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„Teilwert“ abschaffen – Steuersystem vereinfachen: RUB-Dissertation zum Bilanzsteuerrecht

Archivmeldung vom 14.12.2010

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 14.12.2010 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
Bild: Dieter Schütz / pixelio.de
Bild: Dieter Schütz / pixelio.de

Ein überflüssiges Relikt des Bilanzsteuerrechts aus der Nazizeit hat die Bochumer Steuerrechtlerin Dr. Isabel Gabert erstmals systematisch untersucht. Der „Teilwert“ aus dem Jahr 1934 ist undurchsichtig, kompliziert und birgt Vollzugsprobleme. Ihn abzuschaffen und durch den so genannten „gemeinen Wert“ zu ersetzen, wäre für die meisten seiner Anwendungsbereiche sachgerecht und zweckmäßig und würde das deutsche Steuersystem erheblich vereinfachen. Das ist das zentrale Ergebnis der Dissertation von Dr. Gabert, für die sie vor kurzem mit dem Förderpreis des Deutschen Wissenschaftlichen Instituts der Steuerberater ausgezeichnet wurde.

Teilwert: Was ist das?

Der Teilwert tritt an unterschiedlichen Stellen im Bilanzsteuerrecht auf, zum Beispiel bei der Bewertung von Einlagen, wenn ein Steuerpflichtiger ein Wirtschaftsgut aus seinem Privatvermögen in ein Unternehmen einbringt. Auch Entnahmen – das sind Fälle, in denen ein Wirtschaftsgut des Betriebsvermögens in das Privatvermögen übergeht – werden mit dem Teilwert bewertet. Daneben gibt es fünf weitere Einsatzgebiete für diesen Bewertungsmaßstab im Bilanzsteuerrecht. Erstmals kodifiziert wurde der Teilwert im Einkommensteuergesetz von 1934. Seitdem besteht er in unveränderter Weise fort. „Trotz seiner schon über 70-jährigen Existenz vermag die Praxis ihm aber kaum Inhalt zu geben. Der Teilwert gilt seit jeher als am heftigsten umstrittene Bewertungskonzeption“, sagt Dr. Gabert. „Deshalb war es überfällig, den Sinn für das deutsche Steuerrecht wissenschaftlich zu hinterfragen.“

„Gründlich und überzeugend“

Hinterfragt hat Isabel Gabert den Teilwert ausgesprochen systematisch und fundiert. Das DWS-Institut hat sich für die Vergabe des Förderpreises an die wissenschaftliche Mitarbeiterin des Lehrstuhls für Steuerrecht der Ruhr-Universität Bochum ausgesprochen, weil selten eine steuerpolitische Forderung so gründlich und überzeugend wissenschaftlich abgeleitet worden sei. In der politischen Diskussion wird immer wieder die Vereinfachung des Steuersystems gefordert. Eine Abschaffung des Teilwerts würde zumindest für das Bilanzsteuerrecht eine enorme Vereinfachung bedeuten, so das DWS. Der Steuerpraxis würden Rechtsunsicherheiten und Rechtsstreitigkeiten mit ungewissem Ausgang erspart.

Rechtsprechung mit Vermutungen

In ihrer Dissertation analysiert Dr. Gabert für alle Anwendungsbereiche des Teilwerts, ob der Ansatz dieses Bewertungsmaßstabs sinnvoll ist und ob Widersprüche auftreten zwischen den aus der Gesetzesdefinition abgeleiteten Eigenschaften des Teilwerts und dem jeweiligen Regelungszweck. Dabei kommt sie zu dem Ergebnis, dass der Teilwert meistens ein unzweckmäßiger Bewertungsmaßstab ist und dass in vielen Fällen der Ansatz des „gemeinen Werts“ zielgenauer wäre. Darüber hinaus untersucht die Autorin, inwieweit sich der Teilwert überhaupt konkret ermitteln lässt. Anhand von betriebswirtschaftlichen Wertfindungsmethoden weist sie nach, dass es in der Praxis unmöglich ist, den Teilwert auch nur einigermaßen exakt zu ermitteln. Es kann nur vermutet werden, welchen Wert er für bestimmte Arten von Wirtschaftsgütern und zu unterschiedlichen Zeitpunkten der Bewertung haben könnte. Mit derartigen Vermutungen behilft sich auch die höchstrichterliche Rechtsprechung.

Weg damit

Die klare Forderung der Autorin anhand ihrer Ergebnisse lautet, den Teilwert aus rechtspolitischen Gründen aufzugeben und ihn durch den „gemeinen Wert“, der in der Regel dem Einzelveräußerungspreis entspricht, zu ersetzen. Sie untermauert ihr Fazit durch einen Rechtsvergleich mit ausgewählten ausländischen Steuersystemen. „Dort ist der Teilwert weitestgehend unbekannt“, so Dr. Gabert. „Vergleichbare Probleme der steuerbilanziellen Bewertung werden mit anderen Bewertungsmaßstäben gelöst.“ Nur Österreich, Luxemburg und die Niederlande kennen den Wertbegriff als „Exportartikel“ aus der Zeit der deutschen Besatzung während des 2. Weltkriegs. „Ihnen wurde dieser Bewertungsmaßstab quasi aufoktroyiert. Er hat sich nicht selbstständig aus ihrer Rechtsordnung entwickelt.“

Der DWS-Förderpreis

Mit dem Förderpreis in Höhe von 3.000 Euro zeichnet das DWS jährlich eine hervorragende wissenschaftliche Abschlussarbeit aus dem Steuerrecht, der betriebswirtschaftlichen Steuerlehre oder der Finanzwissenschaft aus. Zudem übernimmt das DWS-Institut die mit der Veröffentlichung einer Dissertation verbundenen Druckkosten. Die Preisverleihung fand Ende November in Berlin statt. Die Diplom-Kauffrau Dr. Isabel Gabert erhielt den Förderpreis für ihre Doktorarbeit „Der Bewertungsmaßstab des Teilwerts im Bilanzsteuerrecht“, die in der Schriftenreihe des DWS-Verlags erscheinen wird.

Zur Verfasserin

Dr. Isabel Gabert, LL.M. aus Mülheim an der Ruhr hat nach dem Abitur an der Universität Duisburg-Essen (Campus Duisburg) Wirtschaftswissenschaft und anschließend an der Ruhr-Universität Bochum Wirtschafts- und Steuerrecht studiert. Sie ist seit dem Wintersemester 2006/2007 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Steuerrecht der RUB bei Prof. Dr. Roman Seer, der ihre Doktorarbeit betreute.

Quelle: Ruhr-Universität Bochum

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