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Reaktionen auf den schwarz-gelben Sparkurs

Archivmeldung vom 07.06.2010

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 07.06.2010 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Bild: Andreas Morlok / PIXELIO
Bild: Andreas Morlok / PIXELIO

CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe hat SPD-Chef Sigmar Gabriel wegen seiner Äußerungen zum Sparpaket der Koalition ungewöhnlich scharf angegriffen. "Gabriels Politikstil ist unterste Schublade. Es ist eine Schande, dass der Vorsitzende der SPD derart unqualifiziert rumholzt", sagte Gröhe der Düsseldorfer "Rheinische Post".

Gabriel hatte der Koalition vorgeworfen, die eigene Klientel bei den Sparmaßnahmen zu schonen. "Dies zeigt einmal mehr: Gabriel geht es selbst in einer derart wichtigen Angelegenheit nicht um die Sache, sondern lediglich um die Pflege seines losen Mundwerks", so Gröhe. 

Sachverständiger Schmidt begrüßt Sparpaket

Christoph Schmidt, Präsident des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) und Mitglied im Sachverständigenrat, begrüßte das Sparpaket der Bundesregierung als ausgewogen. Es bringe "Sicherheit und Solidität in die Finanzplanung", sagte Schmidt im Interview mit den Zeitungen der WAZ-Gruppe. Schmidt kritisierte aber, dass die reduzierte Mehrwertsteuer für Hotelübernachtungen beibehalten wird. "Klar wäre eine Rücknahme sinnvoll gewesen. Ebenso die Überprüfung einiger Ausnahmetatbestände bei der reduzierten Mehrwertsteuer. Aber ich folge der Kanzlerin: Das hätte nicht den großen Batzen gebracht", so Schmidt. Die geplante Finanztransaktionssteuer "werden die Banken in dieser Form wohl auf die Kunden überwälzen", sagte der Ökonom weiter. "Es wäre besser gewesen, den Vorschlägen des Sachverständigenrates zu folgen und mittels einer Bankenabgabe einen Fonds zu füllen, um künftigen Problemen im Bankensektor entgegenzuwirken." 

Verdi-Chef Bsirske lehnt Sparpaket ab - "Taumelnde Regierung"

Verdi-Chef Frank Bsirske hat das Sparpaket der Bundesregierung zurückgewiesen und plädiert stattdessen für Steuererhöhungen. "Wir haben kein Ausgaben-, sondern ein Einnahmenproblem", sagte er dem Tagesspiegel. "Wenn wir jetzt zu stark sparen, droht ein Rückfall in die Krise, weil wir den Binnenmarkt abwürgen. Und die soziale Schieflage im Land verschärft sich." Da Deutschland bei der Besteuerung von Erbschaften und Vermögen "in der EU den Status einer Steueroase" habe, lägen hier Erhöhungen nahe, sagte er.

Mit dem schwarz-gelben Politikmodell komme Deutschland nicht weiter. "Vor allem in den Kommunen drohen griechische Verhältnisse, weil die ihre öffentlichen Dienstleistungen nicht mehr finanzieren können", sagte der Verdi-Chef. Dass die Politik mehr als anderthalb Jahre nach der Lehman-Pleite noch keine Konsequenzen gezogen habe, sei beschämend. "Wir haben eine taumelnde Regierung, die die Weichen falsch stellt, die durcheinander ist und im Streit liegt bei wichtigen Fragen." Auf diesem Weg verliere die Koalition noch stärker ihre Legitimationsgrundlage. 

Scharfe Kritik des Paritätischen an Konsolidierungsprogramm der Bundesregierung

Als absolut inakzeptabel kritisiert der Paritätische Wohlfahrtsverband das von der Bundesregierung verabschiedete Sparpaket. Der Verband fordert die Rücknahme der arbeitsmarktpolitischen Kürzungen und warnt vor dem Auseinanderbrechen der Gesellschaft. Zur Konsolidierung des Haushalts fordert er vor allem die Beseitigung von Steuerprivilegien wie etwa für Erben und Vermögende.

"Das Sparpaket offenbart, welch Geistes Kind diese Koalition ist. Statt von den Starken zu nehmen um den Schwachen zu helfen, wird skrupellos ausgerechnet bei den Ärmsten gespart", kritisiert Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider. Spitzenverdiener und Vermögende blieben von den Sparmaßnahmen so gut wie ausgenommen, während insbesondere bei Arbeitslosen und ihren Familien auf unverantwortliche Weise gekürzt werde.

Die beschlossenen Kürzungen bei Hartz IV dienten vor allem der Drangsalierung von Arbeitslosen und hätten keinen nennenswerten finanzpolitischen Effekt. Während die angekündigten arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen lediglich Einsparungen von rund 500 Millionen Euro brächten, würde allein der Verzicht auf das pädagogisch fragwürdige Betreuungsgeld schon 2,3 Milliarden Entlastung bringen. "Es ist heuchlerisch, derartige Maßnahmen mit einer Effizienzsteigerung im Bereich der Arbeitsmarktpolitik zu begründen. Die anhaltend hohe Arbeitslosenzahl belegt, dass gerade hier keinerlei Spielräume für Kürzungen sind.", so Schneider.

Der Verband warnt vor den sozialen Folgen dieser rigorosen Politik zu Lasten der Schwächsten. "Dieses Maßnahmenpaket gleicht einem sozialen Sprengsatz. Es schafft keine Arbeitsplätze, sondern wird die Armut in unserem Land verschärfen. Nach den Milliardenhilfen für Banken und Automobilindustrie werden die Bürgerinnen und Bürger diese Ungerechtigkeiten nicht mittragen", so Schneider. Der Verband fordert die Rücknahme der Kürzungen in der Arbeitsmarktpolitik und empfiehlt, Einsparmöglichkeiten endlich dort auszuschöpfen, wo tatsächlich Geld im Überfluss vorhanden ist.

"Solange Deutschland eine Steueroase für Erben, Vermögende und Spekulanten darstellt, kann von sozialer Gerechtigkeit keine Rede sein. Um eine ausgewogene, faire und gerechte Haushaltskonsolidierung zu gewähren, muss sich die Regierung endlich an die Einnahmenseite heran trauen", fordert Schneider. 

Sachsen-Anhalts Wirtschaftsminister Haseloff warnt vor Gefährdung der sozialen Ausgewogenheit

Sachsen-Anhalts Wirtschaftsminister Reiner Haseloff (CDU) hat die Bundesregierung davor gewarnt, mit ihren Sparplänen die soziale Ausgewogenheit in Deutschland zu gefährden. "Die politische Glaubwürdigkeit wird in Frage gestellt, wenn auf der einen Seite die sozialen Sicherungssysteme angefasst werden, auf der anderen aber die zehn Prozent der Oberschicht keinen steuerlichen Beitrag zur Sanierung des Bundeshaushaltes leisten", sagte Haseloff der in Halle erscheinenden Mitteldeutschen Zeitung. Und: "Die Finanzkrise ist nicht von den Arbeitslosen verursacht worden, sondern von den gesellschaftlichen Eliten der Industriestaaten."

Darüber hinaus sei es problematisch, wenn mit dem Elterngeld, Hartz IV und dem Arbeitslosengeld I ausgerechnet jene Sozialleistungen gekürzt werden sollen, die gerade erst etabliert worden seien. "Man muss diesem System eine Chance geben zu wirken, man darf es nicht zur tagesaktuellen Verfügungsmasse degradieren", so Haseloff. Dass es in diesem System sicher Optimierungsbedarf gebe, stehe außer Frage, "doch das darf nicht zu Kürzungen von Leistungen an sich führen." Für den Fall, dass es zu Einschnitten in den Sozialsystemen komme, gehe er nicht davon aus, dass diese in der CDU in Gänze mitgetragen würden: "Ohne soziale Ausgewogenheit ist mit mir jedenfalls ein sicher nötiges Sparprogramm für den Bundeshaushalt nicht zu machen", sagte Haseloff. 

DStGB: Sparbeschlüsse erster richtiger Schritt

Der Deutsche Städte - und Gemeindebund hat die Sparbeschlüsse der Bundesregierung als Schritt in die richtige Richtung bezeichnet. "Bei einer Gesamtverschuldung von 1,7 Billionen Euro von Bund, Ländern und Gemeinden müssen wir endlich den Weg aus dem Schuldensumpf finden. Das geht nicht ohne Einschnitte auch im Sozialbereich. Erfolg werden wir allerdings nur haben, wenn weitere Reformschritte folgen", sagte DStGB-Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg heute in Berlin.

Unverzichtbar ist dabei, den Sozialstaat langfristig zu stabilisieren. Dazu gehört die Pauschalierung der Unterkunftskosten für Hartz IV-Empfänger - wie sie auch die Bundesanstalt für Arbeit befürwortet. Außerdem muss die Finanzierung der Eingliederungshilfe für Behinderte durch eine Versicherungslösung und ein Bundesleistungsgesetz neu organisiert werden, denn es ist keine kommunale Aufgabe, dieses allgemeine Lebensrisiko mit über 13 Milliarden Euro pro Jahr zu finanzieren. Unverzichtbar bleibt auch, die Stabilisierung der Gewerbesteuer durch die Einbeziehung der freien Berufe. Mit einer deutlichen Einnahmeverbesserung werden die Kommunen in der Lage sein, die notwendigen Investitionen in Bildung und Kinderbetreuung zu organisieren, um damit einen wichtigen Beitrag für den Weg in die Bildungsrepublik und für die Schaffung der notwendigen Arbeitsplätze vor Ort zu leisten. "Wir begrüßen, dass die Bundesregierung in ihrer Klausurtagung die dramatische Finanzlage der Kommunen erkannt hat. Wir erwarten aber auch jetzt zügige konkrete Hilfen", sagte Landsberg abschließend. 

dbb kritisiert Sparpläne der Bundesregierung

Der dbb beamtenbund und tarifunion weist die Sparpläne der Bundesregierung für die Bundesverwaltung entschieden zurück und warnt vor den fatalen Folgen, die der anvisierte Stellenabbau im Volumen von mehr als 10.000 Stellen bis zum Jahr 2014 haben wird. "Statt ein nachhaltiges Konsolidierungskonzept vorzulegen, das Ausgaben- und Einnahmeseite gleichsam optimiert, verfranzt sich die Bundesregierung im Alibi-Sparen beim Bundespersonal. Das mag ihr zwar billigen Beifall bringen, doch den Staat und seine Bürger wird diese Strategie teuer zu stehen kommen", warnte der dbb Bundesvorsitzende Peter Heesen in Rostock-Warnemünde, wo der Bundeshauptvorstand der Spitzenorganisation der Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes heute zu einer turnusgemäßen Sitzung zusammengetreten ist.

"Die Bundesverwaltung hat sowohl in Sachen Stellenplan als auch bei den Personalkosten ihre Konsolidierungshausaufgaben längst gemacht. Seit 2000 wurden nahezu acht Prozent der Beschäftigten abgebaut, der Personalausgabenanteil am Gesamthaushalt ist im gleichen Zeitraum immer weiter gesunken und beträgt aktuell nur noch 8,4 Prozent - der niedrigste Stand in ganz Europa. Wer da jetzt noch weiter kürzt, legt unmittelbar Hand an die Funktionsfähigkeit des Staates", kritisierte Heesen. Strukturelle Defizite seien offenkundig und der Bundesregierung wohlbekannt: "Schon heute weist die Personalstruktur eine deutliche Überalterung aus, in den nächsten zehn Jahren werden rund 70.000 Beschäftigte in den Ruhestand treten, bereits jetzt fehlen dem Bund Physiker, Chemiker, Ärzte, IT-Experten, Mitarbeiter im Sprachendienst und qualifizierte Ingenieure. Weil Kontrollbehörden wie der Zoll chronisch unterbesetzt sind, entgehen dem Staathaushalt jährlich hunderte Millionen Euro, etwa im Bereich der Schwarzarbeit. Wird hier nicht personell gegengesteuert, verkümmert das Kompetenz-Zentrum der Staatsführung zum Placebo - dann können noch mehr Lobbyisten noch mehr Gesetze gleich selber schreiben."

Der erneute Eingriff in das so genannte Weihnachtsgeld, dessen Wiedergewährung der Bundestag bereits beschlossen hat, ist nach Auffassung des dbb ein grober Vertrauensbruch. Heesen: "Die Halbierung des Weihnachtsgeldes von 2005 war von Frau Merkel und Herrn Schäuble ausdrücklich als auf fünf Jahre begrenzte Maßnahme zur Haushaltskonsolidierung durchgeführt worden. Mit der Rücknahme der Kürzung zum 1. Januar 2011 stehen Bundesregierung und Bundestag bei den betroffenen Menschen im Wort. Was soll man einer Regierung noch glauben, die nach dem Grundsatz 'versprochen - gebrochen' handelt?"

Quelle: Rheinische Post / Westdeutsche Allgemeine Zeitung / Der Tagesspiegel / Mitteldeutsche Zeitung / Deutsche Städte - und Gemeindebund/ dbb

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