter weiter mit beim Ausverkauf der Rücklagen der Beitragszahler". Union und SPD wüssten genau, was sie täten, kritisiert Andreae und spricht von einem "erschreckenden Politikversagen der Großen Koalition".

Sozialbeiratschef Wagner fürchtet keine Frühverrentungswelle

Der Vorsitzende des Sozialbeirats, Gert Wagner, rechnet nicht mit einer Frührentenwelle durch die geplante Rente mit 63. "Dort, wo wirklich Fachkräftemangel herrscht, werden sich die Firmen erfolgreich bemühen, qualifizierten älteren Beschäftigten so gute Bedingungen zu bieten, dass sie nicht in Rente gehen wollen", sagte der DIW-Ökonom dem "Handelsblatt".

"Diese betrieblichen Strategien werden auch mittel- und langfristig günstige Wirkungen entfalten, wenn die Erwerbsbevölkerung altert", betonte Wagner. Dies schließe allerdings nicht aus, dass es auch einzelne Firmen gibt, "die Anspruchsberechtigte davon überzeugen wollen, dass es für sie besser ist, in Rente zu gehen".

Die Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände (BDA) geißelt dagegen in einer Stellungnahme die Rente mit 63 als ein unzulässiges Rentenprivileg für einzelne Jahrgänge. Der Frührentner, der keine Abschläge hinnehmen müsse, zahle fünf Prozent weniger in die Rentenkasse ein, kriege aber zehn Prozent mehr raus. Die Unternehmen dürften daher Mühe haben, qualifizierte Mitarbeiter bis zur Regelaltersgrenze im Job halten zu können. Am Montag findet eine öffentliche Anhörung zu den Rentenplänen von Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) statt.

Forschungsinstitute kritisieren Ungleichheit im Rentensystem

Eine bislang unveröffentlichte Studie des unabhängigen Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung erteilt dem deutschen Rentensystem schlechte Noten. Die demografische Entwicklung führe dazu, dass künftige Erwerbsgenerationen "nicht nur mehr in die Rentenkassen einzahlen und länger arbeiten müssen, sie werden sich auch mit bescheideneren Renten abfinden müssen", heißt es laut "Spiegel" in der Studie.

Ungleichheit entstehe im deutschen System schon dadurch, dass zwar die jeweilige Generation aller Erwerbstätigen per Umlagesystem die Renten finanziert. Dagegen bleiben aber "die Kosten für Kindererziehung und -betreuung nach wie vor weitgehend an den Familien hängen", wie das Institut feststellt. Das Armutsrisiko sei denn auch "in den jüngeren Altersgruppen deutlich höher als in den älteren".

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) konstatiert ebenfalls eine wachsende Ungleichheit. "Die Unterschiede sind auch in Deutschland groß geworden", sagte DIW-Präsident Marcel Fratzscher dem "Spiegel". Die soziale Mobilität sei in Deutschland inzwischen fast genauso gering wie in den USA. "Wer also einmal in einem bestimmten Bildungs- und Einkommensmilieu feststeckt, kommt da nicht mehr raus."

Kaum eine westliche Industrienation bekennt sich derart klar zum Prinzip der sozialen Marktwirtschaft wie die Bundesrepublik Deutschland – und nur wenige verteilen so stark um. "Dass wir trotzdem eine so starke Ungleichheit bei den Vermögen haben, entspricht überhaupt nicht unserer Selbstwahrnehmung", sagte Fratzscher.

Sozialexperten halten Rentenreform für ungerecht

Nach Ansicht von Sozialexperten ist die geplante Rentenreform ungerecht. So urteilt die Deutsche Rentenversicherung, die abschlagsfreie Rente mit 63 sei "keinesfalls geschlechtsneutral", berichtet der "Spiegel". Begünstigt würden demnach vor allem Männer und Versicherte mit "relativ hohen Rentenansprüchen".

Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund beklagt Nachteile für "typische Frauenberufe". Während Lehrjahre in Industrie oder Handwerk bei der Berechnung der 45 Beitragsjahre voll mitgezählt würden, gelte das nicht für Fachschuljahre von Krankenschwestern oder Erzieherinnen. Der Sozialverband Deutschland wiederum urteilt, viele Schwerbehinderte empfänden die Rente mit 63 als "ungerecht", da für sie "keine entsprechenden Erleichterungen" bei der Altersgrenze geschaffen würden.

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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