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Bischöfe und Theologen protestieren gegen Papst

Archivmeldung vom 02.02.2009

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 02.02.2009 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Oliver Randak

Gegen die umstrittenen Entscheidungen von Papst Benedikt XVI. macht sich nun auch Kritik unter Bischöfen und Theologen breit. Als erster katholischer Oberhirte in Deutschland distanzierte sich der Bischof von Rottenburg-Stuttgart, Gebhard Fürst, öffentlich von der Rehabilitierung des englischen Bischofs Richard Williamson. Der renommierte niederländische Theologieprofessor Jean-Pierre Wils trat aus Protest aus der katholischen Kirche aus.

"Ich will nicht mehr mit dem anti-modernen, anti-pluralistischen und totalitären Geist dieser Kirche identifiziert werden", sagte Wils. Als Grund nannte er im katholischen Online-Magazin "Katholiek Nederland" die Aufhebung der Exkommunikation Williamsons, der der traditionalistischen Piusbrüderschaft angehört und den Holocaust leugnet. Die Priesterbruderschaft Pius X. sei eine "extrem reaktionäre und zutiefst antisemitische Gruppe, die mit Diktatoren und rechtsgerichteten Regimen sympathisiert".

 

Wils wirft den Traditionalisten vor, ein völlig falsches Bild des Zweiten Vatikanischen Konzils zu haben. Nach deren Zerrbild sei es von Juden und Freimaurern manipuliert worden. Das Konzil verwarf die lange in der katholischen Kirche verbreitete Sicht, das jüdische Volk für den Tod Christi verantwortlich zu machen. Und es hob auch die Verpflichtung, die Juden christlich missionieren zu müssen, auf. Die erzkonservativen Priesterbruderschaft St. Pius X. lehnt die Ergebnisse des Konzils zwischen 1962 und 1965 ab und fordert eine Rückkehr zur lateinischen Messe und ein Ende des ökumenischen Dialogs mit anderen Konfessionen und Religionen.

Bischof Fürst warnte derweil in einer öffentlichen Erklärung vor einem Glaubwürdigkeitsverlust der Kirche: "Die Einheit der Kirche ist ein hohes Gut, dem zu dienen eine herausragende Aufgabe des Papstes und der Bischöfe ist. Aber diese Einheit ist nicht mit einer Leugnung grundlegender Aussagen des (Zweiten Vatikanischen) Konzils zu vereinbaren. Sonst wird sie um den Preis erkauft, dass viele Gläubige sich innerlich oder äußerlich abwenden."

Scharf kritisierte Fürst die "völlig inakzeptablen Aussagen" von Bischof Williamson. "Es belastet mich als Bischof und als Seelsorger, dass diese Vorgänge zur äußeren und inneren Entfremdung zahlreicher Gläubiger von der Kirche, zu einem Vertrauensverlust besonders der jüdischen Schwestern und Brüder gegenüber der Kirche sowie zu einer erheblichen Störung des christlich-jüdischen Dialogs geführt haben." Am Freitag hatten bereits die katholischen Theologie-Professoren der Universitäten Tübingen, Freiburg und Münster Alarm geschlagen und von einem "Wendepunkt der Kirchengeschichte" gesprochen.

 

Der Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft und langjährige Leiter der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung in Israel, Johannes Gerster, erklärte, er habe als "Katholik seine Probleme" mit der Rehabilitierung des Holocaust-Leugners Williamson. Von Rom hätte man sich "mehr Sensibilität" erwarten können, erklärte Gerster nach Berichten des "Tagesspiegel". Er hoffe nun, dass der Vatikan wenigstens eine Kursänderung in Sachen Seligsprechung Pius XII. vornehme. Pius XII. - Papst von 1939 bis 1958 - ist immer wieder vorgeworfen worden, zur Verfolgung der Juden durch das Nazi-Regime geschwiegen zu haben. Benedikt XVI. hatte jedoch seinen Vorgänger immer wieder nachdrücklich gegen diesen Vorwurf verteidigt.

Der Vatikan distanzierte sich unterdessen erneut von Williamson. "Sicher ist, dass wer auch immer die Shoa leugnet, nicht nur historischen Unsinn behauptet, sondern auch nichts versteht weder vom Mysterium Gottes noch von Christus am Kreuz", sagte Vatikan-Sprecher Federico Lombardi der "Bild am Sonntag".

Die deutsche Sektion der Piusbruderschaft zog derweil Konsequenzen. Nach Informationen des Nachrichtenmagazins "Focus" darf Bischof Williamson bei den deutschen Brüdern nicht mehr auftreten. Ursprünglich sei für den 30. Mai das Weihen von Diakonen im Priesterseminar in Zaitzkofen im Kreis Regensburg geplant gewesen, sagte der Leiter des Priesterseminars, Pater Stefan Frey. "Wir haben ihm mitgeteilt, dass wir ihn hier nicht mehr sehen wollen - und dass er die Weihen nicht mehr durchführen darf."

Vehemente Kritik erntete der Papst auch für die Ernennung des ultrakonservativen Gerhard Maria Wagner zum Weihbischof von Linz aus der Diözese. "Die Vorgangsweise ist wirklich eine Katastrophe", sagte der Pfarrer von Traun, Generaldechant Franz Wild, dem österreichischen Sender ORF. Er befürchte, dass der Diözese eine schwierige Zeit bevorsteht. Laut österreichischen Medien war die Entscheidung weder mit Wagners zukünftigem Vorgesetzten, dem Linzer Diözesanbischof Ludwig Schwarz, noch mit Kardinal Christoph Schönborn abgesprochen.

Der 54-jährige Wagner, seit 1988 Pfarrer in Windischgarsten, war durch umstrittene Äußerungen in die Schlagzeilen gekommen. So warnte er die Jugendlichen vor den Harry Potter-Büchern von J.K. Rowling, weil er darin "Satanismus" am Werk sah, und nannte den Hurrikan "Katrina", der 2005 New Orleans verwüstet hatte, eine Art göttliche Strafe für eine unmoralische Stadt. Nicht zufällig habe der Hurrikan die fünf Kliniken zerstört, in denen abgetrieben worden sei. "Ich bin einer, der die Konfrontation geradezu sucht", sagte Wagner am Wochenende dem ORF.

Immerhin Israel richtete beschwichtigende Aussagen an den Vatikan. Nach Berichten der italienischen Nachrichtenagentur Ansa vom Sonntag, steht ein Abbruch der diplomatischen Beziehungen zwischen dem Heiligen Stuhl und Israel nicht zur Debatte. "Die hypothetische Frage einer Unterbrechung jeglicher diplomatischer Beziehungen zum Vatikan steht in keinster Weise auf der Tagesordnung", sagte Sprecher des israelischen Außenministeriums Igal Palmor der Ansa.

Palmor nahm damit Bezug auf einen Bericht des "Spiegel", nach dem der israelische Minister für Religionsangelegenheiten, Jizchak Cohen, wegen der Rehabilitierung Williamsons mit dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen zum Vatikan gedroht hatte.

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