Auch Kassenärzte unterstützen Pläne für Patientensteuerung
Archivmeldung vom 19.05.2025
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 19.05.2025 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Sanjo BabićDie Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) stellt sich grundsätzlich hinter die Regierungspläne zur Steuerung von Patienten. "Zu verhindern, dass nicht jedermann nach persönlicher Einschätzung einen Facharzt aufsucht und dort eine apparative Untersuchung auslöst, die womöglich gar nicht nötig ist und dann für andere fehlt, macht schon Sinn", sagte KBV-Vorstandschef Andreas Gassen der "Neuen Osnabrücker Zeitung".
Steuerung sei aber "nicht für alle Patienten" notwendig, so Gassen. Eine
Überweisungspflicht für Vorsorgeuntersuchungen wäre nach seinen Worten
"ziemlicher Unfug". "Und sollte man bei starken Ohrenschmerzen nicht
gleich zum HNO-Arzt gehen dürfen?" Zudem brauche es Flexibilität etwa
bei Impfungen und Unfällen. "Ich glaube aber, dass man hier im Austausch
mit dem Gesetzgeber gute Lösungen finden kann, die für die Praxen
leistbar und für die Patienten sinnvoll wären."
Entscheidend sei
eine weitere Ausnahme, so Gassen: "Wer ohne Überweisung kommt, muss die
Möglichkeit haben, trotzdem den Arzt zu sehen, aber dann eben dafür
bezahlen", sagte er, denn: "Was realistischerweise nicht funktionieren
wird: Dass die Leute am Praxistresen einfach wieder heimgeschickt
werden."
Es gebe schon jetzt ein großes Problem mit Aggressionen
bis hin zu Gewalt gegen Ärzte und ihre Mitarbeiter. "Den Menschen, die
mit einem Gesundheitsproblem zu uns kommen, einfach die Tür zu weisen,
weil die Politik das so entschieden hat? Sie können sich vorstellen,
dass das täglich zu gruseligen Szenen in den Facharztpraxen führen
würde", so Gassen wörtlich. "Das wäre weder dem Personal noch den
Betroffenen und auch nicht den anderen Patienten zuzumuten."
Union
und SPD haben im Koalitionsvertrag die Einführung eines "verbindlichen
Primärarztsystems" vereinbart. Hausärzte, Kinder- und Frauenärzte sollen
die Steuerung übernehmen. Unterstützung dafür kommt auch von der
Bundesärztekammer und dem Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen
GKV. Die Deutsche Stiftung Patientenschutz hatte die Pläne kritisiert.
Gassen
dämpfte in der NOZ die Hoffnung, durch die Einschränkung der freien
Arztwahl könnten die Kosten der Gesundheitsversorgung substanziell
gesenkt werden. "Wir halten die Erwartung, durch die Umstellung zwei
Milliarden Euro jährlich einzusparen, für unrealistisch", sagte er. "In
der ambulanten Versorgung ist nicht wirklich viel zu holen. Der größte
Kostenblock sind die Kliniken. Hierfür zahlen die Kassen inzwischen mehr
als 100 Milliarden Euro jedes Jahr, Tendenz weiter steigend. Und bis
die Krankenhausreform wirkt und daran etwas ändert, werden Jahre
vergehen."
Quelle: dts Nachrichtenagentur