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Missbrauchsskandal Lügde - weitere Vorwürfe gegen das Jugendamt

Archivmeldung vom 06.05.2019

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 06.05.2019 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott
Bild: berlin-pics  / pixelio.de
Bild: berlin-pics / pixelio.de

Im Missbrauchsskandal auf einem Campingplatz bei Lügde gibt es neue Vorwürfe gegen das Jugendamt in Hameln. Es steht in der Kritik, ein 6-jähriges Mädchen trotz mehrfacher Hinweise auf Pädophilie in die Obhut eines arbeitslosen Dauercampers gegeben zu haben.

Gegen den Mann laufen Ermittlungen wegen des Verdachts, Kinder tausendfach sexuell missbraucht zu haben. Im NDR äußert sich jetzt erstmals der leibliche Vater des Mädchens. Er sagte dem Regionalmagazin "Hallo Niedersachsen", er habe sich vom Jugendamt allein gelassen gefühlt. Von dem mutmaßlichen Missbrauch seiner Tochter habe er aus der Presse erfahren. Der 25-Jährige, der in der Öffentlichkeit zum Schutz seiner Tochter anonym bleiben möchte, sagte dem NDR im Interview, das Jugendamt habe ihn nicht kontaktiert, als es von dem schwerwiegenden Tatverdacht erfahren hatte: "Ich kann das gar nicht in Worte fassen. Da kam telefonisch nichts, es kam per Post nichts, es kam per Email nichts. Ich wurde auch nicht dazu befragt, wie es weitergeht."

Er war selbst noch Schüler, als die Tochter 2011 zur Welt kam. Er hat die Vaterschaft anerkannt, die Unterlagen liegen dem NDR vor. Das Sorgerecht lag von Beginn an nur bei der Mutter. Heute mache er sich große Vorwürfe, sagt der junge Mann. Er hätte seine Mitsprache mehr einfordern müssen, doch ihm habe in jenen Jahren selbst der familiäre Rückhalt gefehlt. Inzwischen hat er sich einen Anwalt genommen und bemüht sich, das Sorgerecht zu erhalten.

2016 gab das Jugendamt das Kind auf Wunsch der Mutter bei dem arbeitslosen Dauercamper Andreas V. nahe Lügde in Pflege. Der leibliche Vater hatte zufällig davon erfahren und sagt im Interview, er sei erschrocken gewesen. Bei einem Besuch des Mädchens sei er von dem heute Hauptbeschuldigten Andreas V. vertrieben worden. Die Schilderung des Vaters wird durch einen Zeugen bestätigt. Der Vater beteuert, er habe das Jugendamt danach mehrfach angerufen und seinen Protest auf dem Anrufbeantworter hinterlassen: "Ich sagte, wie kann es sein, dass ein Kind auf einem Campingplatz abgegeben wird? Ob die sich da mal umgeschaut haben, wie verwahrlost das ist? Ob das deren Ernst ist, auf die Wünsche der Mutter einzugehen?" Doch einen Rückruf habe er nie bekommen.

Das Jugendamt in Hameln verweist in einer Stellungnahme gegenüber dem NDR auf den Datenschutz: Es könne keine detaillierte Auskunft zu konkreten Personen geben. Grundsätzlich würden neben den Fachleuten des Amtes alle Entscheidungen unter Würdigung der Willensäußerung der sorgeberechtigten Person gefällt.

Juristisch sei das zwar richtig, bewertet der renommierte Pflegschaftsforscher Prof. Klaus Wolf von der Universität Siegen den Umgang des Jugendamtes mit dem Kindsvater. Dennoch sieht er einen "gravierenden fachlichen Fehler": "Wenn man zu dem Vater sagt: Du bist unterhaltsverpflichtet, weil du die Vaterschaft anerkennst, aber ansonsten informieren wir dich nicht darüber, wie Dein Kind lebt - dann braucht man sich nicht zu wundern, wenn er das Gefühl eines unfairen Umgangs hat."

Gegen den 56-Jährigen Andreas V. läuft ein Ermittlungsverfahren bei der Staatsanwaltschaft Detmold. Er soll zahlreiche Kinder sexuell missbraucht und dabei auch gefilmt haben. Er sitzt in Untersuchungshaft, ebenso wie zwei mutmaßliche Mittäter.

Quelle: NDR Norddeutscher Rundfunk (ots)

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