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Ärzteverbände: Beschneidung nur unter Betäubung vornehmen

Archivmeldung vom 29.09.2012

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 29.09.2012 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Durchführung einer Brit Mila. Die Beschneidung ist im Judentum weit verbreitet.
Durchführung einer Brit Mila. Die Beschneidung ist im Judentum weit verbreitet.

Foto: Cheskel Dovid
Lizenz: GFDL
Die Originaldatei ist hier zu finden.

Ärzteverbände und Strafrechtler bestehen darauf, dass auch Jungen unter sechs Monaten nur mit Betäubung beschnitten werden. Das Bundesjustizministerium hatte vergangene Woche in einem Eckpunktepapier vorgeschlagen, dass Kinder unter sechs Monaten von einem religiösen Beschneider beschnitten werden dürfen, der kein Arzt sein muss. Nur Ärzte dürfen betäuben.

Der Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, begrüßte es zwar, dass nun Rechtssicherheit geschaffen würde. Die Schmerzfreiheit des Eingriffes müsse aber gewährleistet sein, eine Beschneidung ohne Anästhesie entspreche nicht den Regeln der ärztlichen Kunst. "Hier müssen sich auch die Religionen bewegen", sagte Montgomery der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung".

Volker von Loewenich, Mitglied der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendmedizin (DAKJ), sagte der Zeitung, die Lokalanästhesie bei Neugeborenen sei nicht einfach und erfordere eine geübte Hand. Sie sei aber Voraussetzung für den Eingriff. "Ohne wirksame Betäubung ist die Beschneidung nicht mit dem Kindeswohl vereinbar." Das berge erhebliche praktische Schwierigkeiten, wenn die Beschneidung von Nicht-Ärzten durchgeführt werden soll. Das Eckpunktepapier sei ein "viel zu eiliges Nachgeben auf politischen Druck", so von Loewenich.

Wolfram Hartmann, Präsident des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte, kündigte rechtliche Schritte an, sollten sich die im Eckpunktepapier vorgesehenen Regelungen durchsetzen: "Sollte ein solches Gesetz verabschiedet werden, werden wir zusammen mit anderen Organisationen das Bundesverfassungsgericht anrufen", kündigte er gegenüber der Zeitung an. "Dass unser Staat jüdischen und muslimischen Beschneidern, also in der Regel medizinischen Laien, gestattet, Säuglingen an den Genitalien herumzuschneiden, ist skandalös", sagte der Strafrechtler Holm Putzke.

Der Strafrechtler und Rechtsphilosoph Reinhard Merkel lehnte die Legalisierung der Beschneidung grundsätzlich ab. Das Eckpunktepapier sei "auf skandalöse Weise unzulänglich", sagte er der Zeitung. Es eröffne Spielräume für Prozeduren, die das Kindeswohl erheblich verletzen.

Fachpolitiker lehnen Eckpunkte zur Beschneidung ab

Das Eckpunktepapier des Bundesjustizministeriums zur gesetzlichen Regelung der Beschneidung von Jungen stößt bei Fachpolitikern von CDU, SPD und den Grünen auf Ablehnung. Eckhard Pols (CDU), Mitglied der Kinderkommission des Bundestages, sagte der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung", "wir dürfen das nicht einfach so durchwinken, es geht um den Schutz der Kinder". In dem Eckpunktepapier werde die Religionsfreiheit über das Kindeswohl gestellt, es müsse aber umgekehrt sein.

Marlene Rupprecht, Kinderbeauftragte der SPD-Bundestagsfraktion, sagte der Zeitung, dass sie "erschüttert" sei. Das Eckpunktepapier sieht vor, Beschneidungen künftig im Familienrecht zu regeln, wo auch das Recht auf gewaltfreie Erziehung festgeschrieben ist. "Das zynisch zu nennen, ist noch harmlos ausgedrückt", sagte Rupprecht. Hier würde für eine Gruppe ein besonderes Gesetz geschaffen. Das Papier sei ein Entgegenkommen gegenüber Religionsgemeinschaften, sagte Rupprecht weiter.

Auch die kinderpolitische Sprecherin der Grünen, Katja Dörner, sagte der Zeitung, dem Papier könne sie nicht zustimmen, weil "das Recht der Kinder auf körperliche Unversehrtheit zur Disposition" gestellt werde.

Der Familienpolitiker Norbert Geis (CSU) begrüßte hingegen das Eckpunktepapier. Eine Beschneidung sei "nicht so ein schwerer Eingriff" und könne auch von einem geschulten Nicht-Mediziner vorgenommen werden, sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Die Frage der Betäubung müsse aber noch erörtert werden.

Stephan Thomae (FDP), Mitglied des Rechtsausschusses, sagte, dass die Grundrichtung richtig sei. Der Staat dürfe nicht bestimmen, wie Religionen ihre Traditionen ausüben. Von wann an ein Kind von einem Arzt beschnitten werde, müsse aber noch geklärt werden.

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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