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Mützenich dringt auf gemeinsame Linie von Bund und Ländern in Corona-Krise

Archivmeldung vom 22.08.2020

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 22.08.2020 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott
Rolf Mützenich (2017)
Rolf Mützenich (2017)

Bild: SPD Köln

Der SPD-Fraktionschef im Bundestag, Rolf Mützenich, hat auf eine gemeinsame Linie von Bund und Ländern bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie gedrungen und die Union aufgefordert, ihren Widerstand gegen die Verlängerung des Kurzarbeitergeldes aufzugeben.

"Es ist dringend nötig, dass die Bundeskanzlerin sich gemeinsam mit den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten am Donnerstag abstimmt", sagte Mützenich der Düsseldorfer "Rheinischen Post". In den Schulen und Kindergärten gebe es zum Teil sehr unterschiedliche Regeln.

"Man muss auf Besonderheiten vor Ort achten, aber ich bin dafür, dass es bei gleichen Phänomenen zu einer gleichen und abgestimmten Linie mit den Ländern kommt", sagte Mützenich. Die Notwendigkeit, zeitnah über einen Ausfall von Karneval zu entscheiden, sieht er nicht. "Ich finde nicht, dass eine Entscheidung darüber jetzt ansteht", sagte Mützenich. Viel wichtiger sei, dass man weiter gut durch die Krise komme. "Dazu wollen wir beispielsweise das Kurzarbeitergeld als zentrales Instrument verlängern. Ich hoffe, dass CDU und CSU ihren Widerstand im Koalitionsausschuss aufgeben", sagte Mützenich.

Er kritisierte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) für den Umgang mit der Krise. "Es hat mich immer wieder überrascht, dass politische Entscheidungsträger die Pandemie für ihre eigene Reputation genutzt haben", sagte Mützenich. "Ich finde es - nicht nur angesichts des Testdebakels in Bayern - befremdlich, wenn sich Herr Söder in Spiegelsälen die eigene Kanzlerfähigkeit bescheinigt, indem er auf den Umgang mit der Krise verweist." Man brauche in dieser Situation eine Gemeinschaftslösung und keinen Wettbewerb der Eitelkeiten, sagte Mützenich. Darauf hoffe er in der kommenden Woche.

Das vollständige Interview mit Mützenich:

Herr Mützenich, sind Sie froh, dass die Katze der SPD-Kanzlerkandidatur aus dem Sack ist und Sie nicht mehr gehandelt werden? Mützenich Dass Olaf Scholz Kanzlerkandidat wird, haben wir alle zusammen wochenlang vor der Nominierung vorbereitet. Es war der gemeinsame Wille der beiden Parteivorsitzenden, von Olaf Scholz, unserem Generalsekretär und mir. Insofern freue ich mich.

Haben Sie sich nie Gedanken darüber gemacht, ob Sie nicht auch das Zeug zum Kanzler hätten? Mützenich Es liegt auf der Hand, dass unabhängig von meiner Person immer auch der Fraktionsvorsitzende genannt wird, wenn es um die Kanzlerkandidatur einer Partei geht. Durch das gewachsene Vertrauen und in der Verantwortung für die Fraktionsarbeit konnte ich mit dazu beitragen, dass wir aus der Nominierung des Kanzlerkandidaten gestärkt hervorgehen. So sehe ich auch weiterhin meine Rolle.

Als Fraktionschef kennen Sie Ihre Parlamentskollegen von der Linkspartei gut. Können Sie sich vorstellen, mit denen zu regieren? Mützenich Wir wollen für die SPD ein Ergebnis, mit dem wir eine neue Regierung anführen können. Dazu werden wir in den nächsten Wochen mit allen Gliederungen ein Wahlprogramm erarbeiten. Koalitionsfragen stellen sich erst viel später.

Die Linkspartei fordert das Ende aller Auslandseinsätze der Bundeswehr und einen Austritt Deutschlands aus der Nato. Das passt doch mit einem SPD-Programm nie zusammen, oder? Mützenich Ich bin gespannt, wie die Linkspartei sich programmatisch in den nächsten Monaten bis zur Wahl entwickelt. Es war schon interessant, wie offen die Führungsspitze der Linkspartei auf die Kandidatur von Olaf Scholz reagiert hat.

Gilt das auch für die FDP und deren Regierungsfähigkeit in einem möglichen Ampelbündnis mit SPD und Grünen? Mützenich Auch bei der FDP habe ich nach Olaf Scholz' Nominierung interessante Veränderungen wahrgenommen. Ich konzentriere meine Kraft aber jetzt auf die Arbeit im Parlament und darauf, die SPD im nächsten Jahr zu einer starken Kraft zu machen.

Steht Ihre Fraktion denn geeint hinter dem Kanzlerkandidaten? Schließlich war vom linken Flügel der SPD nach der Nominierung scharfe Kritik zu hören. Mützenich Die SPD-Fraktion steht hinter Olaf Scholz. Und gemeinsam mit ihm und den Parteivorsitzenden werden wir erfolgreich sein.

In der kommenden Woche befasst sich der Koalitionsausschuss mit dem Wahlrecht. Ist eine Einigung von Union und SPD noch möglich? Mützenich Die SPD ist einigungsfähig und einigungswillig. Unser eigener Gesetzentwurf liegt seit Langem vor. Wenn dem zugestimmt würde, hätte der nächste Bundestag eine maximale Größe von 690 Abgeordneten. Kein anderes vorliegendes Modell garantiert eine verlässliche Begrenzung. Wir werden diesen Entwurf in die Gespräche des Koalitionsausschusses einbringen.

Die Union hat einen völlig anderen Vorschlag. Ist da ein Kompromiss überhaupt möglich? Mützenich Die Überlegungen beruhen einerseits auf einem einseitigen Vorteil, indem Überhangmandate für CDU und CSU ohne Ausgleich für die anderen Parteien bleiben. Das würde das Zweitstimmenergebnis verzerren. Außerdem sollen durch einen willkürlichen Zuschnitt 19 Wahlkreise wegfallen. Ich glaube nicht, dass das verfassungskonform ist.

Warum nicht? Mützenich Wer zu diesem Zeitpunkt nur einige gezielt ausgewählte Wahlkreise ändern will, verletzt die Chancengleichheit. Es fanden bereits Aufstellungsverfahren statt. Den Zeitverzug hat die Union durch ihren internen Streit zu verantworten.

Das klingt nicht nach Kompromiss, sondern nach Gerangel bis zur Wahl und nach einem XXL-Bundestag in der nächsten Legislaturperiode. Mützenich Wenn alle bereit sind, nach einer fairen, seriösen und nicht parteipolitisch motivierten Lösung zu suchen, dann schaffen wir das auch im Koalitionsausschuss. Gelingt das nicht, können wir uns selbstverständlich auch darauf verständigen, die Abstimmung frei zu geben. Ich bin sicher, dass sich eine Mehrheit für unser Brückenmodell mit einer garantierten Obergrenze und einer Parität findet. Es ist fair und sofort umsetzbar.

In Ihrer Partei gibt es Konkurrenz um den Berliner Wahlkreis Charlottenburg-Wilmersdorf. Auf wen würden Sie sich in der Fraktion mehr freuen: Noch-Staatssekretärin Sawsan Chebli oder Noch-Bürgermeister Michael Müller? Mützenich Ich freue mich auf alle, die ihre fachliche Qualität und politische Erfahrung in eine neue und große SPD-Fraktion einbringen wollen.

Haben Sie Sorge, dass Bund und Länder in der Corona-Krise angesichts steigender Infektionszahlen nicht mehr zu einer Linie finden könnten? Mützenich Es ist dringend nötig, dass die Bundeskanzlerin sich gemeinsam mit den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten am Donnerstag abstimmt. In den Schulen und Kindergärten gibt es zum Teil sehr unterschiedliche Regeln. Man muss auf Besonderheiten vor Ort achten, aber ich bin dafür, dass es bei gleichen Phänomenen zu einer gleichen und abgestimmten Linie mit den Länder kommt.

Nehmen die Menschen das Virus aus Ihrer Sicht nicht mehr ernst? Mützenich Mein Eindruck ist, dass die überwiegende Mehrheit nach wie vor im öffentlichen Nahverkehr, beim Einkaufen oder in Restaurants die Vorsichtsmaßnahmen einhält. Wer sich aber nicht daran hält und beispielsweise trotz Vorschrift keine Masken trägt, sollte die Sanktionen deutlich zu spüren bekommen - er riskiert ja nicht nur seine, sondern die Gesundheit anderer. Es ist unsere gemeinsame Verantwortung, das Virus unter Kontrolle zu halten.

Sind Sie als Kölner dafür, dass der Karneval ausfallen muss? Mützenich Ich finde nicht, dass eine Entscheidung darüber jetzt ansteht. Viel wichtiger ist, dass wir weiter gut durch die Krise kommen. Dazu wollen wir beispielsweise das Kurzarbeitergeld als zentrales Instrument verlängern. Ich hoffe, dass CDU und CSU ihren Widerstand im Koalitionsausschuss aufgeben.

Ärgert es Sie, wie beispielsweise Armin Laschet und Markus Söder in der Vergangenheit mit der Krise umgegangen sind? Mützenich Es hat mich immer wieder überrascht, dass politische Entscheidungsträger die Pandemie für ihre eigene Reputation genutzt haben. Ich finde es - nicht nur angesichts des Testdebakels in Bayern - befremdlich, wenn sich Herr Söder in Spiegelsälen die eigene Kanzlerfähigkeit bescheinigt, indem er auf den Umgang mit der Krise verweist. Wir brauchen in dieser Situation eine Gemeinschaftslösung und keinen Wettbewerb der Eitelkeiten. Darauf hoffe ich in der kommenden Woche.

Ist die Entwicklung in Belarus bedrohlich für den Frieden in Europa? Mützenich Ich bin froh, dass die Europäische Union mit einer Stimme gegenüber Belarus spricht und beispielsweise das Wahlergebnis von Machthaber Lukaschenko nicht anerkennt.

Ist er damit überhaupt noch tauglich als Gesprächspartner für die EU? Mützenich Er ist als Regierungschef untauglich. Lukaschenko zeigt überdies derzeit keinerlei Interesse an Gesprächen mit der EU. Trotzdem sollte dieses Angebot weiter aufrecht gehalten werden, auch von der OSZE. Denkbar ist, in Belarus runde Tische zu organisieren und später Institutionen zu installieren, die den Übergang zu freien Wahlen ermöglichen.

Lukaschenko hat mit der Gefechtsbereitschaft seiner Truppen etwa an der polnischen Grenze gedroht. Wie ernst nehmen Sie das? Mützenich Das bereitet mir große Sorgen, weil solche Ankündigungen selten ohne weitere Schritte bleiben. Lukaschenko steht mit dem Rücken zur Wand und kann sich nicht mehr sicher sein, inwiefern er beispielsweise noch von Wladimir Putin getragen wird. Das könnte sein Interesse an einer Eskalation fördern. Umso mehr sollten wir sehr besonnen darauf reagieren.

Für wie groß halten Sie die Chancen nach dem Parteitag der US-Demokraten, dass Joe Biden die Präsidentschaftswahl gegen Donald Trump gewinnen könnte? Mützenich Er hat Chancen, aber es steht noch ein langer und ich fürchte schmutziger Wahlkampf bevor. Donald Trump wird vor nichts zurückschrecken, um im Amt zu bleiben, und die USA weiter spalten. Er hat Interesse an chaotischen Verhältnissen vor dem Wahltag.

Quelle: Rheinische Post (ots)


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