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Wie Phytoplankton weltweit verteilt ist

Archivmeldung vom 25.05.2019

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 25.05.2019 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
Meeresplankton weist eine erstaunliche Fülle an Formen und Arten aus.
Quelle: ETH Zürich / Meike Vogt und Jorge Martinez-Rey (idw)
Meeresplankton weist eine erstaunliche Fülle an Formen und Arten aus. Quelle: ETH Zürich / Meike Vogt und Jorge Martinez-Rey (idw)

Erstmals erstellen ETH-Forschende Karten der globalen Verteilung des pflanzlichen Planktons in den Weltmeeren und untersuchten die Umweltfaktoren, welche diese Verteilung erklären. Fazit: Die Planktonvielfalt folgt nur bedingt bisherigen Theorien darüber, wie Biodiversität zwischen dem Äquator und den Polen verteilt ist.

Phytoplankton im Meer ist nicht nur sehr artenreich – weltweit gibt es 10'000 bis 20'000 verschiedene Arten –, es ist auch äusserst wichtig für die Meeresökosysteme und das gesamte Leben auf diesem Planeten. Das pflanzliche Plankton produziert zum Beispiel mehr Sauerstoff als alle Regenwälder zusammen. Ausserdem ist es die Grundlage der Nahrungskette der Meere schlechthin.

Über das geografische und jahreszeitliche Vorkommen der Phytoplanktonvielfalt wusste die Wissenschaft bisher indessen nur wenig. Zwar sind viele Arten bekannt, aber wann sie wo vorkommen, ist weitgehend unerforscht. Dies ist jedoch gerade angesichts des weltweiten Verlusts von Biodiversität eine gravierende Wissenslücke.

Anfang Mai stellte der Weltbiodiversitätsrat in seinem neusten Bericht fest, dass ein Viertel aller auf der Erde lebenden Arten durch menschliche Aktivitäten und den Klimawandel vom Aussterben bedroht sind. Viele wichtige Arten, insbesondere diejenigen der kleinsten Meeresbewohner, dem Plankton, sind jedoch bis heute nicht oder nur unzureichend beschrieben.

Ein Team von Forscherinnen und Forschern der ETH Zürich und der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) haben diese Wissenslücke nun verkleinert. In einer Studie, die vor kurzem in der Fachzeitschrift Science Advances erschien, modellierten sie das räumliche und zeitliche Vorkommen von über 530 Phytoplanktonarten. Als Basis für die Verbreitungskarten dienten rund 700'000 Wasserproben aus allen Weltmeeren.

Artenreiche tropische Meere

Wie sich zeigte, sind die Gewässer der Tropen am artenreichsten, und zwar zu jeder Jahreszeit. Besonders gross ist die Phytoplankton-Diversität in den Meeren des Indonesisch-australischen Archipels, in Teilen des Indischen Ozeans sowie im äquatorialen Pazifik. In den Subtropen, ab dem 30. Breitengrad, nimmt der Artenreichtum des Phytoplanktons stark ab und ist um den 55. Breitengrad minimal. Zu den Polen hin nimmt die Vielfalt wieder leicht zu.

«Uns hat erstaunt, dass bei den Polen monatlich betrachtet eine höhere Vielfalt herrscht als in den mittleren Breitengraden», sagt der Erstautor der Studie, Damiano Righetti. Er ist Doktorand bei ETH-Professor Nicolas Gruber und Senior Scientist Meike Vogt. «Denn normalerweise ist die Temperatur der ausschlaggebende Faktor, der die Verteilung der Arten und den Artenreichtum steuert.»

Zu den Polen hin nimmt die Artenfülle üblicherweise kontinuierlich ab und ist an den Polen am geringsten. Ein solcher Abfall könnte direkt durch die Temperatur angetrieben werden. Gemäss der Metabolischen Theorie beschleunigen höhere Temperaturen den Stoffwechsel, Mutationen des Erbguts und die Artbildung. Deshalb sind die Tropen erwartungsgemäss artenreicher als mittlere Breiten und die Polregionen.

Mittlere Breiten erstaunlich artenarm

Das Phytoplankton «hält» sich also nicht überall an diese Theorie. Offenbar gebe es andere Faktoren als die Temperatur, die auf die Planktonvielfalt einwirken, sagt Righetti. Einer dieser Faktoren dürfte sein, dass es in den mittleren Breiten starke Strömungen und Turbulenzen gibt, in polaren oder tropischen Meeren hingegen weniger. «Die natürlichen saisonalen Schwankungen und Turbulenzen des Ozeans könnten die Entwicklung von Artenvielfalt unterdrücken, obwohl die Temperaturen hier höher liegen als in den Polarmeeren», sagt der Ökologe.

Righetti und Kollegen fanden weiter heraus, dass die Phytoplanktonvielfalt in den mittleren Breiten – im Gegensatz zu den Tropen - jahreszeitlich stark variiert. Die Artenzahl in den mittleren Breiten sei über die Zeit betrachtet zwar konstant, doch wechsle die Artenzusammensetzung im Jahresverlauf. «Da herrscht im Gegensatz zu tropischen Meeren eine grosse zeitliche Dynamik, die noch kaum je untersucht wurde.»

Proben nehmen während Schiffspassagen

Um die Karten der Diversitätsverteilung des Phytoplanktons zu erstellen, entwickelte Righetti zusammen mit ETH-Professor Niklaus Zimmermann und weiteren Kollegen an der WSL ein Computermodell. Dieses fütterten sie mit Beobachtungsdaten und berechneten damit, wann welche Art wo auftritt, und dies mit einer zeitlichen Auflösung von einem Monat.

Die Beobachtungsdaten stammen aus Wasserproben, welche auf Forschungsfahrten und entlang normaler Schifffahrtsrouten gesammelt wurden. Spezialisten bestimmten dann unter dem Mikroskop die in den Proben enthaltenen Arten. Dadurch entstand im Lauf der Zeit eine riesige Sammlung von Beobachtungsdaten von mehreren Tausend Arten.

Allerdings ist die Sammeltätigkeit nicht gleichmässig über die Weltmeere verteilt, und sie deckt in vielen Regionen auch nicht alle Jahreszeiten ab. Der Nordatlantik ist dank der Initiative britischer Forschenden sehr gut abgedeckt, weite Teile der übrigen Ozeane hingegen nur sehr schwach. Diese Verzerrung glichen die ETH-Forschenden in ihren Modellen rechnerisch aus.

Die Bedeutung dieser Verbreitungskarten liegt nicht nur darin, dass sie die ersten sind, die das Phytoplankton abdecken. Mit den Modellen lassen sich auch Voraussagen treffen, wie sich die Diversität des pflanzlichen Planktons unter veränderten Klimabedingungen entwickeln könnte. Im Zuge des Klimawandels könnte sich aufgrund wärmerer Wassertemperaturen die Verteilung der Meereslebewesen verändern. «Das könnte sich gravierend auf die gesamte marine Nahrungskette auswirken», sagt Righetti.

Quelle: Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETH Zürich) (idw)

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