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Preis für Ken Jebsen – Proteste und Streits für die Linke

Archivmeldung vom 15.12.2017

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 15.12.2017 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Ken Jebsen
Ken Jebsen

Bild: (CC BY-SA 2.0) by  opposition24.de

Der „Kölner Karls-Preis für engagierte Literatur und Publizistik“ wurde in diesem Jahr an den umstrittenen Journalisten Ken Jebsen verliehen. Bereits zuvor war das auf scharfe Kritik, aber auch auf Zustimmung getroffen. Am Abend der Veranstaltung gab es gleich zwei Demonstrationen. Das ging auch an Jebsen selbst nicht spurlos vorbei.

Marcel Joppa schreibt hierzu in seinem Bericht in der deutschen Ausgabe des russischen online Magazins "Sputnik": "Selten hat eine kulturelle Veranstaltung in jüngster Zeit auch politisch so hohe Wellen geschlagen: Der Kölner Karlspreis wird jährlich von der „Neuen Rheinischen Zeitung“ (NRhZ) verliehen, einem Onlineportal für unabhängige Nachrichten. Als die Veranstalter sich das Berliner Kino Babylon als Austragungsort aussuchten, gab es zunächst von Seiten des Kinobetreibers keine Probleme. Am 13. November veröffentlichte dann aber der Berliner Kultursenator und Linke-Politiker Klaus Lederer auf seinem Facebook-Profil folgenden Aufruf:

"Wie ich heute erfahren habe, soll im Dezember im Kino Babylon die Verleihung eines Preises für „engagierte Literatur und Publizistik“ an Ken Jebsen stattfinden. Der Preisträger und mehrere an dieser Veranstaltung Beteiligte sind in der Vergangenheit durch offenen, abgründigen Israelhass, die Verbreitung typisch antisemitischer Denkmuster und kruder Verschwörungstheorien in Erscheinung getreten. So die Band „Die Bandbreite“, die mit ihren vor Rechtsesoterik triefenden Texten bis tief in rechtsradikale Milieus wirkt, dort auch aufgetreten ist und sich des Beifalls von NPD bis Jürgen Elsässer versichern konnte.
Ich bin entsetzt, dass ein Kulturort in Berlin diesem Jahrmarkt der Verschwörungsgläubigen und Aluhüte eine Bühne bietet. Vom Geschäftsführer des Kinos Babylon würde ich mir angesichts dessen die Courage wünschen, zu sagen: Als Plattform für diesen Wahnsinn stehen wir nicht zur Verfügung."

Da das Kino Babylon aus öffentlichen Kassen finanziert wird, kam der Betreiber der Aufforderung des linken Senators zunächst nach. Die Neue Rheinische Zeitung ließ das nicht auf sich sitzen und klagte gegen diese Entscheidung. Das Amtsgericht Berlin Mitte gab den Veranstaltern schließlich Recht. Es verwies darauf, dass Anfechtungsfristen nicht eingehalten wurden, obwohl dem Babylon schon bekannt war, wer bei der Veranstaltung auftreten würde.

Auch Linke-Politiker aus den eigenen Reihen kritisierten den Einmischungsversuch Lederers, so unter anderem der Bundestagsabgeordnete Dieter Dehm und das linke Urgestein Wolfgang Gehrcke. Der Streit spitzte sich zu, bis sich der Bundesvorstand der Partei genötigt fühlte, eine öffentliche Erklärung abzugeben, über die man vorher im kleinen Kreise abgestimmt hatte.

Einstimmig war dieser Beschluss aber nicht, er wurde mit 18 Ja-Stimmen, sieben Nein-Stimmen und fünf Enthaltungen gefällt. Ein eher unglückliches Zeichen, dass mehr Zerrissenheit als Einigkeit signalisiert. Laut Wolfgang Gehrcke eine überflüssige Aktion:

„Die Neue Rheinische Zeitung wollte einen Preis vergeben, dann sollten sie es tun. Wenn mein Kollege Klaus Lederer formuliert hatte, warum er es nicht will, dann muss man Vorwürfe auch belegen. Wir sind im Geiste Rosa Luxemburgs immer für Meinungsfreiheit und nicht dagegen.“

Am Abend der eigentlichen Veranstaltung gab es dann vor dem Kino Babylon eine große Demonstration für „Demokratie und Meinungsfreiheit“. Wolfgang Gehrcke war einer der dortigen Redner. Trotz strömendem Regen und Gegenwind aus der eigenen Partei war dieser Auftritt dem ehemaligen Bundestagsabgeordneten wichtig.

„Deutschland hat ein fantastisches Grundgesetz. Dieses Grundgesetzt verpflichtet alle zu Toleranz und Meinungsfreiheit. Und ich habe mich sehr über die Entscheidung des Kultursenators geärgert, Druck auf das Babylon auszuüben. Das hat ein Gericht später korrigiert. Und dieses Bild nun auch in den Köpfen der Menschen zu korrigieren, das war mir wichtig."

Unweit der Kundgebung, die ein paar Hundert Besucher verfolgten, versammelte sich eine zweite Demonstration. Direkt vor der Bundesgeschäftsstelle der Linkspartei, dem Karl-Liebknecht-Haus, protestierten rund 50 Personen gegen die Preisverleihung. Ihre Argumente: Ken Jebsen bilde eine Querfront durch die Gesellschaft, er verbreite antisemitische Thesen und schare Verschwörungstheoretiker um sich.

Wie wenig das Kino Babylon für den Kölner Karlspreis übrig hat, zeigte sich dann im weiteren Verlauf des Abends. Bild- und Tonaufnahmen wurden von dem Kinobetreiber verboten. Noch vor Beginn der eigentlichen Preisverleihung trat der Geschäftsführer des Kinos, Timothy Grossman, vor das Publikum und verlas eine persönliche Stellungnahme. Er distanzierte sich darin ausdrücklich von der Veranstaltung sowie vom Preisträger. Grossman endete mit dem Satz:

"Jeder darf seine Meinung frei äußern. Aber nicht hier im Babylon."

Dafür gab es zahlreiche Pfiffe und Buh-Rufe aus dem Kinosaal. Die Veranstaltung selbst begann dann mit einem weiteren Dämpfer: Der eigentliche Preisträger Ken Jebsen hatte seine Teilnahme kurzfristig abgesagt. Laut Organisatoren habe ihm der Wirbel um seine Person und die politischen Querelen auch gesundheitlich zugesetzt, von einem Hörsturz war die Rede. Doch Jebsen ließ verkünden, dass er den gewonnen Karlspreis allen Anwesenden stifte, die sich durch ihren Besuch der Preisverleihung für engagierten und alternativen Journalismus einsetzten.

Anneliese Fikentscher, Mitorganisatorin der Neuen Rheinischen Zeitung, wollte genau das mit dem Kölner Karlspreis herausstellen:

„Wir zeichnen die Leute aus, die sich trauen, was niemand mehr wagt. Da ist Ken Jebsen ein glänzendes Beispiel. Der erste Preisträger vor fünf Jahren war der Publizist Werner Rügemer, der weithin bekannt für seine kritischen Analysen ist. Der dritte Karlspreisträger war Rolf Gössner, Vorstandsmitglied der Berliner Internationalen Liga für Menschenrechte.“

Auf der Veranstaltung in diesem Jahr waren unter anderem der Vorsitzende der Deutschen Freidenker, Klaus Hartmann, der britische Jazz-Musiker und Palästina-Aktivist Gilad Atzmon, sowie die Polit-Hip-Hop-Band „Die Bandbreite“ vertreten. Die Redebeiträge drehten sich um Kritik an der deutschen Presselandschaft, um die Diffamierung so genannter „Verschwörungstheoretiker“ und um den Wunsch nach internationalem Frieden. Ein großes Thema ebenso: Die Stigmatisierung durch die Bezeichnung "Antisemit". Denn Ken Jebsen oder Gilad Atzmon werde immer wieder Antisemitismus vorgeworfen. Veranstalterin Anneliese Fikentscher weist das entschieden zurück:

„Mit den Begriffen ‚Verschwörungstheoretiker‘, ‚Querfrontler‘ und auch mit ‚Antisemit‘ sollen Menschen stigmatisiert werden. Viele Menschen sollen mit diesen Kampfbegriffen lahmgelegt werden. Aber da wollen wir natürlich Gerüchte und Wahrheit auseinanderhalten."

Das Fazit des Abends: Zu den Aussagen und der Arbeit des Journalisten Ken Jebsen kann sicher jeder stehen, wie er mag, eine Polarisierung ist auch durchaus von ihm gewünscht. Die politische Einmischung des Kultursenators und die Reaktionen aus seiner Partei dürften aber bei vielen Menschen als Eigentor für die Linke wahrgenommen werden.

Fest steht: Mehr Publicity als durch Klaus Lederer und die Linkspartei hätte sich der Kölner Karlspreis in diesem Jahr nicht wünschen können – auch wenn die großen deutschen Medien am Abend der Veranstaltung nicht vertreten waren, obwohl sie Preis und Preisträger in den vergangenen Wochen mehrfach thematisiert oder sogar öffentlich angegriffen hatten.

Und so dürfte der Kölner Karlspreis wohl auch im kommenden Jahr vergeben werden, dann zum insgesamt sechsten Mal. Das Berliner Kino Babylon wird dann als Austragungsort sicher nicht mehr zur Verfügung stehen. Kabarettist Dieter Hallervorden hat bereits sein Theater „Die Wühlmäuse“ als neuen Veranstaltungsort ins Gespräch gebracht."

Quelle: Sputnik (Deutschland)

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