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Grass würde Israel-Gedicht jetzt anders fassen

Archivmeldung vom 07.04.2012

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 07.04.2012 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Günter Grass, 2004
Günter Grass, 2004

Foto: Florian K
Lizenz: GFDL
Die Originaldatei ist hier zu finden.

Der Literaturnobelpreisträger Günter Grass hat sich gegen Angriffe wegen seines umstrittenen Israel-Gedichts verteidigt und zugleich beteuert, er würde es jetzt anders schreiben. Im Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" sagte Grass am Karfreitag, er würde nun seine Kritik präziser formulieren: "Ich würde den pauschalen Begriff `Israel` vermeiden und deutlicher machen, dass es mir in erster Linie um die derzeitige Regierung von Premierminister Benjamin Netanjahu geht", sagte Grass.

Der Schriftsteller hatte am Mittwoch in seinem Gedicht "Was gesagt werden muss" Israel vorgeworfen, mit seiner Iran-Politik den Weltfrieden zu gefährden. Darin schreibt er, Israel beanspruche für sich das Recht auf einen Erstschlag, der "das von einem Maulhelden unterjochte und zum organisierten Jubel gelenkte iranische Volk auslöschen könnte, weil in dessen Machtbereich der Bau einer Atombombe vermutet wird".

Im SZ-Interview sagte Grass nun, er hätte in seiner Kritik deutlicher zum Ausdruck bringen sollen, dass er die Politik der derzeitigen Regierung Israels habe treffen wollen: "Die kritisiere ich: Eine Politik, die gegen jede UN-Resolution den Siedlungsbau fortsetzt. Ich kritisiere eine Politik, die Israel mehr und mehr Feinde schafft und das Land mehr und mehr isoliert." Der Mann, der - so Grass - Israel zur Zeit am meisten schade, sei dessen Premier "Netanjahu - und das hätte ich in das Gedicht noch hineinbringen sollen."

Zu der massiven Kritik an seiner Person meinte Grass, diese treffe ihn nicht besonders: "Ich war immer gewohnt, dass meine Werke, große und kleine, auf heftige Kritik stoßen." Dennoch sei er enttäuscht darüber, dass "der kränkende und pauschale Vorwurf des Antisemitismus" gegen ihn erhoben worden sei. Nicht er, Grass, sei ein Friedensstörer, sondern die derzeitige Regierung in Israel, die mit "dem Iran und der Vermutung, dass dort eine Atombombe gebaut wird, einen Popanz" aufbauen würde. Er hoffe aber, dass sich die Debatte mit einem gewissen Abstand versachliche und dann über die Inhalte seines Gedichtes diskutiert würde. Als einen wichtigen Punkt seiner Kritik nannte der Schriftsteller seinen Vorschlag, Israel und Iran unter atomare Kontrolle zu stellen. Er halte das für eine Möglichkeit, die Kriegsgefahr zu mindern.

Die Kritik an Grass` Gedicht riss auch am Karfreitag nicht ab. Israels Ministerpräsident Netanjahu reagierte empört. "Die schändliche moralische Gleichstellung Israels mit Iran - einem Regime, das den Holocaust leugnet und mit der Vernichtung Israels droht - sagt wenig über Israel, aber viel über Herrn Grass aus", sagte Netanjahu. Internationale Medien erinnerten daran, dass Grass als Jugendlicher Mitglied der Waffen-SS war. Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Dieter Graumann, schrieb, Grass habe zwar die Waffen-SS verlassen, "aber offenbar hat die Judenfeindschaft der Waffen-SS Grass doch niemals verlassen". Dazu meinte Grass im Interview, er sei entsetzt, wie jüngere Menschen über einen Mann urteilten, der im Alter von 17 Jahren in die Waffen-SS gezogen wurde und sich nicht freiwillig gemeldet habe. "Dies tut eine Generation, die von ihren Freiheitsrechten, die sie heute hat, meiner Meinung nach viel zu wenig Gebrauch macht." Befragt danach, ob er ein Freund Israels sei, meinte der Nobelpreisträger, er wünsche, dass dieses Land Bestand habe und endlich gemeinsam mit seinen Nachbarn Frieden finde.

Schriftsteller Eli Amir kritisiert Israel-Gedicht von Grass

Der israelische Schriftsteller Eli Amir hat Literaturnobelpreisträger Günter Grass wegen dessen israelkritischen Gedichts scharf angegriffen. "Bitte Herr Grass, tragen Sie dazu bei, die Völker zusammenzubringen, anstatt Hass zu säen", schrieb Amir in einem Beitrag für das Nachrichtenmagazin "Focus". Es schmerze ihn, dass ein Schriftsteller solchen Kalibers so herumstottere. "Hat er Ahmadinedschad nicht zugehört? Liest er nicht dessen Ankündigungen? Israel zu töten und zu vernichten? Sind die Ohren des preisgekrönten Dichters taub?", schrieb Amir. Die Ankündigungen Irans seien so ernst zu nehmen wie Hitlers Endlösung, die dieser verkündet habe, während Grass bei der Waffen-SS gedient habe. Israel ist laut Amir nicht dabei, Iran zu vernichten. Die meisten Israelis glaubten allerdings, dass umgekehrt das iranische Atomprogramm die Sicherheit in der Welt bedrohe. Deutsche U-Boote schützten die Holocaust-Überlebenden ebenso wie Flüchtlinge aus den arabischen und muslimischen Staaten. An Grass gerichtet schrieb Amir: "Sie sollten besser, anstatt Israel anzuklagen, Deutschland dazu anstiften, dass es zusammen mit Europa und den USA das iranische Atomprogramm stoppt."

Der gebürtige Iraker Amir hat unter anderem das ins Deutsche übersetzte Buch "Der Taubenzüchter von Bagdad" geschrieben.

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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