Gefahr der Bahnprivatisierung wird wieder akut
Archivmeldung vom 22.05.2010
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDas Bündnis Bahn für Alle begrüßt den gestern gefassten Beschluss des DGB-Bundeskongresses gegen die Bahnprivatisierung: "Der DGB-Bundeskongress lehnt Pläne der Bundesregierung für eine Privatisierung der Deutsche Bahn AG ab. Eine Teilprivatisierung darf weder für den Infrastruktur-, noch für den Transportbereich durchgeführt werden. Die Deutsche Bahn muss als integrierter Konzern bestehen bleiben."
Weiter heißt es: Der öffentliche Finanzbedarf zur Modernisierung des Schienenverkehrs muss gewährleistet sein. Der DGB-Bundeskongress fordert die verantwortliche Politik und das Bahnmanagement auf, vom Kurs der Kapitalmarktfähigkeit Abstand zu nehmen [...]"
Der DGB-Bundeskongress bestätigt und vertieft damit den Beschluss des DGB-Vorstands vom 3. April 2007. Besonders begrüßt Bahn für Alle, dass nun auch die Gewerkschaft Transnet den Beschluss mitträgt. Damit wird ein langjähriger Konflikt aufgelöst, in dem viele gesellschaftspolitischen Organisiationen und eine breite Bevölkerungsmehrheit die Bahnprivatisierung ablehnten und nur die Führung der größten Bahn-Gewerkschaft auf die "kritische Mitgestaltung des Privatisierungsprozesses" setzte. Dazu Carl Waßmuth, Verkehrsexperte im Bündnis und Mitglied von attac: "Von nun an kann sich kein Politiker mehr darauf berufen, er würde die Bahnprivatisierung im Interesse der Beschäftigten betreiben." Der Beschluss des DGB bestätigt die Aktualität des Themas: Entgegen des Eindrucks, den vor allem Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer zu erwecken bemüht ist, ist die Bahnprivatisierung nicht vom Tisch. Seit am 30. Mai 2008 CDU/CSU und SPD im Bundestag einen Beschluss zur Teilprivatisierung verabschiedeten, können jederzeit und ohne weitere Befassung im Parlament 24,9% der DB ML AG verkauft werden. Die Gewinnplanungen des DB-Konzerns sind dementsprechend weiterhin auf Privatisierung getrimmt.
Die Bundesregierung bereitet die Privatisierung auch auf personeller Ebene weiter vor: Utz-Helmuth Felcht als leitender Manager des Privat-Equity-Fonds "OneEquityPartners" wurde zum Aufsichtsratsvorsitzenden berufen, der ausgewiesene Privatisierer Klaus-Dieter Scheurle von der Schweizer Bank Credit Suisse wurde als Staatssekretär abgeworben und ebenfalls in den Aufsichtsrat der Bahn entsandt. Die Bahnprivatisierung bestimmt den Bahn-Alltag schon heute. Die massiven Qualitäts- und Sicherheitsmängel wie bei der Berliner S-Bahn und im ICE-Verkehr sind Folge der formalen Privatisierung und der Orientierung auf den Kapitalmarkt. Bahn für Alle begrüßt daher, dass der DGB-Bundeskongress auch "den von allen Bundesländern betriebenen Teilprivatisierungsprozess des öffentlichen Personennahverkehrs in Form eines gegen die Interessen der Beschäftigten gerichteten Ausschreibungswettbewerbs" verurteilt. Lange Zeit galt die Ausschreibungspraxis im Nahverkehr als 'wettbewerbsgenerierte Erfolgsstory'. Der Ausschreibungswettbewerb selbst ist eine Teilprivatisierungsform. In der Praxis führt er aufgrund fehlender Qualitäts- und Sozialstandards oftmals zu Lohndumping, zu mittelfristig sinkendem Qualitäts- und Sicherheitsniveau und zu einer Zerstückelung des Bahnverkehrs insgesamt.
Quelle: "Bahn für Alle"