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Marianne Birthler: Weiter zunehmendes Interesse an Stasiakten

Archivmeldung vom 27.12.2007

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 27.12.2007 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Die Deutschen zeigen nach Ansicht der Bundesbeauftragten für die Stasiunterlagen, Marianne Birthler, ein wachsendes Interesse an der DDR-Vergangenheit. Nachdem von 2005 bis 2006 die Zahl der Anträge auf persönliche Akteneinsicht bei der Behörde um 20 Prozent auf 97 000 gestiegen sei, rechne sie auch in diesem Jahr wieder mit einer leichten Steigerung, sagte Birthler dem Berliner "Tagesspiegel" (Freitagausgabe).

Auch das Interesse an Ausstellungen, Dienstleistungen, Vorträgen und Publikationen der Behörde zu DDR-Themen nehme zu. Als eine der Ursache dafür sieht Birthler, dass im Osten "eine neue Lehrergeneration auftritt, oder auch die älteren Lehrer ihre Scheu verlieren, über selbst erlebte Geschichte zu sprechen. Ganz allmählich wächst daneben auch im Westen ein Bewusstsein dafür, dass die Geschichte der DDR Teil gesamtdeutscher Geschichte ist." Trotz dieser Tendenz sei festzustellen, dass das Wissen über die DDR und die kritische Auseinandersetzung mit ihr insgesamt noch deutlich unterentwickelt sei.

Die aktuelle Debatte über die Zukunft der Stasiunterlagenbehörde und eine mögliche Übergabe der Akten an das Bundesarchiv sei "etwas unübersichtlich", sagte Birthler. "Mittlerweile steht die Frage, wie es mit der Behörde wird, schon seit drei Jahren ungeklärt im Raum. Das ist schwierig für uns, nicht zuletzt, weil wir eine Planungsgrundlage brauchen - für inhaltliche Planungen, für Verwaltungsfragen, für Strukturentscheidungen, für die Personalentwicklung." Sie rechne damit, dass die Behörde "mindestens bis zum Jahr 2019, 2020 gebraucht" werde - also bis 30 Jahre nach dem Ende der DDR. "Möglicherweise sogar noch länger", fügte sie hinzu. Wenn man die Akten zu früh dem Bundesarchiv übergeben würde, müssten die Regeln des Stasiunterlagengesetzes auch dort für sie gelten. "Die Zugangsmöglichkeiten würden damit also nicht erleichtert, sondern wahrscheinlich eher erschwert", sagte Birthler.

Die Stasiakten zeigen nach Ansicht der Behördenchefin, "dass die Ostdeutschen kein Volk von Spitzeln und Verrätern waren". Zwar hätten die meisten Menschen angepasst gelebt und seien keine Helden gewesen. "Und doch galt in der DDR das ungeschriebene Gesetz: Mit der Stasi arbeitet man nicht zusammen. Das haben die meisten respektiert. Die Stasiakten beschämen die Menschen aus der DDR also nicht, sie rehabilitieren sie eher und zeigen, dass es viele Menschen auch unter unkomfortablen Umständen vermocht haben, einigermaßen anständig durch die Zeiten zu kommen", sagte Birthler der Zeitung. Am Ende der DDR habe es 92 000 hauptamtliche und 174 000 inoffizielle Mitarbeiter der Stasi gegeben. "Zusammengenommen haben also weniger als zwei Prozent der Gesamtbevölkerung für die Stasi gearbeitet", sagte sie.

Neben anderen Archivbeständen würden die Stasiakten "immer eine sehr, sehr wichtige Quelle bleiben", sagte Birthler. "Bestimmte Sachverhalte finden sich nur in ihnen." Aus den Akten des MfS könne man nicht nur lernen, wie die Stasi selbst funktioniert hat, sondern auch viel über das politische System der DDR und den Alltag. "Meinungsumfragen zum Beispiel gab es in der DDR natürlich nicht. Die Akten taugen deshalb auch als eine Art Allensbach-Ersatz", sagte die Bundesbeauftragte. Weil die Wirklichkeit durch die ideologische Brille der Stasi-Offiziere wahrgenommen wurde, müsse man allerdings immer quellenkritisch mit den Unterlagen umgehen.

Quelle: Der Tagesspiegel


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