Saurer Ozean vor 250 Millionen Jahren
Archivmeldung vom 11.04.2015
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Freigeschaltet durch Manuel SchmidtWas vor 252 Millionen Jahren zum größten Massenaussterben in den Ozeanen führte, hat ein internationales Forscherteam anhand von Meeresbodenablagerungen in Kombination mit Computersimulationen untersucht. In ihrer Studie, die nun im Wissenschaftsmagazin Science veröffentlicht wurde, konnten die Wissenschaftler_innen erstmals beweisen, dass eine Versauerung der Ozeane für das Sterben mitverantwortlich war.
Vor etwa 252 Millionen Jahren kam es zum größten Massenaussterben in der Erdzeitgeschichte, bei dem über 90 Prozent aller Arten im Meer und zwei Drittel der Landlebewesen ausgelöscht wurden. Nach derzeitigem Kenntnisstand gelangten damals, an der Grenze zwischen den Erdzeitaltern Perm und Trias, in kürzester Zeit enorme Mengen an Kohlenstoffdioxid durch Vulkanaktivitäten im Gebiet des heutigen Sibiriens in die Atmosphäre. Einen Teil davon haben die Ozeane aufgenommen, was die gesamte chemische Zusammensetzung des Meerwassers änderte.
Als Ursache für das Sterben in den Ozeanen werden in der Wissenschaft verschiedene Theorien diskutiert. Die meisten Wissenschaftler_innen haben eine Versauerung der Ozeane infolge der erhöhten Aufnahme an Kohlenstoffdioxid unter Verdacht, wobei es hierfür bislang jedoch an direkten Beweisen mangelte. Diese liefert nun ein internationales Team von Forscher_innen in einer neuen Studie, die jetzt im Wissenschaftsmagazin Science veröffentlicht wurde.
Um die Theorie zur Versauerung zu prüfen, rekonstruierten die Forscher_innen den Säuregrad des Meerwassers zur damaligen Zeit. "Es war wirklich eine Herausforderung, die Änderungen im pH-Wert des Meerwassers anhand von Gesteinen zu rekonstruieren, die vor 250 Millionen Jahren am Meeresboden abgelagert wurden“, sagt Professorin Simone Kasemann vom Zentrum für Marine Umweltwissenschaften (MARUM) an der Universität Bremen. Hierfür haben die Forscher_innen die Isotope des Spurenelements Bor gemessen, um aus dem Verhältnis der Isotope Rückschlüsse auf den pH-Wert des Meerwassers ziehen zu können. „Für einen so lang zurückliegenden Zeitraum ist das sehr schwierig und speziell für den Zeitabschnitt vom Perm zur Trias ist das vor uns noch keinem gelungen.“ Die in den Bremer Laboren gewonnenen Daten kombinierten die Wissenschaftler_innen dann an der Universität Exeter mit Computermodellen des Erdsystems.
„Unsere Ergebnisse zeigen, dass die Ozeanversauerung etwa 10.000 Jahre anhielt“, erklärt Dr. Matthew Clarkson, der die Studie im Rahmen seiner Doktorarbeit an der Universität Edinburgh durchgeführt hat. Der gesamte Zeitraum, in dem sich das Massensterben abspielte, dauerte etwa 60.000 Jahre, wobei das Sterben in den Ozeanen in zwei Phasen unterteilt werden kann. Laut den Expert_innen stand damals das gesamte Ökosystem im Meer unter großem Druck: Die Wassertemperatur stieg an und der Sauerstoffgehalt im Wasser nahm ab. Zum Ende der zweiten Phase wurde die Ozeanversauerung dann zu einer der treibenden Kräfte und könnte so dem bereits instabilen Ökosystem sozusagen den Rest gegeben haben. „Dies ist ein beunruhigendes Ergebnis, bedenkt man, dass wir in den heutigen Ozeanen bereits einen Anstieg des pH-Werts messen, verursacht durch die vom Menschen ausgestoßenen Kohlenstoffdioxidmengen“, so Clarkson.
So tragen die Ergebnisse dieser Studie auch zum Verständnis der heutigen Versauerung des Ozeans bei und sind von großem Interesse für die Klimaforschung. Die Ozeane wirken wie ein Puffer und können einen gewissen Teil an Kohlenstoffdioxid aus der Atmosphäre ohne weitreichende Folgen aufnehmen. Wenn jedoch eine so große Menge in so kurzer Zeit freigesetzt wird, ändert dies unweigerlich die Chemie der Ozeane: das gelöste Kohlenstoffdioxid wird teilweise zu Kohlensäure umgewandelt, was den pH-Wert sinken lässt, also das Meerwasser saurer macht. Dies wiederum beeinträchtigt die Bildung von Kalk, den überlebenswichtigen Baustein für Lebewesen wie Muscheln und Korallen.
Die Studie wurde von der Universität Edinburgh koordiniert und in enger Zusammenarbeit mit den Universitäten in Bremen, Exeter, Graz, Leeds und Cambridge durchgeführt.
Quelle: MARUM - Zentrum für Marine Umweltwissenschaften an der Universität Bremen (idw)