Ökonomen vermissen Mut zu Reformen im Koalitionsvertrag

Bild: Eigenes Werk /OTT
Viele Ökonomen vermissen Mut zu Reformen im Koalitionsvertrag von Union und SPD. Nur 26 Prozent der Teilnehmer am aktuellen Ökonomenpanel des Ifo-Instituts halten die schwarz-rote Bundesregierung bei Wirtschaftsthemen für schlecht bis sehr schlecht aufgestellt.
29 Prozent erwarten, dass die neue Regierung die wirtschaftspolitischen
Herausforderungen gut bewältigen wird, 44 Prozent äußern sich neutral.
An der Umfrage haben 179 Professoren der Volkswirtschaftslehre in
Deutschland teilgenommen. "Union und SPD sind beim Koalitionsvertrag
große Kompromisse eingegangen. Das erzeugt keine Euphorie", sagte
Ifo-Forscher Niklas Potrafke.
Die Ökonomen sind nur teilweise mit
den im Koalitionsvertrag geplanten Reformen einverstanden. Große
Zustimmung finden Abschreibungen von 30 Prozent auf
Ausrüstungsinvestitionen: 84 Prozent bewerten dies gut oder sehr gut.
Einen Abbau von Stellen in der Bundesverwaltung finden 66 Prozent gut
bis sehr gut. Die Reform des Bürgergelds zu einer "Grundsicherung für
Arbeitssuchende" wird von 61 Prozent mit gut oder sehr gut bewertet.
"Die
Regierung muss Strukturreformen vorantreiben, um für künftige
Herausforderungen gut aufgestellt zu sein", sagte Potrafke. So bewerten
auch 56 Prozent der Teilnehmer die perspektivische Senkung der
Körperschaftssteuer ab 2028 als gut oder sehr gut.
Einzelne
geplante Maßnahmen aus dem Koalitionsvertrag stoßen bei den Ökonominnen
und Ökonomen dagegen auf deutlichen Widerstand: Die Wiedereinführung der
Subvention von Agrardiesel wird von 89 Prozent als schlecht oder sehr
schlecht bewertet. Auch die Ausweitung der "Mütterrente" (drei
Rentenpunkte unabhängig vom Geburtsjahr der Kinder) wird von 84 Prozent
der Teilnehmer nicht unterstützt. Die Senkung der Umsatzsteuer in der
Gastronomie (79 Prozent) und die Anhebung der Pendlerpauschale (66
Prozent) stoßen gleichermaßen überwiegend auf große Ablehnung.
"Dringend
notwendig wäre eine umfassende Rentenreform gewesen - allem voran eine
unverzügliche Erhöhung des Renteneintrittsalters", sagte Potrafke. "Die
meisten Politiker wissen, was in der Rentenpolitik zu tun wäre, aber sie
trauen sich keine mutigen Reformen zu, weil die deutsche Bevölkerung
den Ernst der Lage mit dem demographischen Wandel noch nicht
verinnerlicht hat."
Quelle: dts Nachrichtenagentur