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Fast jeder vierte Student schmückt sich mit fremden Federn

Archivmeldung vom 12.05.2012

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 12.05.2012 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
Bild: Stephan Bachmann / pixelio.de
Bild: Stephan Bachmann / pixelio.de

Fast jeder vierte Student hat sich laut einer Umfrage der Universität Leipzig schon einmal bei einer wissenschaftlichen Arbeit mit fremden Federn geschmückt. Bei einer empirischen Studie von Ben Jann, Julia Jerke und Ivar Krumpal des Instituts für Soziologie der Universität Leipzig, die kürzlich in der renommierten Zeitschrift „Public Opinion Quarterly" veröffentlicht worden ist, gaben 22 Prozent der befragten Studierenden an, schon einmal bewusst eine Textpassage aus einem fremden Werk übernommen zu haben, ohne diese als Zitat zu kennzeichnen.

Die Forscher haben dabei eine spezielle Methode eingesetzt, die auf mathematischen Überlegungen der Wahrscheinlichkeitsrechnung beruht und dem Befragten eine vollständig anonyme Antwort garantiert.

Für die Untersuchung wurden an der Universität Leipzig, der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich und der Ludwig-Maximilians-Universität München 474 Studierende verschiedener Fächer befragt, 310 davon anonym. "Die Bereitschaft, wahrheitsgemäß auf unangenehme Fragen zu antworten, ist unter anonymen Bedingungen deutlich größer", berichtet Thomas Voss, Professor für Soziologie an der Universität Leipzig, der zusammen mit seinem emeritierten Kollegen Karl-Dieter Opp das DFG-Forschungsprojekt "Heikle Fragen in Umfragen" leitet.

"Aufgrund der Fülle von Informationen im Internet war es noch nie so leicht wie heute, fremde Gedanken, Ideen und Konzepte in die eigene Arbeit einzubauen und unter Anmaßung der Autorenschaft fälschlicherweise als Eigenleistung auszugeben", schildert Studienautorin Julia Jerke. Zugleich habe sich mit der Einführung der Bachelor- und Masterstudiengänge der Leistungsdruck erhöht, von Beginn des Studiums an gute Prüfungsnoten zu sammeln und nicht erst wie früher am Ende in den Abschlussprüfungen. Mehr als ein Prozent der anonym Befragten gestanden sogar ein, dass jemand anderes den Großteil einer wissenschaftlichen Arbeit für sie geschrieben habe oder sie eine fremde Arbeit, die sie zum Beispiel im Internet gefunden hätten, vollständig übernommen und als ihre eigene ausgegeben hätten. "Auf den ersten Blick scheint diese Zahl nicht hoch zu sein", schätzt Voss ein, der für das Forschungsvorhaben mit der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich und der Universität Bern kooperiert. Doch unterstellt man eine vergleichbare Bereitschaft zur Einreichung von Plagiaten auch für Abschlussarbeiten, so könne man für eine große Universität, an der jährlich etwa 5000 Abschlussarbeiten angefertigt werden, damit rechnen, dass den Prüfungsbehörden neben 1100 Arbeiten mit einzelnen plagiierten Textpassagen auch mindestens 50 vollständige Plagiate vorgelegt würden.

"Diese Schätzungen scheinen am ehesten noch konservative Untergrenzen zu sein, da nicht alle Studenten wahrheitsgemäße Selbstauskünfte geben", ergänzt Dr. Ivar Krumpal, Studienautor und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Soziologie. Es sei von einer großen Dunkelziffer auszugehen, die in scharfem Kontrast zu der Handvoll von Plagiaten stehe, die jedes Jahr aufgedeckt werden. "Nachlässigkeiten im Umgang mit Plagiaten decken nicht nur unfaires Verhalten, sondern gefährden das Wissenschaftssystem insgesamt, weil sie seinen Belohnungsmechanismus tendenziell außer Kraft setzen, nämlich wissenschaftliche Originalität zu prämieren", befindet Voss.

Universitäten sollten "noch klarere Richtlinien und einen Zitierknigge formulieren", die für alle Fakultäten vereinheitlicht und unter den Professoren, Dozenten und Studenten verbreitet werden müssten. "Bereits bestehende Regelungen sollten systematischer durchgesetzt und entdecktes Plagiieren mit aller Konsequenz bestraft werden", fordern die Soziologen. "Sonst würde langfristig die Reputation von Universitäten als Ganzes in der Öffentlichkeit in Frage gestellt werden."

Quelle: Universität Leipzig (idw)

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