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Juristisches Ringen um sexuellen Kindesmissbrauchsgutachten im Erzbistum Köln

Archivmeldung vom 01.03.2021

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 01.03.2021 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Sanjo Babić
Kindesmissbrauch in der Kirche hat eine lange Tradition (Symbolbild)
Kindesmissbrauch in der Kirche hat eine lange Tradition (Symbolbild)

Bild: Unbekannt / Eigenes Werk

Wenige Wochen vor der geplanten Veröffentlichung eines Gutachtens zum Umgang mit sexuellem Missbrauch im Erzbistum Köln gibt es ein juristisches Ringen um den Text. "Unser Gutachten hat zunächst schonungslos die Tatsachen erhoben", sagte der Kölner Strafrechtler Björn Gercke, dessen Kanzlei von Kardinal Rainer Woelki im vorigen Herbst mit der Erstellung der Studie beauftragt wurde, dem "Kölner Stadt-Anzeiger".

Jetzt werde abschließend äußerungsrechtlich geprüft, was davon auch öffentlich gemacht werden kann. "Und ich verrate heute nicht zu viel, wenn ich sage: Die Reaktionen des einen oder anderen potenziell Verantwortlichen oder seiner Anwälte lassen erwarten, dass es äußerungsrechtlich zum Schwur kommen kann." Gercke gab an, Pflichtverletzungen "noch lebender Amtsträger" festgestellt zu haben. Deren Versuche, die Vorwürfe auszuräumen, seien "nicht in jedem Fall gelungen".

Das Risiko juristischer Schritte amtierender oder ehemaliger Amtsträger des Bistums gegen die Darstellung ihrer Rolle im Umgang mit Fällen sexualisierter Gewalt war ein Grund, warum Woelki ein erstes Gutachten im Oktober 2020 unter Verschluss nehmen ließ.

Auf die Frage, ob sich dies jetzt wiederholen könne, zeigte Gercke sich gelassen. "Gehen Sie davon aus, dass wir Ihnen, Ihren Kolleginnen und Kollegen und der Öffentlichkeit am 18. März ein umfassendes Gutachten präsentieren werden. Wir stehen in diesen Tagen in einem teilweise sehr intensiven Austausch, weil wir immer noch sehr umfassend Post von Anwälten bekommen, die auf Basis von Wortlautprotokollen unserer Befragungen für ihre Mandanten bestimmte Dinge klarstellen oder anmerken wollen." Es liege "rechtsstaatlich in der Freiheit der Verantwortlichen, Vorwürfe auszuräumen". Deren Verhalten sei "sehr, sehr unterschiedlich", erklärte der Jurist. "Auch das werden wir darstellen. Die einen sind mit Anwalt erschienen, die anderen ohne. Auch der Umgang in den Befragungen war sehr verschieden."

Zu seinem Vorgehen erläuterte Gercke, dass sämtliche Fälle, deren Zahl Gercke mit gerundeten Werten von 200 Beschuldigten (Klerikern und Laien) sowie 300 Opfern angibt, in einer "gestrafften, abstrahierenden Darstellung in Kurzform" in sein Gutachten eingingen. Ausführlicher würden die Fälle geschildert, "in denen wir Pflichtverletzungen nachgewiesen haben". Diese würden an den Vorgaben des weltlichen und kirchlichen Rechts gemessen. "Wir erstellen kein moralisch-ethisches Gutachten. Das können wir auch gar nicht. Wir sind Juristen und bleiben auch bei unserer Disziplin."

Die Einreichung eines Gutachtens, bei dessen Vorlage - wie jüngst im Erzbistum Berlin - Hunderte von Seiten mit Falldarstellungen und Beurteilung von Verantwortlichkeiten fehlten, schloss Gercke aus. "Aber es ist ein Ringen mit dem Äußerungsrecht, damit die Öffentlichkeit am Ende ein Gutachten präsentiert bekommt, das Ross und Reiter nennt".

Juristische Aufarbeitung sei nur ein "Teilaspekt", betonte Gercke. Sein Gutachten werde Vorschläge zur Veränderungen von Organisationsstrukturen unterbreiten. Männerbünde oder andere Schlagworte wie Kaltherzigkeit kämen zwar "nicht als streng juristische Regelverletzung" in den Blick, aber als ein "Verhalten, das zu Normverstößen führen kann". Insofern bleibe so etwas nicht völlig beiseite. "Aber es liegt uns tatsächlich fern, Ausführungen etwa zur katholischen Sexualmoral im Allgemeinen zu machen."

Die Frage nach Rücktritten überschreite seine Kompetenz und Tätigkeit als Gutachter. "Wir zeigen Pflichtverletzungen auf. Und dann ist die Debatte eröffnet. Es gibt sicher Situationen, in denen man sich unabhängig von persönlicher Schuld die Frage stellen muss, ob man eine 'politische' Verantwortung hat. Das muss jeder mit sich selbst ausmachen."

Quelle: Kölner Stadt-Anzeiger (ots)


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