Wirtschaftsvertreter ziehen kritische 100-Tage-Bilanz zu Merz
Nach den ersten 100 Tagen der neuen Bundesregierung unter Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) haben Wirtschaftsvertreter eine kritische Bilanz gezogen. "Eine permanente Schuldenfinanzierung von Rüstungsausgaben ist nicht sinnvoll", sagte der Ökonom und Ifo-Präsident Clemens Fuest der "Bild".
Er lobte zwar die Investitionen in Infrastruktur und Rüstung, bei der
Verschuldung sei man jedoch über das Ziel hinausgeschossen.
Weiter
sagte Fuest: "Steuerbegünstigung von Überstunden, Senkung der
Mehrwertsteuer für die Gastronomie und Frühstartrente hätte man sich
besser erspart." Positiv seien die verbesserten steuerlichen Anreize für
Investitionen und erste Schritte zum Abbau überflüssiger Bürokratie -
zum Beispiel bei dem Lieferkettengesetz. Aber: "Es muss deutlich mehr
kommen."
Auch Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU)
mahnte unterdessen weitere Reformen an: "Lohnnebenkosten müssen
wettbewerbsfähig werden, Energiepreise müssen bezahlbar sein, wir müssen
am Arbeitsmarkt flexibler werden und wir müssen das Thema Bürokratie in
den Griff kriegen", sagte sie der Zeitung. "Ich würde vermuten, dass es
an anderen Ecken der Welt schneller und einfacher geht, Genehmigungen
zu bekommen."
"Wir warten alle auf den angekündigten Herbst der
Reformen", sagte Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger der "Bild". Der
Sozialstaat sei ein Sanierungsfall, Deutschland brauche endlich
tiefgreifende Veränderungen bei Rente, Bürgergeld, Gesundheit und
Pflege. "Weniger Bürokratie, mehr Leistung - und mehr Netto vom Brutto.
Nur so kommen wir raus aus der Wirtschaftskrise."
IG-Metall-Chefin
Christiane Benner hingegen kritisierte die Debatte um längere
Arbeitszeiten und Sozialausgaben: "Die Mär von den Deutschen, die nicht
genug arbeiten, nervt. Wir haben wirklich andere Probleme. Unser
Sozialstaat ist mehr wert als er kostet. Auch deshalb werten wir das
Rentenpaket als ersten Schritt positiv, da es Armut im Alter eindämmt."
Für die langfristige Zukunft der Industrie und ihrer Beschäftigten müsse
aber mehr getan werden, sagte Benner der "Bild". Verdi-Chef Frank
Werneke lobte unterdessen die Stabilisierung des Rentenniveaus und die
Stärkung von Tarifverträgen durch das Bundestariftreuegesetz.
Quelle: dts Nachrichtenagentur