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Ex-Verfassungsrichter Papier fordert Neugliederung des Bundesgebiets

Archivmeldung vom 05.08.2013

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 05.08.2013 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
Hans-Jürgen Papier Bild: Michael Panse
Hans-Jürgen Papier Bild: Michael Panse

Angesichts massiver Finanzprobleme der Bundesländer wird der Ruf nach Länderfusionen laut. "Einige Bundesländer sind offensichtlich in keiner Weise in der Lage, finanziell für sich selbst zu sorgen. Diese Länder werden besondere Schwierigkeiten haben, die Schuldenbremse einzuhalten", sagte der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, der "Welt am Sonntag".

Daher solle im Rahmen einer Föderalismusreform III "über eine Neugliederung des Bundesgebietes" nachgedacht werden. Um die Vorgaben der Schuldenbremse zu erfüllen, müssten die Länder zudem "auf der Einnahmeseite eine größere Gestaltungsmacht" bekommen, etwa in Form eines Zuschlags auf die Einkommensteuer. Das Grundgesetz verbietet den Ländern von 2020 an die Aufnahme neuer Verbindlichkeiten.

"2020 könnte ein Schicksalsjahr für den deutschen Föderalismus werden. Wer bis 2020 seinen Haushalt nicht in Ordnung gebracht und zukunftsfähig aufgestellt hat, riskiert seine Selbstständigkeit", sagte der Berliner Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos) der "Welt am Sonntag". Nußbaum rechnet fest damit, dass einige Bundesländer von der Landkarte verschwinden: "Aus jetziger Sicht wird sich die Fusionsfrage vermutlich dann bei den heute am stärksten verschuldeten Ländern stellen, also bei Berlin, Bremen, dem Saarland und vielleicht auch bei Hamburg."

Hamburgs CDU-Vorsitzender Marcus Weinberg sagte: "Alle Bundesländer müssen prüfen, wie sie ihre Strukturen zusammenlegen können. Klar ist, dass die Verwaltungen enger zusammen arbeiten müssen." In Hamburg und Schleswig-Holstein geschehe dies vorbildlich. "Man sollte nicht ausschließen, dass es am Ende solcher Prozesse auch zu Länderfusionen kommt."

Der niedersächsische FDP-Landesvorsitzende Stefan Birkner formulierte noch deutlicher: "Früher oder später wird und muss es zu Länderfusionen kommen." Ökonomen pflichten bei. "Aus einer Effizienzperspektive wäre die Fusion von Bundesländern wünschenswert", sagt Marcel Fratzscher, Leiter des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). "Viele Abläufe im Gemeinwesen liefen schneller und effizienter."

Einer Berechnung des Bundes der Steuerzahler zufolge kann der Staat jedes Jahr eine halbe Milliarde Euro sparen, wenn im Zuge der Länderfusionen zehn Prozent des politischen Personals wegfallen. Weiteres Sparpotenzial ergebe sich durch die Zusammenlegung nachgelagerter Behörden. Entschiedener Widerspruch kommt von der niedersächsischen Landesregierung.

"Die Neugliederung der Länder ist so etwas wie das Loch Ness der deutschen Politik - die Diskussion taucht einmal im Jahr auf und hinterlässt keine weiteren Spuren", sagte Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) der "Welt am Sonntag". "Die Einsparungen durch das Zusammenlegen von Ländern werden überschätzt, eine Neugliederung ist auf absehbare Zeit politisch unrealistisch."

Nach Informationen der "Welt am Sonntag" will Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) eine neue Föderalismuskommission vorschlagen, wenn er im Oktober den Vorsitz der Ministerpräsidentenkonferenz übernimmt.

Ost-Ministerpräsidenten halten baldige Fusion ihrer Länder für unrealistisch

Ostdeutsche Ministerpräsidenten halten eine baldige Zusammenlegung ihrer Bundesländer für unrealistisch. "Unser Ziel ist eine Zukunft aus eigener Kraft. Wir setzen auf Kooperation, nicht auf Fusion mit den anderen norddeutschen Ländern", sagte Erwin Sellering (SPD), Ministerpräsident von Mecklenburg-Vorpommern, der "Welt".

Am Wochenende waren Stimmen laut geworden, die angesichts der 2020 greifenden Schuldenbremse und der sich dadurch abzeichnenden Finanznot einiger Bundesländer eine Neugliederung des Bundesgebietes gefordert hatten. Unter anderem hatten sich der frühere Präsident des Verfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, und der Berliner Finanzsenator Ulrich Nußbaum in der "Welt am Sonntag" für Länderfusionen ausgesprochen.

"Das Thema Nordstaat taucht immer mal wieder auf, vorzugsweise in den Sommerferien. Ich sehe nicht, dass es auf absehbare Zeit dafür Mehrheiten gibt", sagte Sellering. Es gebe eine sehr gute Zusammenarbeit zwischen den Landesregierungen im Norden. "Wir treten gemeinsam in Berlin auf, wenn es um Verkehrsprojekte im Norden, die Seehäfen oder auch die Energiewende geht. Es macht schon einen Unterschied, ob da fünf Regierungschefs auftreten oder einer", so Sellering.

Auch auf den Ebenen darunter gebe es Kooperationen. "Die westlichen Kreise unseres Landes gehören jetzt beispielsweise der Metropolregion Hamburg an." "Grundsätzlich sind Zusammenlegungen sinnvoll, keine Frage. Kurz- bis mittelfristig halte ich Länderfusionen aber für nicht realistisch", sagte Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) der "Welt".

Stattdessen sollten die Bundesländer erst einmal enger zusammenarbeiten. "Wenn man dann über Fusionen reden will, müssen sich alle 16 Länder an einen Tisch setzen. Eine Fusionsdiskussion, die sich nur auf Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen bezieht, halte ich nicht für zielführend."

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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