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Mehr IT und Verwaltung statt Behandlungszeit: Politik treibt Ärzte aus ihrem Beruf

Archivmeldung vom 20.08.2021

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 20.08.2021 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Sanjo Babić
Arzt Büro Doktor
Arzt Büro Doktor

Bild:pexels

Komplexe und störanfällige digitale Datenverwaltung und damit immer weniger Zeit für die individuellen Bedürfnisse ihrer Patientinnen und Patienten - so hatte sich Dr. Susanne Blessing, Landesvorsitzende der Freien Ärzteschaft (FÄ) Baden-Württemberg, ihren Beruf nie vorstellen können.

Seit mehr als 30 Jahren arbeitet sie in Tübingen als Hausärztin. Schweren Herzens und früher als geplant gibt sie ihre Kassenarztpraxis nun auf. "Zuwendung, Vertrauen und ärztliche Kompetenz sind entscheidend für den Behandlungserfolg. Standardisierte und erzwungene Datenverwaltung aber beeinträchtigt erheblich den empathischen Arzt-Patienten-Kontakt", sagte Blessing am Freitag in Tübingen.

Seit 2019 nimmt sie sogar einen Honorarabzug von aktuell 2,5 Prozent in Kauf, weil sie sich nicht an die sogenannte Telematik-Infrastruktur angeschlossen hat. "Meine ärztliche Schweigepflicht ist mir wichtiger als die zentrale Speicherung von Gesundheitsdaten", sagt die Hausärztin. Sie befürchtet zudem, dass etwa Versicherungen die Daten der Patienten zu deren Nachteil verwenden könnten. "Ich setze auf zwischenmenschliche Behandlungsqualität - vor allem auch bei betagten Patienten und Menschen mit Behinderungen ist das enorm wichtig."

Wieland Dietrich, Vorsitzender des FÄ-Bundesverbandes, macht deutlich: "Viele Praxisärzte überlegen derzeit, ihre Tätigkeit an den Nagel zu hängen - und das durchaus auch weit vor dem Ruhestand." Verantwortlich macht er dafür unter anderem die fehlgeleitete Digitalisierung in den Praxen. Sie führe zu massiven Behinderungen im Praxisbetrieb: Bereits beim sogenannten Versichertenstammdatenabgleich, wie er den Arztpraxen aufgedrückt worden sei, komme es immer wieder zu Störungen und Ausfällen. Geplante Anwendungen wie die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, das elektronisches Rezept und die elektronische Patientenakte ließen Ähnliches erwarten. Zudem moniert der FÄ-Chef den mangelnden Datenschutz: "Patientendaten gehören nicht in eine Cloud und Ärzte sind keine Sachbearbeiter, die die Daten für die Verwertung durch Krankenkassen und Industrie sammeln." Die aktuelle Gesundheitspolitik stelle die Interessen der IT-Industrie, Krankenkassen und anderen an den Patientendaten interessierten Institutionen und Unternehmen vor die Belange der Patienten und Ärzte.

"Viele Patientinnen und Patienten sind zwar traurig über meine Praxisschließung, haben aber durchaus Verständnis für meine Entscheidung", berichtet Susanne Blessing. Manche würden es auch aus ihrem eigenen Arbeitsalltag gut kennen, wenn Bürokratie und Datenverwaltung massiv von der eigentlichen Tätigkeit abhielten. FÄ-Chef Dietrich erläutert, was es heißt, wenn Haus- und Fachärzte vorzeitig aufgeben: "Hier geht wertvolle Erfahrung verloren und der Ärztemangel nimmt zu. Wartezeiten auf Termine bei den Haus- und Fachärzten werden sich verlängern - bei vielen Fachärzten warten die Patienten heute bereits oft viele Wochen bis Monate."

Quelle: Freie Ärzteschaft e.V. (ots)

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