CSD: Queerbeauftragte kritisiert "Zirkuszelt"-Äußerung des Kanzlers

Foto: Babewyn
Lizenz: CC BY-SA 4.0
Die Originaldatei ist hier zu finden.
Nachdem Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) die ausgebliebene Hissung der Regenbogenflagge am Bundestag beim diesjährigen Berliner Christopher-Street-Day damit gerechtfertigt hat, dass der Bundestag "kein Zirkuszelt" sei, kommt nun auch aus der Bundesregierung scharfe Kritik.
"Wenn die Regenbogenfahne die Fahne auf einem Zirkuszelt ist, was sind
dann queere Menschen? Zirkustierchen, die sich zur Erheiterung des
Publikums zum Affen machen?", sagte die Queerbeauftragte der
Bundesregierung, Sophie Koch, dem "Tagesspiegel" (Donnerstagausgabe).
Die SPD-Politikerin stellte klar, dass queere Menschen fester
Bestandteil der Gesellschaft seien. Die Regenbogenfahne auf dem
Bundestag wäre ein "kraftvolles Bekenntnis des Staates" zum Schutz ihrer
Würde, so Koch. "Ein Verständnis dafür wäre für einen Bundeskanzler
angemessen."
Auch der Vorsitzende der Grünen, Felix Banaszak,
übte Kritik an der Wortwahl des Kanzlers. "Manchmal sind spontan daher
gesagte Worte ja verräterisch. Wer bei der Regenbogenbogenfahne an
Zirkus denkt, sagt mehr über sich als über den Anlass selbst", sagte er
dem "Tagesspiegel". Die Fahne stehe für den jahrzehntelangen Kampf um
gleiche Rechte, Anerkennung und Sicherheit. "Für einen Kampf, der leider
in großen Teilen gegen CDU und CSU ausgefochten werden musste",
erklärte der Grünen-Politiker, der einen Kulturkampf gegen Vielfalt und
Gleichberechtigung beobachtet. "In dieser Frage kann es keine
'Neutralität' geben", sagte Banaszak.
Der Fraktionsvorsitzende
der Union, Jens Spahn (CDU), verteidigte die Äußerungen des Kanzlers
hingegen. "Unser Bundeskanzler hat völlig Recht", sagte er dem
"Tagesspiegel" und stellte sich auch hinter Bundestagspräsidentin Julia
Klöckner (CDU), die die Regenbogen-Flagge nur am 17. Mai, dem
Internationalen Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transfeindlichkeit
(IDAHOBIT), auf dem Reichstagsgebäude hissen will. "Schwarz-Rot-Gold
steht für unsere freiheitliche Republik und damit auch für
Gleichberechtigung und Respekt vor Minderheiten", sagte Spahn. "Diese
tagelangen Symboldebatten dagegen tragen nichts zur Freiheit und
Sicherheit von Schwulen und Lesben in Deutschland bei."
Kritik
kommt von den Lesben und Schwulen in der Union (LSU). "Die
Regenbogenflagge zeigt, wofür unser demokratischer Staat steht", sagte
der LSU-Vorsitzende Sönke Siegmann der "taz" (Donnerstagausgabe). Sie
sei kein beliebiges Banner, sondern ein Zeichen von Menschenwürde,
Vielfalt, Gleichberechtigung und gesellschaftlichem Zusammenhalt. Merz'
Wortwahl sei "unglücklich" gewesen. Darüber werde man mit dem Kanzler
persönlich sprechen, es gebe bereits einen Termin.
Quelle: dts Nachrichtenagentur