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Die meisten Todesbescheinigungen weisen Fehler auf

Archivmeldung vom 02.09.2017

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 02.09.2017 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Privatdozent Dr. Fred Zack  und sein Team haben in einer Studie 10 000 Todesbescheinigungen überprüft. Bild: Universität Rostock (idw)
Privatdozent Dr. Fred Zack und sein Team haben in einer Studie 10 000 Todesbescheinigungen überprüft. Bild: Universität Rostock (idw)

Am Ende des Lebens wird ein Totenschein von einem Arzt ausgestellt. Doch dieser ist viel zu oft fehlerhaft. Von 10 000 Todesbescheinigungen sind lediglich 223 fehlerfrei, ergab eine aktuelle Studie des Instituts für Rechtsmedizin der Universitätsmedizin Rostock. Der Rechtsmediziner Privatdozent Dr. Fred Zack und sein Team, allen voran Doktorand Alrik Kaden, haben 10.000 Todesbescheinigungen aus dem Einzugsgebiet des Krematoriums Rostock für den Zeitraum August 2012 bis Mai 2015 ausgewertet. Dabei stellten sie 3116 schwerwiegende und 35.736 leichte Fehler fest. Insgesamt wiesen 27 % aller Scheine mindestens einen schwerwiegenden Fehler auf.

Spitzenreiter in der Negativliste der schweren Fehler ist eine nicht mögliche Kausalkette bei der Todesursache, gefolgt von der Nichterreichbarkeit des Leichenschauarztes durch fehlende Angaben zu seiner Person und dem Fehlen des Vermerks von sicheren Todeszeichen. In der Studie kam zudem heraus, dass sich über 50 Prozent aller Ärzte mindestens vier leichte Fehler pro Todesbescheinigung leisteten.

„Mit dieser Größenordnung haben wir zu Beginn der Studie nicht gerechnet“ erklärt Zack.

„Die Praxis der ärztlichen Leichenschau in Deutschland ist bekanntermaßen schlecht und bereits vielfach von unserer Fachgesellschaft kritisiert“, bemängelt der Rostocker Rechtsmediziner, der sich seit 30 Jahren mit der Leichenschau beschäftigt.

Doch Zack weiß auch, nur zu sagen, die Ärzte hätten sich nicht genug Mühe beim Ausstellen der Todesbescheinigung gegeben, wäre zu kurz gegriffen und am Ziel vorbei geschossen. Die Gründe sind vielfältig. Für zahlreiche Ärzte ist die Leichenschau ein „notwendiges Übel“ und unbeliebt. Dementsprechend ist die Zuwendung zum verstorbenen Menschen häufig unzureichend. Die Leichenschau außerhalb einer Klinik ist in der Regel eine schwierige Aufgabe und das Ausstellen einer Todesbescheinigung bedürfe der Berücksichtigung mehrerer Gesetze und Vorschriften, wie beispielsweise des Bestattungsgesetzes, der Definition des unnatürlichen Todes in der Strafprozessordnung, des Infektionsschutzgesetz etc. Damit haben zahlreiche Ärzte Probleme.

Die Todesbescheinigung ist als Urkunde anzusehen und von erheblicher Bedeutung. Nur bei einem natürlichen Tod und bei bekannter Identität kann die Leiche ohne Ermittlungen bestattet werden. Bei einem nicht natürlichen oder ungeklärten Tod sowie bei einem unbekannten Toten sind Polizei und Staatsanwaltschaft gefordert die Identität des Verstorbenen und ein mögliches Fremdverschulden zu klären. Immerhin bestehe die Gefahr, dass ein Tötungsdelikt unentdeckt bleibe. Weiterhin stellen die Angaben zur Todesursache die Grundlage für die amtliche Todesursachenstatistik dar.

Den Hauptgrund für die vielen Fehler bei der Ausstellung der Todesbescheinigung sieht Zack jedoch in der Organisation der Praxis der Ärztlichen Leichenschau in Deutschland. „Es sind keine Spezialisten am Werk. Wenn ein niedergelassener Arzt beispielsweise zweimal im Jahr zu einer Leichenschau gerufen wird, stellt sich bei ihm kaum eine Routine ein“. Doch obwohl immer wieder die schlechte Qualität der ärztlichen Leichenschau in Deutschland angemahnt werde, sei keine Änderung in Sicht: Denn jedes Bundesland habe sein eigenes Bestattungsgesetz und seine eigene Todesbescheinigung. Zack und seine Kollegen plädieren für eine bundeseinheitliche Todesbescheinigung. Obwohl es in der Politik längst bekannt sei, welche Probleme es mit den Todesbescheinigungen gebe, werde nichts zur Verbesserung der Situation getan. Zack regt an, dass künftig spezialisierte Ärzte oder medizinisch geschulte Spezialisten die Leichenschauen außerhalb der Krankenhäuser berufsmäßig durchführen sollen. Zudem sollte die Todesbescheinigung nicht unverzüglich, sondern innerhalb von 12 Stunden nach der Leichenschau ausgestellt werden können. So kann der behandelnde Arzt kontaktiert oder ein Rechtsmediziner befragt werden. „Zudem müssten mehr Sektionen erfolgen, denn die Leichenschaudiagnosen werden in etwa 50 % aller Fälle nach einer Sektion korrigiert. Deshalb ist die gegenwärtige amtliche Todesursachenstatistik in Deutschland, die lediglich auf Angaben der Todesbescheinigungen beruht, Augenwischerei“ erklärt Zack. Aber mit diesen fehlerhaften Angaben werden die Weichen in der deutschen Gesundheits- und Forschungspolitik mit beträchtlichen finanziellen Aufwendungen gestellt.

Quelle: Universität Rostock (idw)

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