Breite Kritik an Merz-Vorschlag zu Bürgergeld-Mieten
Timon Dzienus, Obmann der Grünen-Bundestagsfraktion im Ausschuss für Arbeit und Soziales, hat Kanzler Friedrich Merz' (CDU) Vorschlag zur Mietkosten-Deckelung bei Bürgergeldempfängern scharf kritisiert. "Die Vorschläge von Friedrich Merz sind unsozial und falsch, weil sie das Problem überhaupt nicht lösen. Schon heute zahlen viele Familien im Bürgergeld bei ihrer Miete drauf. Die Kosten der Unterkunft noch weiter zusammenzukürzen hieße, dass viele dieser Familien in die Obdachlosigkeit gestürzt würden", sagte Dzienus der "Welt".
Merz' Vorschlag gehe an der Realität des Wohnungsmarkts vorbei, sagte
VdK-Präsidentin Verena Bentele. "Selbst die Sozialgerichte bescheinigen
vielen Jobcentern, dass die gewährten Wohnkosten nicht mehr mit den
tatsächlichen Mietpreisen mithalten." Die Obergrenze dessen, wie viel
Kaltmiete die Jobcenter in einer Stadt wie Berlin für eine vierköpfige
Familie übernehmen, liegt laut VdK bei 713,70 Euro. Zu diesem Preis sei
aber kaum eine Wohnung zu finden. Zu Ende gedacht, würde der Vorschlag
für steigende Obdachlosigkeit sorgen.
Auch Marcel Fratzscher,
Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), sagte,
er halte die Idee für wenig zielführend: "Die Argumente des
Bundeskanzlers verfehlen den Kern des Problems und schaden mehr, als sie
nützen." Eine Vielzahl von Bürgergeldempfänger in günstigere Wohnungen
zu bringen, würde enormen bürokratischen Aufwand verursachen und
kurzfristig mehr und nicht weniger Geld kosten.
Das
arbeitgebernahe Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) äußerte sich
ebenso skeptisch. "Die Vorschläge erscheinen auf den ersten Blick
nachvollziehbar, werden aber nach meiner Einschätzung hinsichtlich der
Belastung der Sozialkassen wenig verändern", sagte IW-Ökonom Ralph
Henger. "Der Hauptgrund hierfür ist, dass die 'Deckelung' der Mietkosten
von den Städten und Gemeinden bereits heute regelmäßig vorgenommen
werden und diese Regelungen nicht einfach auf Bundesebene ändern
lassen." Vielerorts seien die Wohnungsmärkte angespannt, sodass
Leistungsberechtigte dort keinen angemessenen Wohnraum finden könnten
und entsprechend strengere Vorgaben nicht durchsetzbar wären.
Die
Bundesvorständin Sozialpolitik der Diakonie Deutschland, Elke
Ronneberger, forderte: "Die Bundesregierung wird konkret darlegen
müssen, wie sie hier rechtskonform vorgehen will." Weiter sagte sie:
"Wenn die Bundesregierung nicht Wohnungslosigkeit im Großmaßstab
befördern will, muss sie hier gegensteuern. Wenn Wohnen günstiger und
verlässlicher wird, werden auch die Kosten der Unterkunft in der
Grundsicherung wieder sinken."
Quelle: dts Nachrichtenagentur