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Armutsgefährdung in den Bundesländern unterschiedlich

Archivmeldung vom 18.05.2009

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 18.05.2009 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Die Armutsgefährdungsquote ist in Deutschland in den Bundesländern unterschiedlich. Gemäß der Definition der Europäischen Union ist die Armutsgefährdungsquote der Anteil der Personen, die mit weniger als 60% des mittleren Einkommens (Median) der Bevölkerung auskommen müssen.

Während in Mecklenburg-Vorpommern knapp ein Viertel (24,3%) und in Sachsen-Anhalt gut ein Fünftel (21,5%) der Bevölkerung weniger als 60% des mittleren Einkommens in Deutschland zur Verfügung hat, trifft dies in den südlichen Bundesländern Baden-Württemberg (10,0%) und Bayern (11,0%) nur auf rund ein Zehntel zu. Dies geht aus Berechnungen des Mikrozensus für das Jahr 2007 hervor, die von den Statistischen Ämtern des Bundes und der Länder im Rahmen des Projekts "Sozialberichterstattung der amtlichen Statistik" erstmals durchgeführt wurden.

Die Armutsgefährdungsquote betrug nach diesen Berechnungen im Jahr 2007 in Deutschland insgesamt 14,3%. Dabei gibt es insbesondere zwischen Ost und West deutliche Unterschiede: Während in den neuen Ländern (einschließlich Berlin) 19,5% der Bevölkerung armutsgefährdet waren, lag die Quote im früheren Bundesgebiet (ohne Berlin) mit 12,9% deutlich niedriger. Die Armutsgefährdungsquote war im Osten in nahezu allen Altersgruppen höher als im Westen. Lediglich die Altersgruppe der ab 65-Jährigen wies mit 9,3% im Osten eine geringere Quote auf als im Westen mit 11,9%. Während die Armutsgefährdungsquote der weiblichen Personen im Westen mit 13,5% höher lag als bei den männlichen Personen (12,2%), waren im Osten keine geschlechtsspezifischen Differenzen festzustellen (für Frauen und Männer jeweils 19,5%).

Besonders von Armut bedroht sind erwerbslose Personen sowie Alleinerziehende und deren Kinder. Auch hier sind im Ländervergleich jedoch erhebliche Unterschiede festzustellen: Während die Armutsgefährdungsquote der Erwerbslosen in Baden-Württemberg mit 40,3% im Jahr 2007 den niedrigsten Wert aufwies, waren in Sachsen-Anhalt zwei Drittel aller Erwerbslosen (66,0%) armutsgefährdet. Bei den Personen in Alleinerziehenden-Haushalten waren die niedrigsten Quoten in den Stadtstaaten Berlin (28,6%) und Hamburg (29,6%) festzustellen; die höchste Quote wies auch hier Sachsen-Anhalt mit 53,7% auf.

Grundlage der Berechnungen der oben genannten Armutsgefährdungsquoten ist die Armutsgefährdungsschwelle auf Bundesebene. Diese wird anhand des mittleren Einkommens im gesamten Bundesgebiet (Bundesmedian) errechnet. Den so ermittelten Armutsgefährdungsquoten für Bund und Länder liegt somit eine einheitliche Armutsgefährdungsschwelle zugrunde.

Eine ergänzende Perspektive ergibt sich, wenn für die Berechnung nicht der Bundesmedian, sondern die jeweiligen regionalen Armutsgefährdungsschwellen zugrunde gelegt werden. Diese werden dann anhand des mittleren Einkommens des jeweiligen Bundeslandes (Landesmedian) errechnet. Aus dieser Perspektive fallen die Unterschiede zwischen den Armutsgefährdungsquoten in den Bundesländern deutlich geringer aus. Bei den aus dieser "regionalen Perspektive" ermittelten Armutsgefährdungsquoten wiesen im Jahr 2007 Hamburg (16,8%) und Bremen (15,2%) die höchsten, Thüringen (12,9%) und Baden-Württemberg (13,0%) die niedrigsten Werte auf.

Deutschland in der Zerreißprobe

Die Bundesrepublik Deutschland ist hinsichtlich der Armutsentwicklung ein zutiefst zerrissenes Land. Ganze Regionen drohen in einen Teufelskreis der Verarmung zu geraten. Dies geht aus dem "Ersten Armutsatlas für Regionen in Deutschland" hervor, den der Paritätische Wohlfahrtsverband heute in Berlin vorstellte. Bei einer bundesweit durchschnittlichen Armutsquote von 14,3 Prozent reichen die in dem Atlas erstmals veröffentlichten regionalen Armutsquoten von 7,4 Prozent im Schwarzwald bis zu 27 Prozent in Vorpommern.

Der Paritätische präsentiert mit dem Armutsatlas für Regionen die erste Gesamtübersicht zur regionalen Verteilung von Armut in Deutschland. "Mit diesem Atlas wird ein neues Kapitel der Armutsberichterstattung aufgeschlagen. Die regionale Betrachtung der Armut führt uns erstmals vor Augen, dass Deutschland nicht nur sozial, sondern auch regional ein tief zerrissenes Land ist", bilanziert Dr. Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen. "Wir haben uns viel zu lange durch bundesweite Durchschnittsquoten blenden lassen. Der Mensch lebt aber in der Region, nicht im Durchschnitt." Dabei belege der Atlas, dass die gängige statistische Unterscheidung zwischen Ost- und Westdeutschland in der Realität viel zu kurz greife. "Zwanzig Jahre nach dem Mauerfall ist Deutschland nicht länger zwei- sondern mindestens dreigeteilt und im Hinblick auf die Armutsbetroffenheit zerrissener als je zuvor. Wenn die ärmste Region eine viermal so hohe Armutsquote aufweist wie die reichste, hat das mit gleichwertigen Lebensverhältnissen nichts mehr zu tun", so Schneider.

"Wenn wir nicht sofort und massiv gegensteuern, wird die Verödung ganzer Landstriche nicht mehr aufzuhalten sein", warnte Hauptgeschäftsführer Schneider. Ohne gezielte Maßnahmen der Armutsbekämpfung werde mittelfristig jede Grundlage für eine gute ökonomische Entwicklung in den betroffenen Regionen zerstört. "Was wir brauchen ist die nachhaltige Verknüpfung von Wirtschafts- und Sozialpolitik mit der gezielten Förderung von Regionen", forderte Schneider.

Scharfe Kritik übte der Verband in diesem Zusammenhang an dem Konjunkturpaket II. Die zehn Milliarden Bundesmittel für Investitionen in Bildung und kommunale Infrastruktur flössen zu einem Drittel in die drei Bundesländer, die mit Abstand die geringsten Armutsquoten aufweisen. Eine solche Mittelverteilung sei ökonomisch unvernünftig und sozial ungerecht. Maßnahmen wie die Abwrackprämie würden die Spaltung zwischen Arm und Reich noch vergrößern, anstatt sie zu schließen, kritisierte Schneider.

Der Atlas sowie ergänzende Statistiken sind im Internet unter www.armutsatlas.de abzurufen.

Quelle: Statistisches Bundesamt / Paritätische Wohlfahrtsverband

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