SPD weist Reiche-Vorschlag zur Lebensarbeitszeit zurück
Die SPD-Fraktion hat Forderungen von Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) nach einer längeren Lebensarbeitszeit scharf zurückgewiesen. "Die Äußerungen zum Renteneintritt sind leider fernab der Lebensrealität der meisten Menschen in Deutschland", sagte SPD-Fraktionsvize Dagmar Schmidt den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.
Schon heute lohne es sich, über das Renteneintrittsalter hinaus zu
arbeiten, für alle, die das wollten. "Die, die es nicht können, gilt es
zu schützen", sagte Schmidt. "Für sie ist jede Verlängerung der
Lebensarbeitszeit eine Rentenkürzung. Das wird es mit der SPD nicht
geben."
Wirtschaftsministerin Reiche hatte es für "unumgänglich"
erklärt, dass die Lebensarbeitszeit in Deutschland steigt, und das damit
begründet, dass Beschäftigte in Deutschland weniger Stunden im Jahr
arbeiten würden als Beschäftigte in anderen Ländern.
"Leider
argumentiert auch Frau Reiche mit irreführenden Zahlen zur
Arbeitsbelastung in Deutschland", sagte Schmidt dazu. Das
gesamtwirtschaftliche Arbeitsvolumen sei seit Mitte der 2000er-Jahre
deutlich angestiegen. "Es arbeiten mehr Menschen, davon insbesondere
viele Frauen, in Teilzeit. Würden sie alle ihre Arbeit kündigen, stiege
das durchschnittliche Arbeitsvolumen", so Schmidt. "Ich bin mir nicht
sicher, ob das alle in der Union so wollen." Knapp die Hälfte der
Beschäftigten arbeite zudem länger als vertraglich vereinbart. Schmidt
sieht darin "Zeichen für Fleiß und Einsatz der Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmer".
Das Argument, dass die Arbeitnehmer länger
arbeiten müssten, weil sie länger leben würden, könne so pauschal nicht
angewendet werden, sagte sie den Funke-Zeitungen. Denn es seien vor
allem Menschen mit höheren Einkommen, die eine höhere Lebenserwartung
haben. "Es träfe hier wieder einmal die Falschen", resümiert Schmidt zu
den Reiche-Einlassungen.
Der Bundesverband Mittelständische
Wirtschaft (BVMW) reagierte unterdessen zurückhaltend auf den Vorstoß
der Bundeswirtschaftsministerin. Zwar habe Reiche recht, "wenn sie sagt,
dass wir im wirtschaftlichen Abstiegskampf wieder einen Gang
hochschalten müssen", sagte BVMW-Bundesgeschäftsführer Christoph Ahlhaus
den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Montagausgaben). Zugleich legte
Ahlhaus einen anderen Fokus, um die Produktivität zu erhöhen:
"Unternehmenssteuern und Sozialversicherungsbeiträge runter - und weg
mit überflüssiger Bürokratie. Das hilft der deutschen Wirtschaft mehr
als ein lähmender Koalitionskrach um die verlängerte Lebensarbeitszeit."
Die Bundesregierung müsse die Unternehmen in die Lage versetzen, dass
diese gezielt in die Produktivität investieren könnten.
Quelle: dts Nachrichtenagentur