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Jobcenter-Leiter schlägt Alarm: Mit neuem Trick werden bulgarische Arbeiter auf Kosten des deutschen Sozialsystems ausgebeutet

Archivmeldung vom 26.04.2016

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 26.04.2016 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Jobcenter Bild:  blu-news.org, on Flickr CC BY-SA 2.0
Jobcenter Bild: blu-news.org, on Flickr CC BY-SA 2.0

Der Leiter des Jobcenters Offenbach, Dr. Matthias Schulze-Böing, warnt vor einer neuen Masche, illegal Sozialleistungen zu beziehen. Unternehmer ließen demnach vorwiegend Bulgaren Vollzeit arbeiten, obwohl die Angestellten offiziell nur einen Vertrag etwas über Mini-Job-Niveau hätten. Sie bekämen 451 Euro vom Unternehmen ausgezahlt, den Rest besorge ihnen der Arbeitgeber beim Jobcenter über aufstockende Leistungen. Auf Nachfrage bestätigt das Bundesarbeitsministerium gegenüber "Report Mainz", dass dem Ministerium die Fallkonstellation bekannt ist. Die Bekämpfung von Leistungsmissbrauch habe beim Bundesarbeitsministerium "hohe Priorität". Vor allem die Jobcenter vor Ort und der Zoll seien dafür zuständig. 2015 wurden Nationalitäten übergreifend "59 074 Überzahlungen im Zusammenhang mit nicht oder in zu geringem Umfang angezeigter Beschäftigung festgestellt".

Der Offenbacher Jobcenterleiter Dr. Matthias Schulze-Böing berichtet im Interview mit "Report Mainz", dass die Arbeitgeber den Arbeitnehmern Berater zur Seite stellen, die häufig sogar mit ins Jobcenter kämen und genau wüssten, wie sie die Formulare ausfüllen, damit die Arbeiter als leistungsberechtigt gelten würden. Betroffen seien vor allem die Baubranche, die Gastronomie und das Reinigungsgewerbe. Im Interview spricht Schulze-Böing von einem System: "[...] von der Abreise im Herkunftsland über den Transportweg über die Unterbringung hier vor Ort bis zu den Behördengängen und auch der Vermittlung von Arbeit". Die Hintermänner versuchten, "das Jobcenter mit ins Spiel zu bringen, indem sie zu niedrige Arbeitszeiten und zu niedrige Arbeitseinkommen angeben und versuchen, ergänzende Sozialleistungen dann vom Jobcenter zu beziehen".

"Report Mainz" hat mit mehreren Arbeitern gesprochen, die nach diesem System arbeiten mussten. Ein Bulgare schildert seine Situation so: "In Berlin hatte ich etwas mehr als einen Mini-Job auf dem Papier. Ich habe da aber Vollzeit in einem Café gearbeitet. Mein Chef hat mir alle Jobcenter-Unterlagen vorbereitet und hat mir einen Dolmetscher mitgeschickt. Außerdem hat mir mein Chef eine ec-Karte besorgt. Die Karte aber hat er behalten und damit hat er auch das Geld vom Jobcenter eingesteckt."

Nach "Report Mainz"-Recherchen sind es vor allem türkische Hintermänner, die gezielt die türkische Minderheit in Bulgarien ansprechen und auf diese Weise für sich in Deutschland arbeiten lassen. Eine ambivalente Rolle spielen auch bulgarische Hilfsvereine, die ebenfalls von Türken geleitet werden.

Der aktuelle Zuwanderungsmonitor des Instituts für Arbeitsmarkt und Berufsforschung bei Bulgaren und Rumänen verzeichnet einen "auffallend hohen" Anteil an Aufstockern. Insgesamt sind 30 Prozent der leistungsberechtigten Ausländer Aufstocker, bei Bulgaren und Rumänen sind es 42 Prozent. Entgegen der durchschnittlichen SGB II-Hilfequote für die ausländische Bevölkerung insgesamt, steige die Quote für die Bevölkerung aus Bulgarien weiterhin deutlich an.

Der Leiter des Jobcenters Offenbach, Dr. Matthias Schulze-Böing, warnt im Interview mit "Report Mainz": "Natürlich geht es auf Kosten des deutschen Sozialsystems und gerade auch der Kommunen, das sind erhebliche Kosten, die dann natürlich an anderer Stelle fehlen. Das ist für uns ein ernstes Problem und wenn wir diese Entwicklung einfach hinnehmen, dann besteht die Gefahr, dass ein neues und größeres Prekariat entsteht, das gesellschafts- und sozialpolitisch große Probleme auslösen kann."

Quelle: SWR - Das Erste (ots)

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