Balci beklagt wachsende Geschlechtertrennung in Neukölln
Die Neuköllner Integrationsbeauftragte Güner Balci beklagt, dass Frauen in ihrem Bezirk zunehmend zurückgedrängt würden. "Neukölln war nie besonders frauenfreundlich", sagte Balci dem "Spiegel".
"Es gab immer schon viel häusliche Gewalt und Elend." Auch
alleinerziehende Mütter, die keine Unterstützung hatten, seien seit
jeher ein Thema gewesen. "Über die Jahre etablierte sich im Viertel dann
aber diese kulturell und religiös bedingte Geschlechtertrennung, die
sich immer weiter ausbreitete."
Die Entwicklung habe vor allem
mit dem Zuzug palästinensischstämmiger Familien aus dem Libanon
angefangen, die ab den Achtzigerjahren ins Viertel kamen und deren Zahl
schnell wuchs. Diese hätten eine "sehr patriarchalisch geprägte Kultur"
mitgebracht. "Die Mädchen in diesem Milieu waren fast unsichtbar. Man
sah sie eigentlich nur, wenn sie ihre kleineren Geschwister in den
Kindergarten brachten oder mit ihren Müttern zum Einkaufen gingen."
Die
Welt von Jungs und Mädchen habe sich immer mehr getrennt, so Balci.
"Die Jungs von damals wurden teils große Nummern in der Organisierten
Kriminalität. Sie bekamen über alles Mögliche im Viertel die
Deutungshoheit." Viele der heute in Neukölln existierenden rund 30
Moscheen seien reaktionär ausgerichtet. "Ich weiß von Imamen, die
Eheberatung für 14-jährige Mädchen anbieten und es akzeptabel finden,
wenn sich ein Mann eine Zweitfrau nimmt." Die Politik erkenne oft zu
spät, was da eigentlich laufe.
Balci arbeitet als
Schriftstellerin, Journalistin und Filmemacherin. Seit 2020 ist sie
Integrationsbeauftragte für den Berliner Bezirk Neukölln. Am 1. August
ist ihr Buch "Heimatland" im Berlin Verlag erschienen.
Quelle: dts Nachrichtenagentur